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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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Fahrkarte gekauft hatte, legte die Taube die Strecke innerhalb von zweieinhalb Wochen zurück. Und das bei weitaus höherem Komfort als auf einem Segelschiff.
    Der Ruf einer Männerstimme schreckte sie aus den Gedanken auf.
    Das Einschiffen begann. Dabei wurde streng nach Decks unterteilt. Die Passagiere, die eine Kabine gebucht hatten, reihten sich rechts ein, die anderen links.
    Jaqueline umklammerte den Griff ihrer Tasche fester. Ein wenig bang wurde ihr schon zumute. Aber die Abenteuerlust siegte. Ob ich das Richtige tue, werde ich ohnehin erst wissen, wenn ich dort bin, dachte Jaqueline.
    Nach einer Weile setzte sich die Schlange der Wartenden in Bewegung.
    Erst jetzt fiel ihr auf, wie viel Gepäck die anderen Reisenden bei sich hatten. Einige mühten sich sogar mit einem riesigen Schrankkoffer ab, in dem man bequem einen Menschen hätte unterbringen können. Jaqueline kam sich mit ihrer Teppichstofftasche erbärmlich vor. Aber immerhin hatte sie für die Überfahrt eine Kabine gebucht.
    Der Offizier, der die Passagiere der ersten und zweiten Klasse begrüßte, war zu Jaquelines Überraschung noch recht jung. Die Uniform stand ihm hervorragend. Was für Augen!, schwärmte sie insgeheim. Und was für ein Lächeln!
    »Name?«, fragte er, nachdem sich ihre Blicke getroffen hatten.
    »Jaqueline Halstenbek.«
    Der Offizier suchte eine Weile, dann nickte er und setzte einen Haken auf seiner Liste. »Sie haben Kabine neunzehn. Angenehme Reise.«
    Während die Passagiere der ersten und zweiten Klasse damit bereits abgefertigt waren, mussten die Zwischendeckpassagiere eine medizinische Untersuchung über sich ergehen lassen. Jaqueline beobachtete, dass ein Mann in dunklem Gehrock die Stirn einer Frau befühlte, bevor er an deren Hals herumdrückte. Als ob Armut gleichbedeutend mit Krankheit wäre!, ging ihr empört durch den Sinn.
    Über ihre Beobachtung wäre Jaqueline beinahe mit einem Lastenträger zusammengestoßen, der mit einem lauten Murren zur Seite auswich.
    »He, pass doch auf!«
    »Entschuldigung!«, murmelte Jaqueline und verschwand auf der Treppe nach unten.
    Ihre Kabine lag am Ende des Ganges. Zahlreiche andere Fahrgäste waren damit beschäftigt, ihre Gepäckstücke durch die schmalen Türen zu manövrieren, sodass sie immer wieder stehen bleiben musste, weil jemand rückwärts aus der Kabine trat, um einen weiteren Koffer zu holen.
    Als sie ihre Unterkunft endlich erreicht hatte, strömte ihr ein seltsamer Geruch entgegen. Jaqueline krauste die Nase, während sie einen Rundblick durch die Kabine warf.
    Sie war karg eingerichtet, wirkte aber sauber. Es gab eine Schlafkoje, die sie mit einem Vorhang schließen konnte, außerdem einen kleinen Schrank, einen Stuhl und einen Tisch, der am Boden festgeschraubt war. Der penetrante Geruch, offenbar von einem Putzmittel, entströmte dem Fußbodenbelag.
    Jaqueline stieß die Tür hinter sich zu und stellte ihre Tasche auf dem Stuhl ab. Der Blick aus dem kleinen Bullauge zeigte ihr einen grauen Himmel und darunter ein grüngraues Meer, auf dem eine Möwe schaukelte.
    Das wird also meine Heimat für zwei oder drei Wochen sein, dachte sie, während sich gemischte Gefühle in ihr breitmachten. Sie freute sich auf die Reise und war gespannt auf Kanada, doch zugleich erfüllte es sie mit Trauer, dass sie ihre Heimat zurücklassen musste. Ob ich Vaters und Christophs Grab je wiedersehen werde?, fragte sie sich. Und ob ich jemals erfahren werde, ob Christophs Mörder gefunden werden? Vielleicht wird mir die Entfernung zu Hamburg helfen, all die schrecklichen Ereignisse zu vergessen ...
    Als die Taube endlich ablegte, kehrte Jaqueline aufs Oberdeck zurück. Dort drängten sich bereits die Passagiere, die ihren zurückbleibenden Verwandten und Freunden noch ein letztes Mal zuwinken wollten. Obwohl sie wusste, dass niemand für sie da war, drängte sie sich durch die Menge. Es war nicht leicht, ein freies Fleckchen an der Reling zu ergattern. Von dort beobachtete sie, wie die Gangways eingezogen wurden. In der Ferne läutete Sankt Michael, den die Hamburger nur »den Michel« nannten, elf Uhr, doch die Glockenschläge wurden im nächsten Augenblick von einem lauten Tuten übertönt. Die Dampfmaschinen liefen an. Der Lärm wurde schließlich so ohrenbetäubend, dass er die Abschiedswünsche der Menschen verschluckte.
    Während alle rings um Jaqueline winkten, umklammerte sie mit eiskalten Händen die Reling. Nun ist es so weit, dachte sie. Es gibt kein Zurück mehr.
    Dieser

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