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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Woche vergingen, ehe wir die Insel Abu erreichten, wo wir uns sechs Wochen aufhielten. Gleich nach unserer Ankunft entsandte Nimuria mehrere Expeditionen in die östlich gelegene Wüste, um aus den dortigen Minen Amethyst und Karneol und aus der Nähe des östlichen Meeres Smaragde in großer Zahl bringen zu lassen. Beginnend im Süden, östlich der ersten Stromschnelle, bis hinauf nach Achmim lagen in der Ostwüste die meisten der ägyptischen Goldminen, genau fünfundsechzig an der Zahl.
    Noch heute wird dort das goldhaltige Quarzgestein in schweren Kupferkesseln bis auf Erbsengröße zerstoßen und anschließend in Mühlen zu Quarzmehl gemahlen. Das Quarzmehl wird dann gewaschen, wodurch man reinen Goldstaub erhält. Die Soldaten Nimurias suchten auch viele der südlichen Minen auf und vergrößerten so den aus Nubien mitgebrachten Goldschatz beträchtlich.
    Nur Lapislazuli, der blaue Lieblingsstein Pharaos, musste aus Badachschan, einem geheimnisvollen Land weit, weit im Osten, zu uns gebracht werden. Der Preis dafür war so hoch, dass nur Pharao selbst ihn bezahlen konnte.
    Wir verbrachten bereits die vierte Woche in Abu, als unter dem Kommando meines Vaters die königliche Flotte eintraf. Noch nie hatte ich mich auf ein Wiedersehen mit meinem Vater so sehr gefreut. Ameni und ich hielten uns gerade in dem bescheidenen Audienzsaal der kleinen Burg von Abu auf, als die Wache die Ankunft des Gottesvaters Juja meldete. In großen Schritten und mit weit ausgebreiteten Armen eilte Vater vor Pharao, besann sich aber nach wenigen Ellen, wen er vor sich hatte, und fiel zu Boden. Ameni und ich sahen uns staunend an, hatten wir meinen Vater noch nie in so ungehemmter Freude gesehen. Da erhob er sich auch schon wieder, ging die letzten Schritte auf Ameni zu, breitete erneut die Arme aus, umfasste die Schultern meines Freundes und drückte ihn fest an sich.
    «Majestät, ich bin so glücklich, dass Ihr gesund und unverletzt wieder zurückgekehrt seid», wiederholte er drei Mal und gab Ameni keine Möglichkeit, der Umklammerung zu entkommen.
    Dann wandte er sich mir zu und sagte nur: «Eje, mein Sohn!»
    Mehr brachte er nicht heraus. Träne für Träne rollten über meines Vaters faltige Wangen, so freute er sich über unser Wiedersehen.
    Am Abend feierten wir ein fröhliches Fest, zu dem außer Ameni und mir nur Vater und Merimes erschienen. Wir interessierten uns weder für die Tänzerinnen noch für die Musik, so viel hatten wir uns zu erzählen. Wir aßen und tranken reichlich, und als Ameni mit seinem Bericht geendet hatte, wurde es still im Raum. Dann sah Merimes meinen Vater an und sagte: «Ja, Gottesvater Juja, Ihr könnt wahrhaft stolz sein auf Eure beiden Zöglinge!»
    Ameni ließ es sich gefallen, wusste er doch, dass man meinem Vater an diesem Abend keine größere Anerkennung hätte aussprechen können.
    Als die letzte Karawane vom östlichen Meer zurückgekehrt und der neu gewonnene Reichtum sorgsam aufgeschrieben und verpackt war, wurden die Schiffe beladen. Amenophis verteilte seinen Schatz gleichmäßig auf alle Barken, damit der Verlust nicht zu groß war, wenn wirklich eines der Schiffe sinken sollte. Die Gefangenen und die verbliebenen Fußtruppen wurden auf Lastkähnen untergebracht, nur die Streitwagentruppe eilte uns auf dem Landweg nach Waset voraus.
    Der Verlauf des Flusses, alle Untiefen und Gefahren waren den Kommandeuren der Schiffe bestens vertraut, und so fuhren wir auch bei Nacht im Schein von Fackeln flussabwärts.
    Nach sechs Monaten kehrte Pharao Amenophis im größten Triumph nach Waset zurück, und niemand zweifelte daran, dass er der mächtigste Herrscher der Erde war.
     
    Schon seit Tagen verbannte ich alles aus meinem Kopf, was ich in Nubien und Äthiopien erlebt hatte, die schrecklichen Abenteuer ebenso wie all das Schöne und Erhabene, das ich sah. Ich hatte kein Auge mehr für die Landschaft, die wir durchquerten, nicht für ihre Menschen, die Tempel und Paläste. Ich dachte nur noch an Merit. Ich sah sie vor mir, sah ihre Augen, den Mund. Ich spürte die zarte Haut ihrer Hände und glaubte, den Duft, der sie stets umgab, um mich herum wahrzunehmen. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass die Sehnsucht nach ihr so groß sein würde, dass alles andere um mich herum bedeutungslos werden konnte. Damals, als mich die Tänzerin Inena nach wenigen gemeinsamen Nächten verlassen hatte, litt ich schreckliche Qualen über den Verlust dieser schönen Frau. Aber die Sehnsucht nach Merit

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