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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Sonnenbarke auf der Mitte seiner Brust.
    Auf den Schiffen wurde es nach der anfänglichen Hektik bald auffallend ruhig. Nur hier und da hörte man einzelne Stimmen von Männern, die sich über ihre Familien und Freundinnen, die sie hoffentlich erwarten würden, unterhielten. Amenophis und ich saßen alleine unter dem Baldachin am Heck der Barke. Nur drei oder vier Öllampen brannten.Direkt links neben uns lag das westliche Ufer des Flusses mit einem Palmenhain, zwischen dessen Stämmen sich Millionen von Glühwürmchen tummelten, gerade so, als wären auch sie ganz aufgeregt aus Vorfreude über Pharaos Ankunft. Auf der anderen Seite sahen wir auf das breite Band des träge dahin fließenden Stromes, erkannten hin und wieder die Rücken einiger Flusspferde, die im Schutz der Dunkelheit das feste Land aufsuchten, um dort zu grasen. Dann sahen wir wieder schweigend in den Sternenhimmel.
     
    Alle Besatzungen, die Großen des Reiches und schließlich Pharao und dessen nächste Umgebung, standen vollzählig versammelt auf ihren Schiffen, als die Flotte zwischen einzelnen Nebelschwaden hindurch bei Tagesanbruch das letzte Stück Weg nach Men-nefer zurücklegte. In der alten Hauptstadt wurde das Protokoll streng eingehalten, und so konnte Teje an diesem Tag nicht neben Nimuria unter dem Baldachin Platz nehmen. Pharao stand dort allein. Er kreuzte Krummstab und Geißel vor der Brust, wohl auch, um sich ein wenig zu wärmen. Es war kalt.
    Flottenkommandant Meru und mein Vater beobachteten unentwegt die Landschaft seitlich des Flusses und suchten nach auffälligen Sandbänken, Felsen und Bäumen, um so die Entfernung bis zum Hafen von Men-nefer genau bestimmen zu können. Dann gaben sie den einzelnen Schiffskommandanten Anweisungen, mit welcher Geschwindigkeit sie zu fahren hatten. Wir sahen die ersten Häuser der Stadt, dann die Tortürme des Ptahtempels und des Palastes, schließlich den Hafen. Es herrschte eine gespenstische Ruhe, nur das gleichmäßige Schlagen der Ruder und einige knappe Kommandos der Offiziere waren zu vernehmen. Der ganze Hafen war von einer unvorstellbaren Menschenmenge bevölkert, und ich war mir sicher, schon von weitem meinen FreundMahu auf dem Dach seines Kornspeichers gesehen zu haben. Noch im Dämmerlicht legten die ersten Schiffe an, sprangen die Soldaten vom Schiff und bildeten gemeinsam mit den Soldaten, die schon im Hafen gewartet hatten, in Viererreihen undurchdringliche Spaliere. Ganz langsam fuhr Pharaos Schiff in den Hafen ein, bis an eine genau vorgeschriebene Stelle, und sofort legten Soldaten einen breiten, vergoldeten Holzsteg zwischen Schiff und Hafenmauer. Neben Pharao standen unter dem königlichen Baldachin die vier Wedelträger und der Sandalenträger, seitlich dahinter Vater und ich.
    Noch nie war Amenophis so prächtig anzusehen: Die Doppelkrone, der lange Kinnbart, das Pektorale, der Halskragen und schließlich Krummstab und Geißel – diese erhabenen Gegenstände schienen nur für ihn geschaffen worden zu sein.
    Die nächsten Augenblicke entschieden darüber, ob die Berechnungen, die Vater und Meru zuletzt angestellt hatten, zutrafen. Da bemerkte ich ein Lächeln in Vaters Gesicht, er erhob fast unmerklich die rechte Hand, und heftiger Trompetenschall befahl der noch immer schweigenden Menschenmasse, sich hinzuknien.
    «Macht zwei Schritte nach vorne», zischte Vater zwischen seinen Zähnen Amenophis zu, der sogleich der Anweisung folgte. Im gleichen Augenblick stieg hinter dem Dach des Ptahtempels die Sonnenscheibe empor, erschien Re und blickte in das Antlitz seines Ebenbildes, unseres Herrschers Nimuria.
    Amenophis schloss für einen Moment die Augen und schien wie abwesend. Kein Ton war jetzt zu hören. Die Menge spürte, dass zwei Gottheiten sich begegneten, und alle waren gleichermaßen ergriffen. Auch Vater schloss die Augen und atmete erleichtert auf.
    Nimuria machte abermals einen kleinen Schritt nach vorne und öffnete jetzt, da er in ganzer Größe von Re angestrahltwurde, seine Arme, um seinem Volk mit dieser Geste seinen Segen zu geben. Nun warfen sich alle nach vorne auf den Boden. Der Sandalenträger kniete vor Nimuria nieder und zog ihm die goldenen Sandalen an. Währenddessen trugen zwölf nubische Leibsoldaten die königliche Sänfte auf das Schiff, und Ameni bestieg sie sogleich. Die Soldaten bewegten sich in winzigen Schritten über den Steg, sie boten ihr ganzes Können und ihre ganze Kraft auf, um die schwere Prunksänfte, die nur von den Wedelträgern

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