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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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erneut erschallten Pauken und Fanfaren, und ehe wir an Deck unseres Schiffes standen, waren die Zelte niedergelegt, und alle bestiegen nach und nach die Schiffe. Zuletzt wurden die Segel gehisst, an Land nahmen die Sklaven die Seile auf, die Zugtiere wurden angetrieben, und die Reise nahm ihren Fortgang.
    Ameni und ich verbrachten den Vormittag ausschließlich damit, unser Schiff auf das Genaueste zu erforschen. Es trug den Namen «Cha-em-Maat», «In Wahrheit erschienen».
    Der Kommandant sowohl unseres Schiffes als auch der ganzen Flotte war ein dreißigjähriger Ägypter aus Sedment namens Nebenkemet. Mit Spitznamen hieß er Meru. Schon Merus Vater war Kommandant eines königlichen Schiffes gewesen.
    Während sich Ameni mehr für die Ausstattung des Schiffes, seine Gestaltung und Verarbeitung interessierte, spürte meine Neugier den genauen Abmessungen, der Geschwindigkeit und der Tragfähigkeit nach. So erfuhr ich, dass Schiffe von mehr als sechzig Ellen Länge wenig Sinn machen. Sie sind zu schwer, um nur unter Segeln oder mit Ruderkraft fortbewegt zu werden. Meru hoffte ohnehin, dass baldmöglichst etwas Wind aufkommen würde, um die Schiffe nicht mehr ziehen lassen zu müssen. Auf unserem Schiff war Platz für insgesamt vierundzwanzig Ruderer, zwölf auf jeder Seite.
    «Warum werden sie nicht eingesetzt?», wollte ich wissen. «Wir könnten doch viel früher in Waset sein!»
    «Das ist nicht ganz richtig, Eje», belehrte mich Meru. «Es ist nicht möglich, das Schiff den ganzen Tag von den gleichen Männern rudern zu lassen. Also bräuchten wir zwei oder drei komplette Mannschaften. Das würde das Schiff aber gleich viel schwerer machen. Es ginge noch, wenn nur zwei oder drei Schiffe unterwegs wären. Unsere Flotte besteht aus Schiffen ganz unterschiedlicher Bauart, und einige können gar nicht gerudert werden. Also bleiben wir alle zusammen und segeln oder lassen uns ziehen.»
    Nach einer kurzen Pause erhellten sich Merus Züge, und er fügte hinzu: «Ihr werdet den Einsatz der Ruderer noch früh genug erleben. Wenn wir in die Häfen größerer Städte wie Achmim oder Waset einfahren, dann wollen wir den Menschen dort natürlich zeigen, was wir können! Dann gehen alle an die Ruder, und wir laufen unter vollen Segeln ein!»
    «Wie alt ist dieses Schiff, Meru?», fragte Amenophis und zog dabei die Stirn in Falten, als würde er an der Fahrtauglichkeit des Schiffes zweifeln.
    «Keine fünf Jahre, Majestät. Euer Vater, der Osiris Thutmosis ließ es bauen. Wieso fragt Ihr danach?»
    Meru war offensichtlich verunsichert. «Das Schiff wurde erst vor wenigen Tagen neu gestrichen, erhielt neue Taue und Segel!»
    «Meru, ich habe keine Zweifel, dass das Schiff einsatzfähig ist, aber einige Dinge sind verbesserungswürdig. Ich werde dir das bei passender Gelegenheit erklären. Wenn wir nach unserer Reise wieder in Men-nefer sind, meldest du dich bei mir und bringst den obersten Schiffbaumeister gleich mit!»
    Meru bekam große Augen, weil er wusste, was diese Anmerkung bedeutete: ein neues Schiff!
    Natürlich musste Meru nicht warten, bis wir Men-nefer erreicht hatten. Der oberste Schiffbaumeister Chati befand sich auf einem anderen Schiff, und bald saß er mit Amenophis und dem Kommandanten Meru stundenlang unter dem Baldachin. Gemeinsam entwarfen sie ein neues Königsschiff. Im Vergleich damit war das Schiff, auf welchem wir jetzt fuhren, ein bescheidener Pilgerkahn!
     
    Mich interessierte das alles nicht sonderlich, daher verbrachte ich die Zeit auf dem Heck unter dem Baldachin und beobachtete meist zusammen mit meinem Vater die Landschaft und ihre Menschen. Es war Erntezeit, überall auf den Feldern arbeiteten Bauern, die Ähren schnitten und zusammentrugen, auf Ochsenkarren luden und in ihre Dörfer oder einzelne Gehöfte brachten.
    Am Rande der Dörfer arbeiteten Frauen in den Gärten. Dort hackte man, erntete ebenfalls, reinigte die Bewässerungsgräben oder besserte die Schöpfräder aus. Da und dort zogen Hirten mit Schaf- oder Ziegenherden das Flussufer entlang. Ab und zu fuhren kleinere Schiffe von Fischern, Händlern oder Pilgern an uns vorüber. Sobald sie der königlichen Flotte gewahr wurden, winkten und riefen uns die Besatzungen zu, und wenn sie an unserem Schiff vorbeifuhren, kauertenalle nieder, um ihrem toten wie dem zukünftigen Herrscher Ehrfurcht und Ehre zu erweisen.
    Dann erreichten wir wieder Gebiete, die kaum besiedelt waren und deren Ufer dichte Schilfgürtel säumten. Dort schwammen

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