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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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vielen war. Wir nahmen seinen Leichnam mit uns und begruben ihn unter den weit ausladenden Ästen eines gewaltigen Affenbrotbaums in der Nähe unseres Lagers. Ich schrieb Merit einen weiteren Brief und berichtete auch von diesem schrecklichen Erlebnis und dem Ende meines treuen Senu.
    Wir verließen Äthiopien und zogen wieder nach Norden, dem Flusslauf des Atbara folgend, bis zu der Stelle, wo er südlich der fünften Stromschnelle in den Nil mündet und Amenophis das elende Kusch besiegt hatte. Ein großer Teil unseres Heeres war dort zurückgeblieben, und alles Gold, das unsere Soldaten den Nubiern abnahmen, wurde hier gesammelt und bewacht. Wir blieben noch vier Tage an der Mündung des Atbara, bis alle unsere Einheiten zurückgekehrt waren. Nimuria ließ die Vorräte auffüllen, die Streitwagen überprüfen und in Stand setzen, wenn es nötig war. Die Schreiber erfassten allesGold, das eintraf, verteilten es unter Amenis und meinen wachsamen Blicken in Ledertaschen und versahen jede mit einer Zahl. Auf unserer Rückreise war jeder Offizier für zwanzig dieser Taschen verantwortlich und musste sie Abend für Abend bei Pharaos Schreiber, der wiederum meiner persönlichen Aufsicht unterstellt wurde, abgeben. Auf einer langen Schriftrolle bestätigte der Schreiber die Übergabe jeder einzelnen Tasche. Zuletzt zählte ich die Taschen und verglich das Ergebnis mit der Liste. Dann erstattete ich Pharao Meldung, dass nichts fehlte. Nicht anders geschah es mit den mehr als dreitausend Gefangenen. Auch sie wurden jeden Abend gezählt, und wenn einer unterwegs verstarb oder wegen einer Krankheit oder aus Schwäche zurückbleiben musste, hatte der verantwortliche Offizier dies genau zu melden, und zwei einfache Soldaten mussten diesen Bericht bestätigen. Nur so konnte verhindert werden, dass die in Freiheit verbliebenen Nubier Gefangene heimlich freikaufen konnten.
    Wegen all dieser Vorsichtsmaßnamen kamen wir nur sehr langsam vorwärts. Manchmal entließ Ameni für einige Stunden seinen Wagenlenker und holte mich auf seinen Streitwagen. Dann führten wir endlose Gespräche über unsere Familien, seine Baupläne, über unsere gemeinsame Kindheit und die Zukunft. Amenophis genoss es, weit weg zu sein von den strengen Augen der Priester und der Großen des Reiches.
    «Ich weiß, wie sie über mich denken. Sie meinen, ich sei einem Größenwahn verfallen. Der Tempel in Ipet-sut, mein Tempel der Millionen Jahre, mein Palast. Ein gehorsamer König, ein treuer Sohn seines Vaters Amun.»
    Die Außenseiten seiner mandelförmigen Augen zogen sich noch weiter als sonst nach oben, und seine wulstige Oberlippe wirkte starr, als er mich ansah.
    Dann fuhr er fort: «Erinnerst du dich noch daran, als ich in Men-nefer den kleinen Amuntempel einreißen ließ, der meineGeschwister unter sich begrub? Auch die Priester Amuns wissen das und sind seitdem misstrauisch gegen mich.»
    «Aber rühmst du dich nicht bei jeder Gelegenheit, der Sohn Amuns zu sein, und tust du nicht alles, damit Amun noch mehr verherrlicht wird als bisher?»
    «Auf der einen Seite hast du Recht, Eje. Aber hast du nicht bemerkt, dass sich mehr und mehr ein Kult der Sonnengottheiten Platz verschafft? Amun wandelte sich schon zu Amun-Re, und die Verehrung des Aton nimmt zu. Aber die obersten Priester des Amun werden keine Gelegenheit bekommen, sich zu beklagen, selbst wenn andere Gottheiten zu größerem Ansehen gelangen. Ich werde ihre Tempel vergrößern und sie reich beschenken. Dennoch wird die unerträgliche Macht dieser Amunpriester, die sich für die wahren Herrscher Ägyptens halten, irgendwann ein Ende haben.»
    Den Anfang machte Amenophis mit dem Schatz, den er nach Waset brachte, einem Schatz, wie ihn vorher noch niemand gesehen hatte. Zusammen mit dem, was Pharao bereits besaß, übertraf dieser Reichtum alles, was Amun jemals sein Eigen nennen konnte.

ELF
    Große Trauer herrscht unter den Göttern,
    denn sie können den Weg nicht erfassen,
    den du nahmst, du junges Kind,
    dessen Zeit noch nicht war.
     
    A uf unserem Rückweg bereitete man Pharao in jeder Stadt, in jedem Dorf einen feierlichen Empfang. Nimuria genoss es sehr, als der Bezwinger des elenden Kusch gefeiert und bejubelt zu werden. In Kerma, Semna und anderen Städten errichteten die Bürgermeister auf Geheiß Pharaos Denkmäler. Darauf hieß es:
    «Es lebe der Horus Starker Stier, in Wahrheit erschienen, der die Gesetze fest sein lässt und die Beiden Länder beruhigt, groß an Kraft, der die

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