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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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Erschütterung?«
    »'ne Welle, nichts weiter, Sir«, antwortete der zweite.
    Da Connor nicht sicher war, ob man das wirklich auf die leichte Schulter nehmen durfte, ging er noch einmal zur Backbordseite. Auch hier schien alles normal zu sein. Die Taue, die die Stämme zusammenhielten, waren nass, schienen aber intakt zu sein. Auch der Abstand zwischen den Stämmen hatte sich nicht verändert. Vielleicht war es wirklich nur eine Welle, beruhigte Connor sich und kehrte zu Jaqueline zurück.
    Die anderen Männer schliefen noch immer tief und fest, während Jaqueline gespannt auf ihrem Lager saß.
    »Und?«
    »Alles in Ordnung, Liebes. Den Wachen ist nichts aufgefallen. Wahrscheinlich war es eine Welle.« Damit ließ er sich wieder neben ihr nieder. »Lass uns jetzt schlafen! Morgen kommt viel Arbeit auf uns zu.«
    Als er ins Bett kroch und die Hände nach ihr ausstreckte, sank sie in seine Arme und schmiegte sich an seine Brust. Einfach einschlafen konnte sie allerdings nicht. Immer wieder lauschte sie angestrengt. Sie roch das brackige Wasser und vernahm das Schreien eines Adlers. Ein paar schrille Geräusche, die sie nicht zuordnen konnte, mischten sich dazwischen. Aber sie kamen nicht vom Floß.
    Jaqueline schloss die Augen und driftete davon ins Land der Träume.

9

    Zwei Tage später erreichte das Floß den Niagara River. Die Mannschaft stand vor der Aufgabe, die Flöße und das Holz in den Flussarm zu steuern, der zu den Niagara Falls führte. Die Strömung des Sees in Richtung Flussmündung beschleunigte die Flöße und machte den Kurs zuweilen unberechenbar.
    Jaqueline bewunderte die Arbeit der Männer sehr. Obwohl sie anstrengend war, wirkte sie bei ihnen ganz leicht. Das Stämmelaufen hatte einen tieferen Sinn, erkannte sie nun: Immer wieder mussten die Männer die schwimmende Brücke aus Stämmen überqueren, um sie mit langen Stangen vom Ufer fernzuhalten und in den Fluss zu lenken. Connor nahm sich von dieser gefährlichen Arbeit nicht aus, sondern half tatkräftig mit.
    Um den Männern nicht im Weg zu stehen, verbrachte Jaqueline viel Zeit damit, ihre Erlebnisse aufzuschreiben und kleine Zeichnungen anzufertigen. Oftmals dachte sie dabei an ihren Vater. Wenn sie zu den bewaldeten Bergen aufsah, deren Spitzen bisweilen in den Wolken zu verschwinden schienen, fragte sie sich manchmal, ob er vielleicht vom Himmel aus über sie wachte.
    Abends genoss sie mit Connor das goldene Licht über dem Fluss, das die Bäume leuchten ließ. An den Ufern zeigten sich in der Dämmerung bisweilen Hirsche; scheu huschten sie auf der Suche nach einer Tränke aus dem Wald. Kormorane stürzten sich wagemutig in die Fluten, und von den Wipfeln erklang der raue Ruf des Diademhähers.
    Auch eine mächtige Biberburg versetzte Jaqueline in Erstaunen. »Die ist ja noch größer als die an der Sägemühle!«
    »Hier kann der Biber sein Material auch ungestört zusammentragen.« Connor zog Jaqueline an sich. »Bei uns muss er ständig fürchten, erwischt zu werden.«
    »Aber ihr tut dem Biber doch nichts.«
    »Das weiß er aber nicht. Wahrscheinlich hält er die Äste, die wir ihm hinlegen, für einen guten Fang. Dennoch traut er sich nicht, sich so weit auszubreiten wie dieser Bursche hier.«
    Gegen Mittag des folgenden Tages passierten sie eine Ruine, die sich am Flussufer erhob. Jaqueline war fasziniert von dem Anblick, der sie ein wenig an die Burgen des Rheinlandes erinnerte. Sie deutete auf die verfallenen Mauern.
    »Was stand dort früher mal?«
    »Fort Erie. Ein Armeestützpunkt, der den Engländern im Unabhängigkeitskrieg als Rüstlager diente. Es wurde von den Amerikanern besetzt und vor etwa sechzig Jahren zerstört. Seitdem stehen die Ruinen dort, aber hinter dem Fort hat sich mittlerweile eine Stadt angesiedelt.«
    Wenig später schrieb Jaqueline über all das einen Bericht in ihr Notizbüchlein.
    Am Abend näherten sie sich einer Flussgabelung, in deren Mitte sich eine kleine grüne Insel erhob.
    »Das ist Strawberry Island«, erklärte Connor. »Den Namen hat die Insel, weil sie, von den Uferhängen aus betrachtet, die Form einer Erdbeere hat. Dahinter liegt Pirates Island.«
    »Weil sich dort Piraten angesiegelt haben?«
    »Könnte man meinen. Genau weiß niemand, warum sie so heißt. Aber vielleicht gab es hier wirklich mal Flusspiraten.«
    Jaqueline versuchte sich das Leben von Flusspiraten vorzustellen. Ob sie die Pelzhändler überfallen haben?
    Als sie in der Nacht dort ankerten, stellte sie enttäuscht fest,

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