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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Südens. Dazwischen pflanzte Sessu, der Obergärtner Nimurias, Duftkräuter. Sie waren jedoch nicht untereinander vermischt, sondern jeweils eine Art bedeckte großflächig ein Beet, sodass von Figur zu Figur der Duft der Pflanzen wechselte. Hinter den Figuren Pharaos wuchs gleichsam als natürliche Wand eine Blütenpracht empor, wie ich sie nur aus Babylon kannte. Unmerklich, für das menschliche Auge nicht feststellbar, wurde der Weg zum Palast hin immer schmaler, sodass er noch länger wirkte, als die vierhundert Ellen, die er wirklich maß.
    Der Weg endete vor einem gewaltigen Tor, dessen beide Flügel mit reinstem Gold belegt waren. In der Mitte des linken Flügels prangte in reinstem Lapislazuli der Thronname Pharaos, Neb-maat-Re, und im rechten Türflügel sein Geburtsname Amenophis. Rechts und links des Tores ragtenzwei Statuen Pharaos aus rotem Quarzit sechzehn Ellen in die Höhe. Der König trug die Doppelkrone und den Zeremonialbart, die Arme waren vor der Brust gekreuzt, und in seinen Händen hielt er Krummstab und Geißel. Hatte man das goldene Tor durchschritten, gelangte man in einen Hof von unvorstellbaren Ausmaßen. Er war vierhundert Ellen breit und ebenso lang. An seiner linken Seite führte ein weiteres goldenes Tor nach Norden zu den Audienzräumen Pharaos. Rechts im Süden schlossen sich die Paläste einiger Fürsten an. Dort residierten Amenophis, Sohn des Hapu, der Schöpfer all dieser Pracht, Meriptah, der Verwalter des königlichen Totentempels und Nefersecheru, der Verwalter des neuen Palastes. Auch der Siegelträger Seiner Majestät, der Wedelträger zur Rechten, sowie Cheruef und Acha zogen hierher um.
    Im Westen des Hofes, dem goldenen Tor gegenüber, lag der eigentliche Palast Nimurias. Im Thronsaal ragten sechzehn Säulen empor, und sein Fußboden war vollständig bemalt. Auf ihm waren ganze Reihen von gefesselten Gefangenen dargestellt, sodass jeder, der vor Seine Majestät trat, dessen Feinde mit Füßen trat. Am Ende stand auf einem Podest der Thron Nimurias. Die Wände waren vollständig bemalt, und jedes Feld zeigte eine unserer Gottheiten. Hinter dem Thron Nimurias prangte ein mächtiges Abbild Amuns. Es schloss sich ein kleinerer Versammlungsraum an, welcher ähnlich ausgestaltet war wie der Thronsaal, und zwischen vier Säulen stand auch hier ein Thron. Dahinter, in nördlicher Richtung, lag das Haus der Bücher. Dorthin ließ Amenophis all die Schriftrollen bringen, die er im Laufe der letzten Jahre gesammelt hatte. Jeder, der ihm eine Freude bereiten wollte, schenkte ihm ein Schriftstück, und sie kamen aus den entlegensten Winkeln des Landes oder stammten von fremden Völkern. Am meisten schätzte Ameni Bücher mit Abhandlungen über Gärten oder ganz allgemein über Pflanzen jeglicher Art. Immerwieder überraschte er uns mit dem Wissen über Blumen, Bäume und Sträucher, von welchen die meisten von uns noch nie etwas gehört hatten.
    Hinter dem Audienzsaal lagen die privaten Gemächer Nimurias. Von seinem Arbeitszimmer aus gelangte man zuerst in einen kleinen Vorraum, in welchem sich Tag und Nacht Wachen der Leibgarde aufhielten, und von dort über das Bade- und Ankleidezimmer des Königs in das Schlafzimmer. An seiner Decke prangten fünf Abbildungen der Geiergöttin Nechbet, die mit weit ausgebreiteten Schwingen, und eingerahmt von den Namenszügen Nimurias, den unter ihr schlafenden Herrscher beschützte. Die Mauern dieser Räume waren zum Schutze Pharaos doppelt so dick wie die übrigen Innenmauern des Palastes. Alle Palasträume waren in lebhaften Farben ausgemalt, und überall sah man Pflanzen und Tiere, Götter und Amulette. Der Hauptflügel, den Amenophis oft sein «Haus der Freude» nannte, beherbergte auch die Palastgebäude der Großen königlichen Gemahlin, der Prinzen Thutmosis und Amenophis und der kleinen Prinzessin Sitamun. Den größten Bereich stellte freilich der Palast meiner Schwester Teje dar, mit eigenen Verwaltungsgebäuden, Werkstätten und Lagerhäusern.
    Zwischen all diesen prächtigen, in sich geschlossenen Palästen breitete sich der schönste aller ägyptischen Gärten aus. Jeder, der ihn sah, wähnte sich dort in den Gefilden des Schönen Westens und musste glauben, den Göttern nahe zu sein.
    Hunderte von Arbeitern wurden dem Obergärtner Sessu zur Seite gestellt, damit dieser schon möglichst groß gewachsene Bäume und Sträucher einpflanzen konnte. Monatelang verbrachte Sessu über Plänen, die er bis hin zu einzelnen Pflanzen nach deren

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