Im Land des Falkengottes. Amenophis
wohl, dass ihr an meinen Zärtlichkeiten Anstoß nehmt. Ihr könnt aber unbesorgt sein. Teje wird nach unserer Rückkehr in Men-nefer endgültig zu mir kommen, wir werden eine Familie gründen, und Teje wird meine Große königliche Gemahlin sein.»
Meine Mutter schien doch ahnungsloser zu sein als ich dachte, denn sie sah meinen Vater mit weit aufgerissenen Augen an. Amenophis beugte sich ein wenig nach links zu Teje und küsste ihre rechte Wange, dann nahm er seinen Becher, prostete in die Runde und sagte: «So sei es, und so geschehe es!»
FÜNF
Die Gefährten des Pharaos sind die Götter.
I n den Tagen unmittelbar vor unserer Abfahrt nach Men-nefer vollbrachten wir alle Schwerstarbeit, um noch all das zu klären und zu regeln, was erforderlich war. Der Thronrat saß nahezu unentwegt zusammen, beriet die anstehenden Bauvorhaben, die Materiallieferungen und die Ämterverteilung, die nach meinen und Ptahmoses Vorstellungen vorgenommen werden mussten. Vater nahm seine Aufgabe, den Plan für die Holzeinfuhr aus Libanon zu entwerfen, erwartungsgemäß sehr ernst und war, außer für Nimuria selbst, für niemanden mehr ansprechbar. Ich selbst kümmerte mich zum einen um die Getreidespeicher und die Feldvermessung, zum anderen beschäftigte ich mich eingehend mit den vielen Karten und all den sonstigen Dokumenten, die ich zu den Steinbrüchen unseres Landes erhalten konnte.
Pharao selbst verbrachte in den letzten Tagen vor der Abreise die meiste Zeit mit Amenophis, Sohn des Hapu. Nimuria machte seinem Baumeister zahlreiche Vorgaben für die Errichtung des Grabes, den neuen, gewaltigen Amuntempel, den künftigen Palast und den Tempel der Millionen Jahre. Am Tagvor unserer Abfahrt versammelten sich die Vornehmsten Oberägyptens nochmals in der Großen Halle des Palastes, und Amenophis bestimmte für die Zeit seiner Abwesenheit in aller Form Ptahmose zu seinem Stellvertreter in allen Angelegenheiten. Danach zogen wir in den Tempel, um dort Amun, dem Verborgenen, reiche Opfergaben darzubringen. Die Obersten Priester unseres Reichsgottes, allen voran Ramose, schienen wieder versöhnt, wussten sie doch, dass ihr Gott in den nächsten Jahren den prächtigsten Tempel der Erde erhalten würde – wenn auch zu einem hohen Preis.
Der Tag unserer Abreise sollte für Waset nochmals ein wahrer Festtag werden. Seit den frühen Morgenstunden wurden die Schiffe beladen. Amenophis hatte befohlen, dass ein großer Teil der Schätze, die man ihm anlässlich seiner Thronbesteigung geschenkt hatte, mitgeführt wurde. Sein Misstrauen gegenüber der Beamtenschaft von Waset war einfach noch zu groß. Dafür litt Merire, der Schatzmeister Seiner Majestät, schrecklich unter dem Gedanken, dass unterwegs auch nur ein Edelstein oder ein einziges Goldkörnchen verloren gehen könnte.
Die gesamte Division des Amun, die hier stationiert war, musste antreten, um die Straßen von Waset vom Palast bis zum Hafen auf beiden Seiten in Dreierreihen zu säumen. Es versammelten sich noch mehr Menschen als bei unserer Ankunft vor Wochen. Aber jetzt sahen sie alle fröhlich aus, waren rasiert und gepflegt und durften sich über das Erscheinen des Guten Gottes ausgelassen freuen. Ein langer Zug bewegte sich vom Palast zum Hafen, vorneweg zahlreiche Schreiber, einfache Beamte und Offiziere, dann, in geschlossenen Sänften, die Großen königlichen Gemahlinnen Mutemwia und Iaret, Mutter und ihre Hofdamen. Als künftiger Stellvertreter Seiner Majestät bei der Streitwagentruppe fuhr mein Vater Juja alleinein einem zweispännigen Prunkwagen. Acht Nubier trugen die offene Sänfte, in welcher Teje und ich folgten. Für meine Schwester war dies eine besondere Auszeichnung, wurde doch so ihre besondere Nähe zum Herrscher vor aller Augen gezeigt.
Schließlich kam die große Prunksänfte Nimurias, getragen von zwölf Nubiern, wie es nur Pharao zustand. Er saß auf einem Thron aus Elektron, rechts und links gingen die Wedelträger und dahinter der Sandalenträger Seiner Majestät. Nimuria trug die Doppelkrone, die weiße Krone Oberägyptens und die rote Krone Unterägyptens, die goldene Geißel und den Krummstab sowie den langen Zeremonialbart. Regungslos saß er auf dem Thron, den Jubel seines Volkes genießend, ruhig, ohne die geringste Gefühlsregung zu zeigen, beherrscht, majestätisch. So hatte sich Pharao seinem Volk zu zeigen.
Der königlichen Sänfte folgte die des Wesirs, dahinter schritten die Priester des Amun und der Mut, ihnen schloss sich die
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