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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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langes, weißes Kleid mit feinen Längsfalten an, das nur über der rechten Schulter mit einem schmalen Träger gehalten wurde. In ihre Perücke waren Hunderte kleiner roter Glasperlen eingeflochten.
    Als ich die beiden so ansah, fiel mir zum ersten Mal auf, dass sie beide dieselben dunklen und mandelförmigen Augen hatten, die durch die grünschwarze Schminke eine unheimliche, ja geradezu magische Ausstrahlung erhielten.
    Mein Vater stand mit mir neben dem Baldachin, und ich spürte bei ihm eine deutliche Unruhe, die nicht nur darauf beruhte, dass er seine Heimatstadt wiedersah.
    «Was bedeutet das alles hier», fragte er mehr sich selbst, als dass es mir gegolten hätte. Amenophis und Teje hatten ihn gehört, und mit einem höchst zufriedenen Lächeln, den Blick auf die jubelnden Menschen gerichtet, sagte Ameni: «Diesmal ließ ich ein paar Vorkehrungen treffen, um Euer und unser Eintreffen noch etwas festlicher zu gestalten, als es vermutlich ausgefallen wäre, wenn man in Achmim nicht gewusst hätte, wann genau wir hier ankommen.»
    Vater strahlte und schüttelte kaum merklich den Kopf. Dann entdeckte er vor dem königlichen Zelt seinen Schwager Baki und winkte ihm freudig zu.
    Als die Barke Pharaos an der Hafenmauer festmachte und der Steg ausgelegt und befestigt wurde, lag ganz Achmim vor seinem Herrscher auf dem Boden, bis Fanfarenstöße den Menschen erlaubten, sich wieder zu erheben. Nimuria und Teje gingen die wenigen Schritte bis zum Kriegszelt zu Fuß, neben ihnen zwei Wedelträger, hinter ihnen mein Vater und ich.
    Baki, der Hohepriester des Min, der mein Onkel war, und der Bürgermeister von Achmim begrüßten ihren König in der gebührenden Form und schlossen mit den üblichen Segenswünschen. Amenophis zeigte sich sehr großzügig und schenkte ihnen reichlich Gold. Danach bestiegen Ameni und Teje eine Sänfte, und ließen sich zwischen den jubelnden Menschen hindurch zum Tempel des Min tragen.
    Der Tempel hatte freilich nicht die Ausmaße eines Amuntempels in Waset, auch war er bei weitem nicht so reich ausgestattetwie der Tempel des Ptah in Men-nefer. Aber er war sehr schön, und vor allem seine Umgebung, die Höfe und Gartenanlagen, waren sehr geschmackvoll angelegt und auffallend gut gepflegt. Mit großem Ernst und auffälligem Eifer brachten Amenophis und Teje unserem Fruchtbarkeitsgott Opfer dar. Dessen mächtige, acht Ellen hohe Statue war aus Quarzit. In Menschengestalt, mit geschlossenen Beinen dargestellt, hielt Min im erhobenen rechten Arm eine Geißel, die linke Hand umgriff sein mächtiges erigiertes Glied. Er trug einen geflochtenen Götterbart und auf dem Kopf eine Kappe mit einem langen, über dem Rücken herabfallenden Band. Auf der Kappe steckte ein Falkenfederpaar. Nimuria legte Gemüse, Blumen und Brot auf dem Altar nieder, dann streute er acht große Kellen Weihrauch über die glühende Kohle, wodurch innerhalb kürzester Zeit der Tempel in seinem Inneren völlig eingenebelt war. Nach der Zeremonie wurden Seiner Majestät von meinem Onkel Baki alle Priester des Min, so auch Anen, sein Sohn, vorgestellt. Anen war vierzehn Jahre alt und diente seit einem Jahr als Vorlesepriester. Er war klein von Wuchs, wie alle Priester kahl geschoren und hatte eine auffallend schmale, krumme Hakennase, große abstehende Ohren und grüne, funkelnde Augen. Aus welchen Gründen auch immer erregte gerade er die Aufmerksamkeit Nimurias.
    «Gefällt dir der Tempeldienst hier in Achmim?», wollte Amenophis wissen, und dabei schaute er in Bakis Gesicht. Ihn interessierte dessen Reaktion offenbar mehr als die des jungen Priesters. Da Baki nichts sagte, richteten sich nun alle Blicke auf Anen.
    «Oh ja, Guter Gott. Sicher», stammelte Anen verlegen und wusste gar nicht, was er noch sagen sollte.
    «Würdest du auch gerne im großen Tempel des Amun in Waset dienen?», setzte Pharao nach. Jetzt schaltete sich Baki ein, da er keine unüberlegte Antwort seines Sohnes riskieren wollte.
    «Eine größere Ehre könnte meiner Familie nicht zuteil werden, Majestät! Mein Sohn Anen wird überall dort seinen Dienst verrichten und die Götter verehren, wo immer Eure Majestät es befiehlt.» Baki und Anen verneigten sich tief.
    «Das freut mich, Anen. In wenigen Monaten werden wir wieder nach Waset reisen. Wir lassen es deine Familie und dich rechtzeitig wissen, wann wir wieder hier sein werden. Bereite also bis dahin alles vor!»
    Amenophis sprach absichtlich sehr laut und deutlich, damit alle Anwesenden die

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