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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Heranwachsenden. Den erwachsenen Männern waren wenigstens richtige Bärte gewachsen!
    Nachdem Ameni sein «Ich bin bereit» vernehmen ließ, öffnete sich die Türe des Deckshauses, und wir traten ins Freie. Der Auflauf im Hafen war nicht größer als anderswo, aber der Bürgermeister und mein Onkel Baki staunten nicht schlecht, als sie meine Eltern in unmittelbarer Umgebung des Pharaos sahen. Ohne uns lange aufzuhalten, bestiegen wir die bereitstehenden Kriegswagen und fuhren, gefolgt von der Sänfte der Frauen, in Schrittgeschwindigkeit durch die staunende Menschenmenge zum Hause Bakis und seiner Familie.
    Dort war man auf das Erscheinen des Herrschers keineswegs eingerichtet, wir platzten mitten in das Alltagsleben der Familie hinein. Wegen der Soldaten der Leibgarde, die uns begleiteten, und wegen der eindeutigen Insignien, die Amenophis trug, war der Familie meines Onkels sofort klar, wen sie vor sich hatte. Alle fielen augenblicklich vor ihrem Herrscher zu Boden. Hier in Achmim sah das natürlich nicht so vollendet aus wie in Men-nefer, dafür spürte man umso deutlicher, dass ihre Ehrfurcht eine ehrliche war.
    Nachdem sich alle erheben durften, stellte mein Vater seinem Herrscher die Familie meiner Mutter vor. Schließlich sagte ein gut gelaunter Amenophis:
    «Und nun, Baki, stelle ich Euch Euren Neffen Eje vor, der den Titel trägt ‹Einziger Freund Pharaos›, und seine Schwester Teje, der ich hiermit den Titel ‹Schwester des Einzigen Freundes des Pharaos› verleihe.»
    Weil alle über den kleinen Scherz ihres Herrschers herzhaft lachten, bekam die arme Teje einen hochroten Kopf.
    «Zeigt uns jetzt Euer Haus und Euren Garten», bat Amenophisden Hausherrn, und zu Bakis Frau gewandt, sagte er: «Wenn Ihr uns in der Zwischenzeit ein kleines Mahl bereitet, könnt Ihr Euch meines ewigen Danks sicher sein. Ihr müsst wissen, Euer Herrscher leidet schrecklichen Hunger!»
    Danach legte er wie zufällig für einen kurzen Augenblick seinen rechten Arm um Tejes Schulter und sagte zu ihr: «Komm mit! Du kennst ja das Haus auch noch nicht!»
    So deutlich hatte Amenophis seine Zuneigung zu Teje noch nie zum Ausdruck gebracht, und mir entging die Aufgeregtheit der übrigen Frauen nicht.
    Geruhsam gingen wir einmal durch den ausgedehnten und gepflegten Garten bis zu einer kleinen Kapelle, die Min geweiht war. Vor einer Statue des Götterbildes mit einem auffallend großen, erigierten Phallus legte Amenophis eine Lotosblüte nieder.
    «Wenn das kein Glück bringt!», sagte er zu Teje, die wieder einen roten Kopf bekam. Ich bin mir sicher, gesehen zu haben, wie sie sich kurz an der Hand hielten.
    Nachdem wir uns kurz das Haus angesehen und gemeinsam mit der Familie meiner Mutter ein bescheidenes Mahl eingenommen hatten, mahnte Vater zum Aufbruch. Amenophis ließ sich nur ungern drängen, denn er genoss es sichtlich, mit einfachen, freundlichen Menschen und ohne die Steifheit des Hofes und den Zwängen des Protokolls beisammen zu sein. Die Anwesenheit Pharaos in meines Onkels Haus hatte sich in der Zwischenzeit herumgesprochen, denn als wir zum Hafen zurückfuhren, säumten Tausende Menschen unseren Weg. Mit strahlender Miene grüßte Ameni sein Volk, wusste er doch, wie gut das meinem Vater und meinem Onkel tat.
    Bevor wir an Bord gingen, überreichte Amenophis dem Bürgermeister und Baki in dessen Eigenschaft als Priester des Min je einen besonders prall gefüllten Beutel mit Gold. So war er sich der künftigen Gunst seiner Untertanen in Achmim sicher.
    Die Sonne stand schon sehr hoch, als sich der Zug der Schiffe in Bewegung setzte, doch noch lange standen die Menschen im Hafen und winkten uns nach.
     
    Ameni und ich stellten gerade die Figuren des Senetspiels auf, da kam Vater zu uns.
    «Ich möchte mich bei Euch bedanken, Majestät. Ihr habt mehr für mich und meine Familie getan, als ich je erwarten durfte. Ich werde Euch das nie vergessen!»
    «Es ist nicht der Rede wert, Juja. Ich habe es gern getan. Der Besuch bei Eurer Familie hat mir gefallen und Freude bereitet. Es wurde auch Zeit, dass ich Euch eine Gunst erweisen konnte. Es ist gut so!»
     
    Die verbleibenden Tage bis zu unserer Ankunft in Waset sollten sehr anstrengend werden. Die Priester wiesen Amenophis jeden Tag mehrere Stunden in das Bestattungs- wie auch in das Krönungsritual ein. Jedes Gebet, jeder Schritt und jeder Handgriff wurden eingeübt. Da viele der Kulthandlungen geheim waren, durfte ich an diesen Unterweisungen nicht teilnehmen. Ich

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