Im Land des Falkengottes. Amenophis
wenig Gesprächsstoff und war abgelenkt.
«Ich danke dir, Cheruef!», flüsterte ich meinem Schreiber zu. «Ohne dich hätte ich ganz schön dumm dagestanden.»
«Ich habe euch zu danken, mein Herr. Isisnofret war heute nicht sehr gut auf mich zu sprechen, aber Eure Freundlichkeit dürfte sie umgestimmt haben.»
«Liegt dir viel an ihr?», wollte ich wissen.
«Oh ja, ich könnte mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen, mein Herr!»
«Das soll es geben, Cheruef.»
Und zu Isisnofret gewandt, sagte ich: «Weißt du eigentlich, dass ich deinen Freund vor Seiner Majestät, sie lebe, sei heil und gesund, richtig gehend verstecke?» Isisnofret starrte mich mit ungläubigen Augen an.
«Ja, dein Freund ist zweifelsfrei einer der besten Schreiber unseres Landes, und er stünde nicht einen Tag länger in meinen Diensten, wenn Pharao um seine Fähigkeiten wüsste. Ich denke, es dauert nicht mehr lange, und ich werde vorschlagen, ihn als Verwalter einzusetzen.»
Das Mädchen strahlte. Wie einfach es doch war, mit einem Satz gleich zwei Menschen glücklich zu machen.
Inena hatte mich längst bemerkt, und mein Gespräch mit Cheruef und seiner kleinen Freundin irritierte sie offenbar, da sie mit sehr ernster Miene weitertanzte und kurze Zeit so tat, als hätte sie mich nicht gesehen. Aber schon bald sah ich wieder das vertraute Schmunzeln, dann ihr gewohntes Lachen, welches ihre strahlenden Zähne blitzen ließ. Über die Köpfe der vor mir stehenden Menschen deutete ich mit dem Fingerin Richtung Palast, sie nickte unauffällig, und ich schlich langsam zum königlichen Garten davon.
Wieder grüßten mich mir völlig fremde Menschen, was ich in meiner Vorfreude auf den Rest des Abends kaum wahrnahm. Fröhlich und gut gelaunt summte ich das zuvor gehörte Liebeslied vor mich hin, bis ich das Schwimmbecken im Garten erreicht hatte. Nur von Ferne hörte ich das Singen und Lärmen der Menschen, über mir funkelte der herrlichste Sternenhimmel Ägyptens, und im Osten schob sich gemächlich die goldgelbe Scheibe des Mondes über den Horizont und verteilte zwischen den Palmen und Sykomoren sein kaltes, silbernes Licht. Ich entkleidete mich kurzentschlossen, versteckte meine Sachen unter einem Strauch und glitt langsam und geräuschlos in das Wasser, um niemanden auf mich aufmerksam zu machen.
Nach der Hitze des Tages und all den Anstrengungen war das Bad eine Wohltat. In langen Zügen tauchte ich mehr unter Wasser, als dass ich an der Oberfläche schwamm. Plötzlich biss mich etwas in die rechte Wade, und ehe ich einen Schrei ausstoßen konnte, zog mich das Untier unter Wasser. Der krokodilköpfige Sobek schien mein Ende besiegelt zu haben. Ich ruderte wie wild mit den Armen, als ich zwei Hände um meine Hüften spürte und der Biss plötzlich weg war. Ich wurde gerettet – durch Inena. Jetzt erst merkte ich die Täuschung: Sie selbst war das gefürchtete Ungeheuer.
«Wie kannst du mich so erschrecken?», fragte ich sie nach dem Auftauchen mit dem Rest der mir verbliebenen Luft. «Ich dachte schon, ein Krokodil würde mich in die Tiefe ziehen!»
Als ich in ihr unschuldiges Gesicht mit den hochgezogenen Augenbrauen schaute, war ich wieder besänftigt und musste über mich selbst lachen.
«Es ist schon gut!», flüsterte ich, nahm ihren Kopf in meine Hände und küsste sie, während wir beide wegen der Tiefe des Beckens langsam untergingen.
«Lass uns in mein Zimmer gehen», sagte ich, nachdem wir die Wasseroberfläche wieder erreicht hatten. «Nur Fische lieben sich im Wasser!»
Ich genoss diese Nacht noch mehr als die vorangegangene. Zuletzt lagen wir nebeneinander in meinem Bett und schauten beide, ich über ihre Schultern, in den Garten, auf die Bäume und den Mond, der inzwischen weit über den Gipfeln stand und den Blättern der Dumpalmen wieder Silberränder verlieh.
«Woran denkst du?», unterbrach ich das lange Schweigen.
«Wie es weitergehen soll, an mein Zuhause, an mein Dorf», flüsterte Inena zaghaft vor sich hin.
«Du wirst doch wohl nicht in dein Dorf zurückkehren, Inena!», fing ich zu protestieren an.
«Was glaubst du? Meinst du, ich verstecke mich den Rest meines Lebens irgendwo in Waset, um mich nachts mit dir heimlich zu treffen? Eje, jetzt sei vernünftig!»
«Aber du kannst doch jetzt nicht einfach wieder verschwinden. Du gehörst zu mir. Du bleibst bei mir!», widersprach ich heftig.
«Eje, ich gehöre nicht hierher! Das ist nicht meine Welt, in der du lebst.»
«Ich bin der Einzige
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