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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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goldenen Schärpe über dem Schurz. Als er eintrat, verneigten sich mein Vater und alle Kinder, bis eine selbstbewusste Knabenstimme uns gebot, uns wieder zu erheben. Fürmich gab es nicht den geringsten Zweifel, dass das Prinz Amenophis war. Ihm folgten Prinz Amenemhet und Saatum, ein Vetter der Prinzen, und schließlich die Prinzessin Amenipet.
    Alle Anwesenden – außer Prinz Amenophis – verneigten sich erneut, richteten sich aber nach kurzer Zeit selbst wieder auf.
    Der erste Unterrichtstag verlief im Wesentlichen ohne meine geistige Teilnahme, da ich ausschließlich damit beschäftigt war, mein Umfeld zu mustern, und das hieß an diesem Tag nur Prinz Amenophis. Er war nur wenig größer als ich, aber man sah gleich, dass er viel kräftiger war. Sein schwarzes Haar war kurz geschnitten, und neben einer eher unauffälligen Nase saßen dunkelbraune, mandelförmige Augen. Er bewegte sich nie ruckartig, sondern eher langsam und gesetzt, was seinem Auftreten eine natürliche Würde verlieh.
     
    Im Laufe der ersten Wochen erlernte ich die Grundbegriffe des Rechnens, die ersten einfachen Buchstaben unserer Schrift und wurde ein wenig mit der Verwaltung unseres Landes vertraut gemacht. Mein Vater hatte eine schwierige Aufgabe zu bewältigen, da ich der einzige Anfänger war und die anderen Schüler schon einige Jahre am Unterricht teilgenommen hatten. Aber irgendwie nahm er sich immer wieder die Zeit, um sich mit mir allein zu beschäftigen. Außerdem hatte ich ja reichlich Gelegenheit, unseren Lehrer außerhalb des Unterrichtes zu konsultieren, was meist ein zweischneidiger Vorteil war, denn Vater setzte alles daran, dass ich die anderen bald eingeholt hatte. So schrumpfte meine freie Zeit mehr und mehr zusammen.
    Die Prinzessin und die Prinzen schienen während des Unterrichtes die übrigen Kinder gar nicht wahrzunehmen. Dass sich mein Vater um sie am meisten bemühte, war eine Selbstverständlichkeit. Schließlich konnte und durfte es gar nicht sein, dass zumindest Prinz Amenophis nicht der beste Schülerwar. Anders war es in den Pausen. Während sich alle größeren Jungen in dem Hof vor dem Unterrichtsraum mit Ballspielen und Verstecken austobten, hielten sich die Mädchen meist im Schatten der Sykomoren auf und beschäftigten sich auf ihre Art: Sie tuschelten und kicherten über die Jungen.
    Nur mit mir wollte niemand so recht etwas zu tun haben. Für die einen war ich noch zu neu und vor allem zu klein, und bei den Mädchen wollte ich mich nicht aufhalten. So saß ich meist allein am Rand eines der Teiche, hielt meine Füße ins Wasser und sang ein Kinderlied oder versuchte, mich mit einem der Flamingos anzufreunden. Ich spürte sehr wohl, dass mein Vater dies mit gemischten Gefühlen beobachtete, aber genauso wenig wie er ließ ich mir irgendetwas anmerken.
    Nach einiger Zeit fasste eines der Tiere – ich konnte es an einer Verletzung am Fuß wiedererkennen – richtig Vertrauen zu mir, was im Wesentlichen daran lag, dass ich es fleißig mit Brot versorgte. Die Knaben tobten wieder mit einem Ball durch den Hof, während ich mit im Wasser baumelnden Füßen meinen gefiederten Freund fütterte und es mir zum ersten Mal gelang, seinen Kopf und den langen Hals zu streicheln. Unvermittelt verspürte ich einen dumpfen Schlag am Hinterkopf, fiel vornüber und landete im Teich. Ich verlor die Besinnung und erwachte erst wieder, als mich mein Vater auf der Wiese neben dem Teich niederlegte. Die Ursache meines Unglücks war schnell geklärt: Ein mit ganzer Kraft geschossener Ball hatte mich niedergestreckt. Das wäre alles nicht so schlimm gewesen, wenn sich nicht Acha, der Sohn des Oberstallmeisters, verplappert hätte. «Ich habe dir ja gleich gesagt, lass den Kleinen hier in Ruhe», fauchte er respektlos Prinz Amenemhet an. «Du wolltest es ja unbedingt wissen!»
    «Sei still», forderte der verratene Übeltäter, «was musst du dich überhaupt einmischen? Dann soll er eben besser aufpassen, wo er sich hinsetzt!»
    Nun meldete sich Prinz Amenophis zu Wort. «Du könntest dich wenigstens bei ihm entschuldigen, Amenemhet. Sehr heldenhaft war das nicht! Im Übrigen hat Eje dir nichts getan.»
    Ging der kurze Streit bislang an mir vorüber, da ich mehr mit meinem schmerzenden Kopf beschäftigt war, so war ich nun auf das Äußerste erstaunt: Prinz Amenophis nannte meinen Namen!
    Nachdem Prinz Amenemhet nichts dergleichen tat, sondern bockig die Arme vor der Brust verschränkte und sich verärgert auf die Lippen biss,

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