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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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war etwas völlig anderes, denn sie war zum Mittelpunkt meines Lebens geworden, und ich wusste, dass sie für immer zu mir gehörte. Sie allein.
     
    «Werden wir jetzt etwas mehr Zeit für uns haben?», fragte mich Merit, nachdem sie ihren Becher abgesetzt hatte. Wir saßen alleine auf der Terrasse unseres Hauses und hatten das Abendessen gerade beendet. Merit war schöner denn je. Ihre großen dunklen Augen sahen mich erwartungsvoll an.
    «Ja, meine Liebe. Ich verspreche es dir. Amenophis wird in den nächsten Wochen und Monaten ausschließlich mit den Bauvorhaben in Waset beschäftigt sein. Er wird sich mehr mit seinem Baumeister, dem Schatzmeister und dem Wesir beraten als mit mir. Solange ich meinen Verpflichtungen nachkomme und die Verwaltung keine Schwierigkeiten bereitet, werde ich etwas Ruhe haben.»
    «Erzähle mir von Nubien!»
    Ich war etwas verwirrt, denn ich wusste nicht so recht, wo ich anfangen sollte.
    Während ich noch überlegte, setzte Merit nach: «Erzählemir von den Menschen. Wie sie leben, welche Götter sie verehren, was sie essen!»
    «Die Gottheiten außerhalb unserer Länder sind nur schwer zu beschreiben und zu erklären. Die Nubier sind in viele kleine und selbständige Stämme unterteilt, die alle ihre eigenen Gottheiten verehren, die kaum einen Bezug zueinander haben und die nicht miteinander vergleichbar sind. Ähnlich verhielt es sich vor uralten Zeiten auch bei uns. Die einzelnen Götter hatten ihre Heimat in den großen Städten oder in einem bestimmten Gau. So wurde Ptah ausschließlich in Men-nefer verehrt, Min in Achmim, Amun in Waset und Re in On, und dort stehen ihre Haupttempel. Gleichwohl wird Ptah heute in Waset ebenso als Gott anerkannt, wie Amun in Men-nefer oder in Achmim, weil sich unser Denken nicht mehr nur auf die Stadt beschränkt, die wir bewohnen. Die Nubier haben auch eine andere Gottesvorstellung als wir. So kennen sie keine Götter mit menschenähnlichen Zügen. Sie verehren zum einen Ahnengeister mit von Stamm zu Stamm unterschiedlichen Formen der Verehrung und haben eine recht ungenaue Vorstellung von einem fernen, höchsten Gott, der aber ohne feste Regeln und Bräuche angebetet wird.»
    Merit war sehr nachdenklich. Schließlich sagte sie:
    «Haben unsere Völker nicht sogar ähnliche oder sogar gleiche Götter? Wir verehren in Baal ebenso den Gott des Donners und der Gewalt, wie ihr in Seth. Wir haben ebenso einen Sonnengott, einen Gott des Wassers und der Erde.»
    «Ja, sie heißen eben nur anders. Nur in der Art der Verehrung unterscheiden wir uns. Das ist vermutlich der einzige bedeutende Unterschied.»
    Ich erzählte Merit an diesem Abend noch viel von dem, was ich in Nubien und Äthiopien erlebt hatte. Anfangs zögerte ich noch, ihr auch von unserem Kampf und dem schrecklichen Ende Majs zu berichten. Doch Merit bestand darauf, alle Einzelheitenzu erfahren, und der Wein, den ich trank, machte mich auch gesprächig.
    Ich dachte noch lange an diesen Abend und an unser Gespräch über unsere Götter und die der Nubier. Ich spürte eine innere Unzufriedenheit darüber, wie wenig ich im Grunde von unserer Religion wusste. Bisher genügte es stets, an den Festen teilzunehmen und zur rechten Zeit die richtigen Handlungen zu verrichten. Noch nie wurde mir so bewusst, dass sich unsere Frömmigkeit letztendlich in Äußerlichkeiten erschöpfte. Seit diesem Abend ließ mich das nicht mehr los, bis heute nicht.
     
    So gut es nur irgend ging, hielt ich mein Versprechen, mir mehr Zeit für Merit und mich zu nehmen. Ich zeigte mich etwas weniger im Palast und versuchte, Vieles von zu Hause aus zu erledigen.
    Nimuria trieb die Baumaßnahmen mit aller Macht und mit allen Mitteln voran. Amenophis, Sohn des Hapu, erhielt unter dem Eindruck des Nubienfeldzuges zusätzlich den Auftrag, auch südlich der dritten Stromschnelle, bei Soleb und Sedenga, zwei Tempel zu errichten. Der Tempel bei Soleb war anfangs ein eher bescheidenes Heiligtum mit einer Umfassungsmauer und einem langen Aufweg vom Fluss her. Erst im Laufe der langen Regierungszeit Nimurias entstand dort eine gewaltige Tempelanlage mit Tortürmen, Obelisken und einer Sphingenallee. Etwas nördlich errichtete Amenophis bei Sedenga ein Heiligtum zur Vergöttlichung Tejes. Seine Große königliche Gemahlin wurde hier mit Hathor und Isis verschmolzen, und dieser Tempel war der beeindruckendste Beweis, wie sehr Nimuria Teje verehrte und liebte.
    Der Schrein für die Barke des Amun-Re neben dem vierten Torturm in

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