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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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Christoph damals nicht umzustimmen war.
    Schlecht sah es bei den Ermittlungen der Polizei aus. Die Männer, die Christoph angegriffen hatten, waren nicht auffindbar, und Fahrkrog wusch seine Hände in Unschuld. Würde der Fall je geklärt werden? Jaqueline hoffte es inbrünstig. Sie hatte Martin Petersen das Versprechen abgenommen, sie zu informieren, sollten die Mörder gefasst werden.
    Heute Morgen beginnt mein neues Leben!, sagte Jaqueline sich. Sie zwang sich, das nervöse Zwicken in ihrem Magen zu ignorieren, und begab sich mit ihrem Gepäck nach unten.
    Wie sie an dem köstlichen Geruch, der durchs Haus waberte, erkennen konnte, hatte Frau Petersen die Köchin angewiesen, ein üppiges Frühstück herzurichten, damit Jaqueline sich nicht mit leerem Magen einschiffen musste.
    Lilly deckte bereits den Tisch.
    »Guten Morgen, Herta, guten Morgen, Lilly!«, rief Jaqueline fröhlich.
    Die beiden Frauen blickten auf.
    »Guten Morgen, Kindchen!«, entgegnete die Köchin, wie es ihre Art war, während Lilly nur mit einem Nicken reagierte. »Setzen Sie sich! Das Frühstück ist gleich fertig.«
    Jaqueline bezweifelte, dass sie überhaupt einen Bissen herunterbekommen würde.
    Aber darauf nahm Herta keine Rücksicht. Munter stapelte sie Rührei mit Schinken auf Jaquelines Teller.
    »Wer weiß, wann Sie wieder so etwas Gutes kriegen, Kindchen. Außerdem habe ich gehört, dass in Kanada fast nur Franzosen und Engländer wohnen. Die haben keine Ahnung von richtigem Essen.«
    Jaqueline musste unwillkürlich schmunzeln. Dass die Franzosen für ihre Küche weltberühmt waren, schien Herta geflissentlich außer Acht zu lassen. Da sie die gute Seele nicht kränken wollte, begann sie brav zu essen, und nach den ersten Bissen hatte sie sogar Appetit.
    Als sie fertig war, verabschiedete sie sich von Herta und bekam von ihr noch einen Proviantbeutel mit.
    »Für den Fall, dass der Schiffskoch keine Ahnung hat«, kommentierte sie und zog Jaqueline dann an ihre üppige Brust.
    Nachdem die Köchin sie wieder freigegeben hatte, ging Jaqueline in die Wohnstube, wo Martin Petersen und seine Frau sie bereits erwarteten.
    »Geben Sie gut auf sich Acht«, gab Marie ihr mit auf den Weg. »Und melden Sie sich gelegentlich, damit wir wissen, wie es Ihnen geht.«
    »Das werde ich tun. Sobald ich an Land bin, werde ich den ersten Brief an Sie absenden.«
    Martin Petersen steckte ihr einen Umschlag zu. »Damit Sie sich Briefpapier und Marken kaufen können.«
    Jaqueline ahnte, was das Kuvert enthielt.
    »Aber ich kann doch nicht ...«, presste sie erschrocken hervor, doch der Anwalt duldete keinen Widerspruch.
    »Nehmen Sie es, und werden Sie glücklich in der Neuen Welt.«
    »Vielen Dank für alles, was Sie für mich getan haben. Ich werde die unbeschwerten Tage in Ihrem Haus nie vergessen.« Damit ließ sie den Umschlag in ihrer Tasche verschwinden.
    Das Dampfschiff bot einen imposanten Anblick mit den hohen Masten, dem riesigen Schornstein in der Mitte und dem wuchtigen, schwarz angestrichenen Rumpf. Der Name Taube prangte als verwaschener Schriftzug am Bug.
    Möge es mich rasch wie eine Brieftaube nach Boston bringen, wünschte sich Jaqueline, während sie zur Gangway schritt. Dort reihte sie sich in die Menge der Wartenden ein. Es handelte sich offenbar um Menschen aller Gesellschaftsschichten. Elegante Reisekostüme und Gehröcke waren ebenso vertreten wie abgewetzte Mäntel und Arbeiterjacken. Einige Kinder spielten unbeeindruckt von den Warnungen der Arbeiter neben den Proviantkisten, die gerade aufgeladen wurden.
    Wieder glitt Jaquelines Blick über das Schiff, das von kreischenden Möwen umkreist wurde wie ein Fischkutter.
    Was für ein Koloss!, dachte sie fasziniert. Vater hätte den Anblick geliebt.
    Anton Halstenbek hatte seine Schiffsreisen meist auf Klippern gemacht. Diese Schiffe waren für ihre Schnelligkeit berühmt und für die Zustände an Bord berüchtigt.
    Jaqueline hatte vor etwa vier Jahren einen Zeitungsartikel über ein Rennen von Teeklippern gelesen. Der Reporter berichtete mit atemberaubenden Worten von den Schwierigkeiten, denen sich die Mannschaften der neunundneunzig teilnehmenden Schiffe gegenübersahen. Gefährliche Stürme mit heftigem Seegang hatten den Männern einiges abverlangt. Jaqueline hätte solch eine Fahrt nicht gereizt. Noch immer verkehrten Klipper zwischen Europa und Amerika, doch sie hatte sich für eines der neuen Dampfschiffe entschieden.
    Laut Aussage des Schalterbediensteten, bei dem sie die

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