Im Land des Falkengottes. Amenophis
gesamte Leibgarde Pharaos an. Der Zug kam nur langsam voran, aber das war gewollt, denn schließlich sollten sich alle Menschen am Anblick des Guten Gottes und seines gesamten Hofstaates erfreuen.
Im Hafen bildeten alle, die der königlichen Sänfte vorausgezogen waren, ein breites Spalier, damit die Sänfte Nimurias ungehindert bis an die Hafenmauer gelangen konnte. Erst als sich Pharao auf dem Thron seines Schiffes niedergelassen hatte, neben sich die Wedelträger und seine Leibdiener, durfte auch der übrige Hofstaat die Schiffe besteigen.
Dann erhob Nimuria die rechte Hand, in welcher er den Krummstab hielt, und sofort wurden auf allen Schiffen die Segel hochgezogen. Mächtige Fanfarenstöße erklangen, und die Menschen an Land warfen sich zum Abschied und zum Zeichen ihrer Untergebenheit zu Boden. Ein weiterer Fanfarenstoßerlaubte den Menschen, sich wieder zu erheben. Unzählige Augenpaare starrten erwartungsvoll auf Pharao, ihren Guten Gott. Nimuria erhob sich, breitete die Arme mit Geißel und Krummstab ein wenig aus, und zeigte mit dieser Geste seinem Volk, dass er seine Hände schützend über es hält, dass Maat regiert.
Nun brach unvorstellbarer Jubel los. Ich sah, wie viele Männer und Frauen zu weinen begannen. Die einen weinten vor Glück, weil wieder ein junger und starker König die Beiden Länder regierte, die anderen, weil Pharao sie verließ. Amenophis hob seine rechte Hand ein wenig, und unter den wuchtigen Schlägen aller Schiffspauken gingen die Ruder zu Wasser und glitten die Schiffe mit geblähten Segeln nacheinander aus dem Hafen von Waset.
Da wir stromabwärts fuhren und günstigen Wind hatten und weil überdies die Ruderer sich kräftig ins Zeug legten, zogen die Schiffe wie im Flug an den Tempeln und Palästen vorbei, bis wir die Stadt hinter uns ließen. Wir glitten an herrlichen, üppigen Obst- und Gemüsegärten vorbei, von deren Erträgen die Menschen von Waset lebten. Dann begannen die weiten Getreidefelder, die Dörfer wurden kleiner und die Abstände zwischen ihnen größer.
Ab und an begegneten wir kleinen Schiffen von Händlern, die mit geblähten weißen Segeln den Fluss hinauf oder hinab fuhren. Wir sahen Fischer auf schlanken, lang gezogenen Papyrusbooten, die im Uferbereich mit Speeren Jagd auf Nilbarsche machten. Es war immer das gleiche Bild: An Land warfen sich die erwachsenen Menschen zu Boden, wenn sie das Schiff ihres Herrschers erkannten, während die Kinder erst hüpften und winkten, und schließlich einige hundert Ellen weit die Flotte an Land begleiteten. Winkte ihnen Nimuria dann auch noch zu, gerieten sie ganz außer Fassung und fuchtelten vor Freude wie besessen mit den Armen.
Die Schiffsbesatzungen duckten sich meist in ihren Booten, bis niemand mehr zu sehen war. Die Fischer knieten auf den wackeligen Papyrusbooten nieder, und manchmal kam es vor, dass einer von ihnen das Gleichgewicht verlor und unter dem Gelächter der ganzen Flotte ins Wasser fiel.
Ameni, mein Vater und ich saßen unter dem Baldachin auf dem Hinterdeck und erinnerten uns der Geschichten, die wir auf der Hinreise erlebt hatten. Zwar waren erst wenige Wochen vergangen, doch durch die Fülle des Erlebten kam es uns vor, als hätten wir Jahre in Waset verbracht. Wir drei waren so tief ins Gespräch versunken, dass wir gar nicht bemerkten, dass es Abend geworden war. Wir nahmen ein ausgiebiges Mahl zu uns, und schon bald entzündete man Fackel für Fackel und Lampe für Lampe, um im Schein dieser spärlichen Beleuchtung auch nachts fahren zu können. Am Bug eines jeden Schiffes lagen zwei Seeleute, deren einzige Aufgabe es war, den Flusslauf und mögliche Hindernisse genauestens zu beobachten und zu melden. Die nächtliche Fahrt mitten auf dem Fluss war gefährlich, weswegen man auch langsamer fuhr als bei Tageslicht. Gut gelaunt und auch etwas angetrunken gingen wir erst sehr spät schlafen, und so kam es, dass am anderen Morgen an Land längst alles vorbereitet war, ehe wir überhaupt aufstanden.
Anders als vor Wochen fielen unsere Landgänge jetzt sehr prächtig aus. Unter lautem Trompetenschall verließ Amenophis im Königsornat das Schiff. Lediglich an Stelle der Doppelkrone trug er entweder das Nemes-Kopftuch mit dem Uräus oder den blauen Helm, die alte Kappe des Ptah. Überall trafen wir auf Menschen, die glücklich waren, den jungen Pharao, den neuen Horus, in all seiner Pracht zu sehen. Immer häufiger und immer länger hielt sich jetzt auch Teje an seiner Seite auf, und
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