Im Land des Falkengottes. Amenophis
Misstrauen Seiner Majestät, sondern vielmehr der Wunsch, sich einen Überblick über die Möglichkeiten unseres Landes zu verschaffen. Ich werde deswegen die Einteilung der Felder nach der Überschwemmung prüfen, nach Möglichkeiten suchen, die Bewässerung der oberen Felder zu verbessern und weitere Lagerräume für Getreide schaffen», klärte ich mein Gegenüber, das geduldig zuhörte, auf.
«Hierbei bin ich selbstverständlich auf die Hilfe der Bürgermeister und ihrer Schreiber und Verwalter angewiesen, wie Ihr Euch vorstellen könnt», fuhr ich fort.
Im weiteren Verlauf berichtete ich Neferhotep von meinen Untersuchungen, die ich während des Nubienfeldzuges angestellt hatte, und wie ich mir meine Arbeit zunächst in Waset vorstellte.
Ich glaube, er hat mich nicht im mindesten ernst genommen und sagte mir deswegen recht leichtfertig alle erdenkliche Hilfe zu – was immer er sich darunter auch vorgestellt haben mag. Diese Einstellung ärgerte mich sehr, und ich war mir sicher, dass der Bürgermeister und ich noch die eine oder andere unangenehme Begegnung erleben würden. Ich für meinen Teil hatte zunächst ihm gegenüber meine Pflicht erfüllt und konnte nun an mein eigentliches Werk gehen.
Am Abend trafen wir uns wieder auf der Terrasse des Palastes, Ameni, mein Vater und ich. Ich berichtete ihnen von meiner Begegnung mit Neferhotep, unterließ aber eine Wertung seiner Person. Ich wollte nicht, dass Vater misstrauisch oder sogar ängstlich wurde oder dass Amenophis mich von der Aufgabe entband. Vielmehr versicherte Ameni nochmals ausdrücklich,dass mir für meine Arbeit jede Unterstützung zuteil werden würde.
Dazu hatte er auch allen Grund, denn an diesem Abend wurde mein Aufgabenbereich nochmals erweitert.
«Deine Inspektionsreisen führen dich ohnehin durch das ganze Land», begann mein Freund, steckte sich erst eine Dattel in den Mund und spülte sie mit einem Schluck Wein hinunter. Mit großen Augen blickte ich erwartungsvoll auf seine Lippen.
«Und kaum jemand», fuhr er fort, während er schon wieder nach der nächsten Dattel griff, «kaum jemand in meinem Reich wird so viel zu sehen bekommen wie du, Eje. Du weißt, dass ich große Bauvorhaben plane und für die Tempelbauten große Mengen an Steinen benötige: Sandstein, Granit, Rosenquarz, alles, was es so gibt. Ich bitte dich deswegen, dass du nebenbei die vorhandenen Steinbrüche überprüfst und, wenn irgend möglich, neue erschließen lässt!» Er verschlang die Dattel. Vater und ich waren einigermaßen erstaunt.
«Ich befürchte nur, Majestät, dass Eje von Steinen und Steinbrüchen nicht sonderlich viel versteht», gab mein Vater mit besorgter Miene zu bedenken.
«Juja, das mag für den Augenblick gelten. Aber ich bin mir sicher, dass Eje in kurzer Zeit nicht nur über die nötigen Kenntnisse verfügen, sondern alle unsere Baumeister geradezu in Staunen versetzen wird – nicht wahr, Eje!» Und wieder zu Vater gewandt:
«Im Übrigen muss er die Steine weder selbst schlagen, noch selbst hierher schleppen. Ich sagte es bereits: Jedermann steht ihm zur Verfügung. Er muss sich nur die richtigen Männer aussuchen.»
Damit war für Nimuria das Thema erst einmal erledigt, und ich war um einen Posten reicher: Persönlicher Beauftragter Seiner Majestät für sämtliche Steinbrüche.
Ich muss gestehen, die Aufgabe hatte ihren Reiz, denn es war eine große Ehre für mich, an Werken für die Ewigkeit mitzuarbeiten. Doch anders als die großen Baumeister, die für das Hochwachsen der Gebäude verantwortlich waren und für die Schönheit des Geschaffenen gerühmt wurden, war ich nur vorbereitend, ja im Verborgenen tätig. Niemand würde je darüber reden, dass Eje es war, der Tausende Sandsteinblöcke hauen und herbeischaffen ließ, dass Eje es war, der verantwortlich dafür war, dass die Arbeiter an den Tempeln und Palästen Pharaos ihr tägliches Brot, Gemüse und Bier erhielten. Doch dies war mein Schicksal. Wollte ich mich beklagen?
Amenophis hatte es mir von Anfang an so vorhergesagt: Keiner würde neben ihm mächtiger sein als ich, aber kein Titel sollte je davon künden.
Noch am selben Abend erinnerte uns Pharao an den Baumeister Amenophis, Sohn des Hapu, und bat mich darum, ihn am frühen Nachmittag des nächsten Tages in den Palast kommen zu lassen.
Es war schon spät in der Nacht, als der schon kleiner werdende Mond über die Giebel der Paläste und die Wipfel der Palmen stieg und als Vater meinte, wir müssten doch schon
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