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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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ruderte.»
    Als in der Folge auch mehr und mehr Steinfiguren aufgestellt wurden, die Teje in fast gleicher Größe wie Amenophis zeigten, wusste jeder Ägypter, der offene Augen und ein wenig Verstand besaß, dass Teje im Begriff war, mehr zu erreichen, als die Große königliche Gemahlin Nimurias zu sein.

DREIZEHN
    Wenn du im Himmelshorizont aufgehst,
    so leuchtet es golden in dein Gesicht,
    denn sein Antlitz ist gerichtet gegen Osten,
    wo du aufgehst.
     
    U nser Land erlebte unter der Herrschaft Nimurias eine Zeit des Friedens und des Wohlstandes. Aus Nubien und aus den Wüstengebieten im Südosten Ägyptens kamen reiche Lieferungen an Gold und Edelsteinen, kostbare Hölzer und Elfenbein ohne Zahl. Aber auch wilde Tiere aller Art gelangten nach Waset und Men-nefer: Leoparden, Affen, Gazellen und seltene Vögel. Die Tiergärten Pharaos waren weit über unser Land hinaus bekannt, und keiner der fremden Besucher ließ sich die Gelegenheit entgehen, die seltenen Tiere zu bestaunen. Das geheimnisvolle ferne Punt lieferte feinsten Weihrauch, so wohlriechend, wie es ihn nirgendwo anders gab. Tag für Tag wurde er neben Brot, Obst und Fleisch geradezu verschwenderisch unseren Göttern geopfert.
    Von den Fürsten von Knossos, die auf einer fernen Insel im Nordwesten herrschten, kamen ganze Schiffsladungen mit Gefäßen aus Ton, Steatit und Metall, mit duftenden Ölen, Wein, Dolchen und langen Schwertern mit prächtigen Griffen. Ihre Schiffe landeten an der Flussmündung im Norden und wurden unter schwerer Bewachung unserer Soldatennach Men-nefer begleitet. Von dort gelangte ihre Ladung in jede Stadt und in jeden Palast Ägyptens. Die fremdartigen, spiralförmigen Verzierungen der Tonwaren fanden bei uns so großen Gefallen, dass sie immer häufiger beim Ausmalen unserer Häuser als Vorbild dienten. Ihre Abgesandten und Händler waren schlanke, groß gewachsene Männer mit langen schwarzgelockten Haaren, und sie trugen ungewöhnlich viel Schmuck, wie bei uns nur die Frauen. Sie berichteten von uns fremden Bräuchen wie dem Stierspringen: Jünglinge und auch Mädchen warteten den heranstürmenden Stier ab, griffen nach seinen Hörnern und ließen sich, wenn er den Kopf nach oben warf, über seinen Rücken hinweg zu Boden schleudern. Sie erzählten von ihrer großen Erdgöttin, die über allen Göttern der Insel stand, und von ihren farbenfrohen ausgedehnten Palastanlagen in Knossos, Phaistos und Mallia. Eines Tages kehrten ihre Schiffe nicht mehr wieder, und später haben uns Seefahrer aus dem fernen Mykene berichtet, dass ein fürchterliches Beben den Palast von Knossos und alle Häuser der Stadt dem Erdboden gleichgemacht hatte.
    Aus Libyen erhielten wir Edelsteine aller Art, aus dem Libanon Holz, aus den asiatischen Ländern Kupfer und Türkis und aus Babylon Pferde und feinste Stoffe. Alle Fürsten der Erde schickten ihre Söhne an den Nil, um sie bei uns erziehen und ausbilden zu lassen, und ihre Töchter wurden mit den Söhnen unserer Reichen und Mächtigen vermählt.
    Pharaos Palast am Westufer des Nils wuchs von Tag zu Tag. Unvorstellbare Mengen an Ziegeln wurden verbaut, und alle trugen das Siegel Nimurias und Tejes. Vom Fluss führte ein breiter Kanal westwärts. Er war tausend Ellen lang und sechzig Ellen breit, und rechts und links stand Palme an Palme, um den königlichen Barken Schatten zu spenden. Dazwischen ließ Pharao Sphingen aus fast schwarzem Granit aufstellen, und jede von ihnen trug sein Antlitz. Der Kanal mündetein ein Hafenbecken, das mehr als dreitausend Ellen breit war, und in welchem die gesamte königliche Flotte anlegen konnte.
    Auch der Hafen wurde von Palmen und Sykomoren umgeben, und nur nach Westen, auf den Palast zu, blieb eine Schneise frei und bildete den Zuweg zum Palast der leuchtenden Sonne. Er war mit schwarzen Basaltplatten belegt, und zu beiden Seiten des Weges zogen sich zwei endlose Wasserbecken. Ihre Fliesen waren in Dunkelblau, der Lieblingsfarbe Nimurias, gebrannt. Aus dem Wasserbecken nördlich des Weges ragten unzählbare Papyrusstauden, die Wappenpflanzen Unterägyptens. Im südlichen Wasserbecken schwammen Lotosblüten, die Urwesen alles Seins, die unmittelbar mit dem Sonnengott verbunden sind, schließen sie doch nachts ihre Blüten, um neues Leben verheißend morgens wieder aufzutauchen. Hinter den Wasserbecken ruhten in Abständen von nur dreißig Ellen Steinfiguren Nimurias. Die Figuren im Norden trugen die rote Krone Unterägyptens, die anderen die weiße Krone des

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