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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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dachte Jaqueline, als sie erkannte: Das ist der Mann auf meinem Foto! Noch einmal blickte sie prüfend auf das Bildnis. Ja, kein Zweifel, der Mann ist Alan Warwick! Aber warum legt er solch ein schreckliches Verhalten an den Tag?
    Als er sie bemerkte, hellte sich seine finstere Miene schlagartig auf. Er zog sein Jackett zurecht und steuerte direkt auf sie zu.
    »Miss Halstenbek?«
    »Ja, die bin ich«, antwortete sie, während sie die Fotoplatte rasch in die Manteltasche schob.
    Sein Gesicht verzog sich zu einem gewinnenden Lächeln.
    »Ich bin Alan Warwick.« Er reichte ihr die Hand.
    Jaqueline ergriff sie zögerlich. Sie war von seinem Auftreten überrascht. Er sieht aus wie einer der Viehbarone, von denen ich an Bord der Taube so viel gehört habe. Und er ist wesentlich älter als auf dem Bild.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, erklärte Jaqueline höflich. »Wie haben Sie mich in der Menge ausfindig gemacht?«
    »Ich habe nach einer wunderschönen jungen Frau Ausschau gehalten, die sich suchend umblickt«, antwortete Warwick lachend. »Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich ein paarmal danebengelegen. Das Risiko war es mir allerdings wert, sonst hätte ich wohl noch heute Abend nach Ihnen gesucht.«
    Jaqueline musste zugeben, dass er sehr charmant war. Dennoch wollte sie keine Begeisterung überkommen. Sein rücksichtsloses Drängeln passt nicht zu seiner Erscheinung. Wahrscheinlich bin ich einfach nur erledigt von der Reise, versuchte sie sich einzureden.
    »Ich muss zugeben, dass Sie meine Erwartungen übertreffen.« Warwick beugte sich vor, um ihr einen Handkuss zu geben. »Ich habe bereits vermutet, dass Sie eine wunderschöne Frau sind, aber die Wirklichkeit übertrifft meine Vorstellung noch. In ganz Boston werden Sie keine Lady finden, die liebreizender ist als Sie.«
    Jaqueline errötete. In den Briefen hatte er doch so einen zurückhaltenden Eindruck gemacht. Sollte sie sich in ihm getäuscht haben?
    »Bitte verzeihen Sie mir meine Direktheit«, lenkte Warwick ein, als er ihre Verlegenheit bemerkte. »Ich bin einfach nur überwältigt davon, Sie endlich zu treffen. Die ganze Zeit über habe ich mir vorzustellen versucht, wie Sie wohl aussehen. Und jetzt stehen Sie vor mir.«
    Jaquelines Wangen glühten. »Wissen Sie vielleicht, wo es hier eine gute Wechselstube gibt?«, fragte sie unvermittelt.
    »Eine Wechselstube?«
    »Ja, eine, die nicht betrügt, wenn ich mein restliches Geld umtausche.«
    »Nun, damit werden Sie wohl warten müssen, bis wir in Buffalo sind. Den Wechselstuben auf dieser Seite traue ich nicht. In Buffalo werden Sie garantiert nicht übers Ohr gehauen.«
    Wie soll ich das überprüfen?, fragte sich Jaqueline, schalt sich dann aber für ihr Misstrauen. Alan will sicher nur mein Bestes.
    Warwick erlöste sie schließlich aus ihrer Verlegenheit. »Wir sollten so schnell wie möglich aufbrechen, damit wir bei Einbruch der Dunkelheit geschütztes Gelände erreicht haben. Meine Kutsche steht da drüben.«
    Geschützt wovor?, fragte Jaqueline sich erstaunt, während Warwick ihr seinen Arm anbot. Da bemerkte sie, dass Warwick einen Revolver mitsamt Patronengurt trug, dessen Geschosse gefährlich glitzerten. Ihr wurde beklommen zumute.
    »Solche Wagen bieten zahlreiche Vorteile«, erklärte Warwick nun.
    Offenbar hatte er ihre Verwunderung bemerkt und auf sein Fahrzeug bezogen, das Jaqueline erst jetzt richtig wahrnahm. Es war kein Landauer, sondern ein einfacher Planwagen, wie sie ihn aus Illustrationen von Geschichten über amerikanische Siedlertrecks kannte.
    »Durch die Plane sind Ladung und Personen vor Wind und Wetter geschützt. Außerdem ist der Wagen so groß, dass er genügend Platz zum Schlafen bietet.«
    Jaqueline erschrak. Müssen wir etwa im Freien übernachten? Bei der Kälte? Das kann nicht sein Ernst sein!
    »Wie lange dauert die Fahrt bis nach Chatham denn?«, fragte sie kleinlaut.
    Sie ganz allein mit diesem Mann irgendwo mitten in der Wildnis? Ließ sich das wirklich nicht vermeiden? Ob es keine Gasthäuser gab? Sie versuchte, sich ihre Beunruhigung nicht anmerken zu lassen.
    »Gut drei bis vier Tage. Deshalb habe ich den Planwagen genommen. Da draußen gibt es nur noch wenige Handelsposten, an denen wir Halt machen können, von Ortschaften ganz zu schweigen. Mein Haus liegt nicht direkt in Chatham, sondern etwas außerhalb. Der Wagen wird uns gute Dienste leisten bei dem Wetter.«
    Jaqueline blickte besorgt zum Himmel, an dem sich die Wolken drohend

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