Im Land des Roten Ahorns
geben. Da sie zwischendurch anlegen mussten, würde sie Gelegenheit haben, ihr Herbarium zu füllen und sich Notizen zu machen. Mittlerweile hatte sie beschlossen, einen Reisebericht zu schreiben als Ermutigung für alle, die vorhatten, dieses Land zu besuchen.
Die Angst, dass Warwick hier auftauchen könnte, war allmählich in den Hintergrund getreten. Endlich würde sie das Abenteuer erleben, das sie sich schon so lange erträumt hatte!
»Warum lässt du die Stämme nicht einfach mit dem Zug transportieren?«, fragte sie schließlich und wandte sich zu Connor um.
»Weil die Bahnlinie noch nicht bis überall hinreicht.« Er trat hinter Jaqueline und umfasste ihre Taille. »Außerdem könnte ein Zug diese Massen an Holz niemals transportieren. Die Lokomotiven sind noch nicht stark genug. Das Wasser wird sicher noch eine Weile das vorrangige Transportmittel für Holz bleiben. Außerdem ist es kostengünstiger.«
»Und wir könnten die Floßtour nicht machen, wenn du das Holz per Bahn transportieren würdest.«
Connor küsste ihre Schläfe. »Das ist wohl das wichtigste Argument.«
Wenn er ehrlich war, freute er sich auch aus einem anderen Grund, von hier wegzukommen. Noch hatte er zwar nichts vom alten Bonville gehört, aber er wusste, dass der die geplatzte Verlobung nicht einfach hinnehmen würde. Ein Mann wie George tat nichts unüberlegt. Auch wenn Marion die Verlobung gelöst hat, wird er mir die Schuld dafür geben und versuchen, mir zu schaden, dachte Connor.
»Wollen wir dann?«, fragte er Jaqueline.
»Ja, sehr gern!«
Draußen wartete bereits die Mannschaft bei den Flößen. Ihr gegenüber hatte Connor kein Geheimnis aus seinem Verhältnis zu Jaqueline gemacht. Die Männer, von denen einige Marion offensichtlich nicht gemocht hatten, behandelten Jaqueline stets zuvorkommend.
Im Unterschied zu Marion, die stets einen gewissen Dünkel vor sich her trug, war Jaqueline freundlich zu seinen Angestellten. Vom ersten Tag an antwortete sie höflich auf deren Fragen und bemühte sich um deren Sympathie, indem sie sich zurückhaltend verhielt. Und heute Morgen hatte sie seine Leute in den Arbeitspausen sogar mit Getränken versorgt.
Der Anblick der Hausflöße faszinierte Jaqueline erneut, als sie vor ihnen stand. Auf der aus mächtigen Stämmen bestehenden Basis hatten die Männer Hütten errichtet, deren Wände nicht genagelt, sondern durch ein kompliziertes Keilverfahren entstanden waren, sodass man sie in Windeseile wieder auseinanderbauen konnte. Connor hatte ihr erklärt, dass sie kein Stück Holz wieder mit zurücknehmen würden, alles werde verkauft. Die Lastflöße, die dem Teppich aus Baumstämmen folgen würden, waren dazu gedacht, all das Holz zu transportieren, das zu klein war, um es zu flößen.
Nachdem Connor die Männer instruiert und eindringlich zur Vorsicht ermahnt hatte, begaben sich alle auf die Flöße. Die Haltetaue wurden gekappt, und wenig später trug die Strömung das Holz und die Flöße langsam vom Ufer weg.
»Jetzt kannst du mir nicht mehr entkommen«, flüsterte Connor Jaqueline zu, die sich an einem Tau festhielt, um vom Rucken des Floßes nicht umgeworfen zu werden.
»Das will ich auch gar nicht.«
Obwohl ihr ein wenig mulmig zumute war, konnte sie sich in dem Augenblick nichts Schöneres vorstellen, als hier bei Connor zu sein. Es war, als trage dieses Floß sie in die Freiheit, weit fort von allen Sorgen.
Jaqueline beobachtete, wie St. Thomas langsam hinter ihnen verschwand. Die Häuser wurden kleiner, sodass sie bald wie eine Miniaturstadt in einer Kinderstube wirkte. Jenseits der Stadtgrenze erblickte sie vor der Kulisse der mächtigen dunklen Wälder eine Dampflok, die ihre Waggonlast in Richtung Bahnhof zog. Der Dampf, der aus dem Schornstein entwich, schwebte hinauf zum leicht bewölkten Himmel, an dem ein majestätischer Adler seine Kreise zog.
Jaqueline schloss beglückt die Augen und atmete die frische, mit Aromen des Sees und des Holzes angereicherte Luft ein.
Vater hätte dies auch gefallen, sinnierte sie, schob das Vergangene jedoch sofort wieder beiseite.
Warwick beobachtete das Ablegen der Flöße vom Ufer aus durch seinen Feldstecher. Das dichte Gestrüpp bot ihm genügend Deckung.
Während er auf dem einen Hausboot nur Männer sah, bemerkte er auf dem zweiten plötzlich einen roten Haarschopf.
Jaqueline!
Sie ist mit auf dem Floß?
Er hatte zwar geahnt, dass Monahan sie versteckt hielt, doch dass er sie mitnehmen würde, hatte er nicht
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