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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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bestens gelaunt. Damit wandte er sich ab und zauberte ein Kaninchen aus der anderen Satteltasche.
    Mit Widerwillen betrachtete Jaqueline das Tier, das sich vermutlich in einer Schlingenfalle das Genick gebrochen hatte. Als Warwick damit in der Küche verschwand, fragte sie sich insgeheim, ob sie auch so ein wehrloses Geschöpf sei, das arglos in seine Falle getappt war.
    Beim Kanincheneintopf, den Warwick zu Jaquelines Erleichterung ganz allein zubereitet hatte, versuchte Jaqueline, nicht an das arme Tier zu denken, das auf ihrem Teller lag. Wenn sie ehrlich war, schmeckte das Essen gar nicht so schlecht. Obwohl Warwick beim Kochen an Rotwein nicht gespart hatte und ein Glas Wein nach dem anderen trank, gelang es ihr nicht, etwas über seine Geschäfte herauszubringen. Geschickt wich er auch allen Nachfragen nach persönlichen Dingen aus. Jaqueline gelang es nicht einmal, etwas über seine Familie in Erfahrung zu bringen.
    »Mein Verhältnis zu ihr ist nicht besonders gut«, antwortete Warwick lapidar. »Wir haben den Kontakt schon vor langer Zeit abgebrochen.«
    Was sollte sie da noch fragen?
    Recht früh begab sie sich wieder in ihr Zimmer.
    »Ich bin von dem Spaziergang sehr müde«, schützte sie vor und wünschte Warwick eine gute Nacht.
    Sie verzichtete jedoch darauf, sich umzuziehen, denn sie hatte beschlossen, Nachforschungen anzustellen, und wollte nicht noch einmal im Nachthemd von Warwick erwischt werden.
    Ich muss vorsichtig sein, ermahnte sie sich, während sie sich aufs Bett sinken ließ und lauschte.
    Als die Geräusche in der unteren Etage verklungen waren, erhob sie sich wieder. Sie war sicher, dass sich Warwick zur Ruhe begeben hatte. Wo sein Schlafzimmer lag, wusste sie nicht, wahrscheinlich gehörte es zu den abgeschlossenen Räumen. Aber danach suchte sie nicht.
    Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür, öffnete sie einen Spalt breit und spähte nach draußen. Als sie glaubte, dass die Luft rein sei, trat sie auf den Gang.
    Wenn er meine Papiere hat, bewahrt er sie sicher in seinem Arbeitszimmer auf, dachte sie. Und wenn ich sie dort nicht finde, suche ich eben woanders. Sie hoffte nur, dass er die Türen während seiner Anwesenheit nicht auch abschloss.
    Vorsichtig stieg sie die Treppe hinunter, ohne die knarrende Stufe zu benutzen. Es war stockdunkel in der Halle.
    Bestimmt muss ich in dem Raum suchen, in dem er sich die letzten Nächte aufgehalten hat, dachte sie und lauschte angestrengt.
    Gottlob! Alles war ruhig. Langsam tastete Jaqueline sich vor. Endlich bekam sie die Klinke zu fassen. Als das Schloss aufschnappte, hielt sie den Atem an und blickte sich noch einmal um.
    Noch immer war nichts von Warwick zu sehen.
    Erleichtert stieß sie die Tür auf und trat ein.
    Im Mondlicht erkannte Jaqueline einen Schreibtisch und Regale. Zahllose Kisten stapelten sich an einer Wand.
    Überall lagen Schriftstücke und Geschäftsbücher verstreut. Ungeöffnete Briefe stapelten sich unordentlich auf dem Schreibtisch. Darauf bedacht, möglichst nichts an diesem Chaos zu verändern, nahm sie das oberste Schreiben vom Stapel und ging damit an die Stelle, die vom Mondlicht am besten beleuchtet wurde.
    Es war die Mahnung eines Pelzhändlers, der die Bezahlung für seine Waren einforderte. Die Summe war beträchtlich. Warwick hatte Pelze im Wert von tausend kanadischen Dollars erhalten, sie jedoch nicht bezahlt.
    Jaqueline vermutete, dass Warwick wohl so etwas wie ein Gemischtwarenhändler war - oder der Inhaber eines Warenhauses.
    Tatsächlich fand sie unter den Briefen, die sie vorsichtig anhob und nach dem Lesen sorgsam an den alten Platz zurücklegte, auch welche, die an eine Geschäftsadresse in Detroit gerichtet waren.
    Die Stadt liegt doch jenseits der amerikanischen Grenze, wunderte sie sich. Sollte Warwick nach Chatham geflohen sein, um seinen Gläubigern zu entgehen?
    Schließlich fand Jaqueline Schreiben, wie sie sie selbst nur zu gut kannte. Es waren Pfändungsbescheide.
    Warum hat er dann dieses Haus hier gekauft, und woher stammen die Möbel?, fragte sich Jaqueline erschrocken, während ihr das Herz bis zum Hals klopfte. Hat er sie beiseitegeschafft, als abzusehen war, dass sein Unternehmen scheitern würde?
    »Das ist also der Dank für alles!«, donnerte plötzlich eine Stimme hinter Jaqueline.
    Erschrocken wich sie vom Schreibtisch zurück. Mit rasendem Herzen und zitternden Händen wirbelte sie herum.
    Warwick, der in dunkler Kleidung vor ihr aufragte, erschien ihr wie ein böser Dämon.
    »Ich

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