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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Menschenmassen zum Stadtpalast zurück. Meine Tochter trug wieder die oben abgeflachte Krone, deren lange und bunte Bänderüber ihrem Rücken im Fahrtwind flatterten wie die Fahnen des Gempa-Aton. Echnaton trug den blauen Chepresch und einen langen, am Rücken weit nach oben gezogenen Schurz mit unendlich vielen, schmalen Längsfalten. Seine Rechte lag schützend über der Schulter Naftetas, und mit der Linken hielt er die Zügel des Gespanns. Das Strahlen in seinem Gesicht, seine großen Augen und der breite Mund verrieten seine Zufriedenheit mit allem, was er sah.
    Im Stadtpalast angekommen, gingen wir durch einige Räume, bis wir eine Halle erreichten, die vor einer gewaltigen Mauer lag. Dahinter lag ein erhöhter und überdachter Freisitz, vor dem sich ein Platz ausbreitete, der in Länge und Breite gewiss dreihundert Ellen maß. Er war an seinen vier Seiten von hohen Mauern eingefasst, die allesamt Bilder von Pharao und seiner Großen königlichen Gemahlin zeigten. Auf der dem Freisitz gegenüberliegenden Seite des Hofes ragten zwei breite Tortürme empor, zu denen zwei langsam ansteigende Rampen führten.
    Echnaton und Nofretete traten gemeinsam mit den Prinzessinnen ins Freie und nahmen zwischen den Wedelträgern auf ihren Thronen Platz. Ihnen folgten in gebührendem Abstand erst Ti, Mutnedjemet und ich, dann Aper-el und der Oberbildhauer Thutmosis. Vor dem Herrscherpaar lagen mehr als tausend Menschen – alle Würdenträger und Beamten der neuen Stadt – im Sand des gewaltigen Hofs. Kein Ton war jetzt zu hören, niemand bewegte sich. Da rief Aper-el mit lauter Stimme, die bis in den letzten Winkel des Platzes vernommen wurde:
    «Verneigt Euch vor Seiner Majestät, dem König von Ober- und Unterägypten, dem starken Stier, geliebt von Aton, groß an Königtum in Achet-Aton, der den Namen des Aton erhebt, Neferchepru-Re Waen-Re Echnaton, der von der Wahrheit lebt, Gottherrscher von Achet-Aton!»
    Jetzt, da Echnaton endgültig in seine neue Stadt umgezogen war, hatte er auch seinen Namen geändert und den Bruch mit dem alten Reichsgott Amun endgültig und für alle Menschensichtbar besiegelt. Nicht nur, dass er seinen Geburtsnamen von Amenophis in Echnaton geändert hatte, auch aus seinen übrigen Namen strich er alles, was an den Verborgenen erinnerte oder mit ihm in Verbindung stand.
    Dann rief Aper-el nochmals mit lauter Stimme:
    «Verneigt Euch vor Seiner Großen königlichen Gemahlin Nofretete Nefer-neferu-Aton, Meri Waen-Re!»
    So hatte auch meine Tochter ihren Namen erweitert, um sich ganz dem Aton zu weihen und ihre innige Liebe zu Echnaton zu zeigen: Vollkommen ist die Vollkommenheit des Aton, geliebt von Waen-Re.
    Wie schön sie an diesem Tag anzusehen war! Ihr volles Haar war ganz unter der Krone versteckt, sodass ihr langer schlanker Hals noch mehr zur Geltung kam als sonst, und auch ihre gleichmäßigen Ohren zu sehen waren, ganz ohne Geschmeide. Die säuberlich gestutzten Augenbrauen waren schwarz, und weil auch die Augen selbst nur von dünnen Linien schwarzer Schminke umgeben waren, wirkten sie sehr groß. Die fein gezeichneten roten Lippen hoben sich von ihren hell geschminkten eingefallenen Wangen und von der schmalen, geraden Nase ab. Der Halskragen, den einst Merit trug und den ich Nafteta geschenkt hatte, schmiegte sich an die Schultern und die Brust der so herrlich anzusehenden Königin. Sie trug über einem langen Kleid, das wie der Schurz Pharaos fein gefältelt war, einen weißen, fast durchsichtigen Umhang, der dicht unter den Brüsten von golddurchwirkten Bändern zusammengehalten wurde, sich darunter aber weit öffnete.
    Immer wieder trafen sich die Blicke des Paares, und sie erwiderten ihr Lächeln, das eine unverbrüchliche Liebe offenbarte, als wären sie ein frisch verliebtes Paar. Die Töchter sahen stolzen Blickes auf die Untertanen des mächtigen Vaters nieder, und wenn sie die anstrengende Würde ihrer ernsten Kindermienen nicht mehr aushielten, blickten sie empor zu Vater und Mutter, um von ihnen eine Bestätigung ihres vorbildlichen Betragens zuerheischen. Dann lachten sie fröhlich, Meritaton, wenn sie von ihrer Mutter bei der Hand genommen wurde, und Maketaton, wenn Echnaton seinen kleinen Liebling hochhob, um sie in seinen Armen zu halten und sie zärtlich auf die Wange zu küssen. Die Mädchen hatten genug Würde zelebriert und durften jetzt fröhlich und aufgeregt den Menschen zuwinken, die sich auf Befehl Aper-els erhoben hatten und die ihr Herrscherpaar stürmisch

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