Im Land des Falkengottes. Amenophis
aufgestellt, da legten die letzten Schiffe, so auch unseres, erst an.
Die Barken mit den Toten und den Grabbeigaben machten nicht direkt am Ufer fest, sondern wurden in zweiter und dritter Reihe hinter Schiffen, die mit Soldaten besetzt waren, vertäut.
Während Ameni durch den fettleibigen Nubier Maja seiner Körperhaare entledigt wurde – der Bart, soweit man bei seinem jugendlichen Flaum überhaupt davon reden konnte, wurde wegen der Trauer nicht angetastet –, und während ich mich gerade anzog, erschien mein Vater im Raum.
«Verzeiht, Majestät, wenn ich ungelegen komme», begann mein Vater, und Ameni, der meinen Vater erst jetzt bemerkt hatte, erschrak so sehr, dass Maja am königlichen Unterleib mit dem Rasiermesser beinahe ein Unglück angerichtet hätte. Vater und mir blieb beinahe das Herz stehen, und Maja meinte, die Situation durch ein Späßchen retten zu müssen. «Von Beschneidung Seiner Majestät war aber heute nicht die Rede», quiekte er und bekam im selben Moment einen hochroten Kopf, weil er wusste, dass seine Bemerkung mehr als unangemessen, ja unverschämt war. Entsprechend entsetzt sah mein Vater drein. Ameni überspielte das alles, band sich einen Schurz um, schickte Maja mit einem Handzeichen aus dem Raum und wandte sich uns zu.
«Bei meinem Vater wäre er jetzt schon das Frühstück der Krokodile. Das soll er sich nicht noch einmal erlauben. In Waset will ich einen neuen Pfleger haben. Bis dahin rührt mich niemand mehr an. Ihn könnt ihr in den Harem meiner Mutter schicken. Dort kann er künftig Perücken kämmen!»
«Sehr wohl, Majestät, es wird so geschehen, wie Ihr befehlt.» Mein Vater verneigte sich und war im Begriff wieder zu gehen, als ihn Ameni erneut ansprach.
«Ich vermute, Euer Erscheinen diente nicht nur dazu, mir zu sagen, dass es Eurer Meinung nach ungelegen sei, wie sich ja bestätigte. Was wolltet Ihr von mir?», fragte er jetzt mitfreundlichem Gesicht. Mein Vater war über diesen Stimmungswechsel sichtlich erleichtert.
«Das königliche Zelt ist aufgestellt, das Morgenmahl vorbereitet und der Hofstaat versammelt, um Eure Majestät zu empfangen. Es ist Brauch, dass der Ortsvorsteher vor Seiner Majestät erscheinen darf. Zweifelsfrei wäre es eine großzügige Geste, wenn Ihr ihm gestattet, um eine Gunst Seiner Majestät bitten zu dürfen.»
«Ich habe verstanden, Juja. Und welche Gunst sollte ich ihm erweisen?»
«Ich denke, zwanzig Deben Gold wären sehr großzügig.»
«Dann bereitet zehn Deben vor. Unsere Reise ist noch sehr lang, und ich will nicht als armer Mann in Waset ankommen.»
Ameni wollte das Thema beenden und drehte sich bereits um, damit ihm von der Dienerin, die noch anwesend war, das Nemes-Kopftuch aufgesetzt wurde.
«Da gibt es noch etwas, Majestät. Seid bitte nicht enttäuscht, wenn die Menschen dort draußen nicht in den Freudentaumel ausbrechen, den Ihr erwartet, wenn sie Euch sehen. Es ist die Zeit der Trauer, und großer Jubel wird erst bei Eurer Rückkehr von Waset herrschen.»
«Es ist recht. Ich habe verstanden, Juja, und danke Euch.»
Mein Vater machte eine tiefe Verneigung und verließ den Raum. Ameni setzte sich auf seinen Stuhl, und die Dienerin trug um seine Augen die schwarze Farbe auf, zog ihm die goldenen Sandalen an und legte den breiten Goldkragen um seinen Hals. Als er wieder aufstand, hielt sie ihm den schweren Prunkgürtel entgegen, an dessen Rückseite der Stierschwanz, das Zeichen der königlichen Stärke, befestigt wurde. Ameni band sich den Gürtel um, steckte den Dolch an seinen Platz und brummte: «Heute mache ich das lieber selbst. Wer weiß, was noch alles geschieht.»
Er schob sich noch zwei Armreife über die Gelenke, steckte an jede Hand einen Ring und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
«Ich bin bereit», sagte er so laut, dass man es auch jenseits der Türe deutlich vernehmen konnte. Ein Soldat der Leibgarde öffnete von außen, und während Pharao hinausschritt, ertönten unzählige Fanfaren und Pauken.
Ameni hielt kurz inne, um sich zu orientieren und um seine Augen an das gleißende Sonnenlicht zu gewöhnen.
Rechts und links standen Hofbeamte mit Fächern aus Straußenfedern, die an langen Holzstangen befestigt waren, und wedelten dem König in langsamen Bewegungen kühle Luft zu. Etwas abseits des Deckshauses hielten sich Ptahmose und mein Vater auf. Der Rest des Hofstaates erwartete den König an Land. Vom königlichen Schiff führte ein etwa drei Ellen breiter Steg zur Hafenmauer. Von
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