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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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schwindelnde Höhen ließ Hatschepsut Maat-ka-Re die Priester steigen, nur damit sie es hinnahmen, dass eine Frau als Pharao auf dem Thron Ägyptens saß und sie dem rechtmäßigen Herrscher über viele Jahre die Doppelkrone verweigerte! Ich will, dass Tutanchaton aus eigener Machtvollkommenheit und weil es der Götter Wille ist über Ägypten herrscht, und nicht, weil ihm Priester durch in nichts begründete Zugeständnisse gnädig gesonnen sind. Wie zerbrechlich, wie vergänglich wäre ein darauf gebauter Machtanspruch! Sie mögen bekommen, was ihnen zusteht. Aber der Herr über alle Befehle, Haremhab, der Herr darf in diesem Land einzig der Gute Gott sein und nicht der Erste Sehende des Amun, ganz gleich, wie er heißt!»
    Haremhab stimmte mit mir überein, auch wenn es ihm nicht leicht fiel. Er hätte es wohl lieber gesehen, wenn ich den Ersten Sehenden Meriptah als eine Art Mitregenten geduldet hätte. Haremhab hätte dann im Norden freie Hand gehabt, während hier im Süden einer auf den anderen aufgepasst hätte, um bei Meinungsverschiedenheiten das letzte Wort dem General zu überlassen. Ich versprach ihm, alle Entscheidungen, die über Waset hinaus von Bedeutung waren, mit ihm abzusprechen, und er sagte mir dasselbe zu.
    So gingen wir auseinander.

ZEHN
    Alle guten und reinen Dinge opferst du:
    Tausende an kühlem Wasser, Tausende an Wein,
    Tausende an Weihrauch und Tausende an Blumen.
    Du gibst Myrrhen auf das Feuer von Re-Harachte.
     
    H aremhab wurde so feierlich verabschiedet wie sonst nur Pharao selbst. Im Namen Tutanchatons übertrug ich ihm in der großen Audienzhalle in aller Form den Oberbefehl über die vier Divisionen Pharaos, und das Herrscherpaar selbst begleitete den Zug vom Palast zum Hafen, wo die Kriegsflotte bereitlag. Dort verlas ich den Befehl unseres Herrschers, die Länder Syriens von den Hethitern zu befreien und ihre Völker wieder zu Untertanen des Guten Gottes zu machen. Unter dem Schall Hunderter Posaunen und dem bedrohlichen Getöse der Kriegstrommeln lief die Flotte aus.
    «Möge er Ägypten wieder zu alter Größe zurückführen», sagte ich zu Nassib, als das letzte Schiff hinter der Flussbiegung verschwand.
    Es sollte mehr als ein Jahr vergehen, ehe ich Haremhab wieder sah.
     
    Die Schildkröte, so nannten Nassib und ich insgeheim Maja, den ersten Schreiber Echnatons, die Schildkröte war genau der Mann, dessen Hilfe ich jetzt brauchte. Er verdankte seine hohe Stellung allein der Gunst Echnatons, und ich wusste, dass nachEchnatons Tod niemand außer Mahu und mir selbst bereit war, dem neuen Herrscher so bedingungslos und gehorsam zu dienen wie ebenjener Maja. Aus diesem Grund hatte ich ihn auch nicht nach Achet-Aton zurückgeschickt, sondern gebeten, Tutanchaton hier in Waset zu Diensten zu sein. Ich kannte kaum jemanden, der über ein derartiges Gedächtnis verfügte wie er. Niemanden, der sich in kürzester Zeit den Inhalt unterschiedlichster Schriftstücke, auch wenn sie äußerst umfangreich waren, so einprägen konnte wie er. Vor allem war sein Gedächtnis von Dauer: Mochten auch Tage oder Wochen vergangen sein, er wusste noch genau, was er einmal gelesen hatte.
    «Wer lügt», sagte er immer mit vergnügtem Gesicht und hob dabei langsam und mahnend den Zeigefinger, «wer lügt, braucht ein gutes Gedächtnis!» Er meinte freilich nicht sich selbst, sondern diejenigen, die er bei Durchsicht der Steuerlisten des Betruges überführt hatte. In einer Bedächtigkeit, die mich stets ungeduldig werden ließ und die ihm schließlich seinen heimlichen Namen eingetragen hatte, rollte er auf dem langen Tisch in Pharaos Arbeitszimmer einen Papyrus aus, um danach ebenso bedächtig auf seinem oberen und unteren Ende je einen Gedenkkäfer zu legen, damit sich das Schriftstück nicht wieder einrollen konnte.
    «Ihr werdet gleich sehen, Gottesvater Eje, wie dumm manche Menschen sind!»
    Dann legte er in gleicher Weise einen zweiten Papyrus daneben und begann schließlich mit seinen Ausführungen. «Seit zwei Monaten lese ich nichts anderes als die Unterlagen der Steuereintreiber von Waset nur für Getreide. Zu einer anderen Arbeit bin ich noch gar nicht gekommen. Hier seht Ihr die Aufzeichnung betreffend die Felder eines Mannes mit dem verheißungsvollen Namen Merimaat. Ja, Gottesvater, dieser Mann wird bald wahrhaft von Maat geliebt werden», setzte er nach und hob wieder den rechten Zeigefinger. Nickend forderte ich ihn auf, fortzufahren.
    «Vor der letzten Überschwemmung hatten die

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