Im Land des Roten Ahorns
während er ihre Schenkel spreizte und seine Hose öffnete.
Im selben Moment schmetterte Jaqueline ihm mit aller Kraft die Flasche auf den Schädel. Ein Whiskeyschwall ergoss sich über sein Gesicht, und das zerbrechende Glas schnitt ihm tief in die Stirn.
Warwick heulte auf und wischte sich die Augen. Jaqueline wälzte sich zur Seite und rappelte sich auf, so schnell sie konnte. Ihre Knie waren butterweich, ein Schwindel tobte in ihrem Kopf. Aber sie dachte an nichts anderes als an die Flucht. Sie rannte zur Tür in der Absicht, in der Waschküche eine Scheibe einzuschlagen. Da spürte sie einen harten Schlag am Hinterkopf.
Ihr wurde schwarz vor Augen, sie sackte in die Knie und fiel vornüber.
Als Jaqueline wieder zu sich kam, blickte sie an eine weiße Zimmerdecke. Der Geruch nach Staub und Holz drang ihr in die Nase. Ein kühler Luftzug, der unter dem Fenster hervorwehte, strich über ihr Gesicht.
Ich bin wieder in meinem Gefängnis!, begriff sie.
Plötzlich überlief es sie heiß und kalt. Hatte Warwick ihre Bewusstlosigkeit ausgenutzt und war über sie hergefallen? Jaqueline richtete sich auf, sah an sich hinunter und riss die Röcke hoch. Doch da war kein Blut, und sie spürte auch keinen Schmerz. Erleichtert lehnte sie sich an die Wand. Das Tablett mit ihrer Mahlzeit war verschwunden. Offenbar wollte Warwick sie aushungern.
Solch eine Fluchtgelegenheit werde ich nie wieder bekommen, dachte sie, und die Ausweglosigkeit ihrer Lage wurde ihr bewusst. Was sollte sie nur tun? Überwältigt von Verzweiflung, brach sie in Tränen aus.
Schritte vor der Tür. Schnell wischte Jaqueline sich das Gesicht trocken.
Da ist er wieder, dachte sie ängstlich. Wird er es wieder versuchen?
Bevor die Tür aufgeschoben wurde, zog sie sich in die äußerste Ecke des Raums zurück.
Schon torkelte Warwick mit einem trunkenen Lächeln herein. Er hatte seine Verletzung nur notdürftig verbunden, seine Wangen waren noch immer blutverschmiert.
»Du hast Glück, dass ich dich und dein Geld brauche.« So, wie er sprach, hatte er seine Schmerzen mit Alkohol betäubt.
Obwohl Jaqueline vor Angst schlotterte, nahm sie sich vor, keine Schwäche zu zeigen.
»Ich habe kein Geld«, erklärte sie, obwohl es vielleicht besser gewesen wäre, in diesem Augenblick zu schweigen.
»Doch, du hast welches! Ich weiß es genau, dein Vater war ein reicher Mann. Schon damals, als er noch in Kanada war.«
Jaqueline schloss verzweifelt die Augen.
Was kann ich tun, damit er Vernunft annimmt? Hat der Schlag auf den Kopf ihn noch verrückter gemacht?
»Erlaubst du dir so etwas noch mal, prügele ich dich windelweich. Zur Strafe kriegst du bis auf weiteres nichts zu essen. Wenn du es dir überlegt hast, sag mir Bescheid! Dann hol ich den Reverend, damit er uns traut.«
Damit schlug er die Zimmertür hinter sich zu.
Jaqueline legte die Stirn auf die Arme. Obwohl ihre Augen vor Zorn und Verzweiflung brannten, konnte sie nicht weinen.
Ich muss hier raus!, beschwor sie sich. Ich muss einen Weg finden, um von hier zu verschwinden.
Jaquelines Magen knurrte, und ihr war kalt. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Sie wusste nur: Sie würde nicht nachgeben.
Vater, wenn du mich so sehen könntest, dachte sie. Wie um alles in der Welt bist du bloß an diesen Warwick geraten? Warum hast du geglaubt, er sei dein Freund?
Oder hat erst die Not ihn zu diesem Monster gemacht?
Vielleicht wäre es besser, ich würde hier erfrieren.
Doch es war nicht der Tod, der sie in die Arme nahm, sondern der Schlaf.
Ein dumpfes Grollen weckte Jaqueline wieder.
Ein Blitz fuhr gleißend vom Himmel, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donnern, das den Boden vibrieren ließ.
Jaqueline erschrak und sprang auf. Instinktiv suchte sie Halt an der Wand, während sie aus dem Fenster blickte.
Wieder ging ein Blitz nieder, und bevor das Donnergrollen einsetzen konnte, ein zweiter. Der Wald hinter dem Haus wurde gespenstisch beleuchtet, während der Himmel wie verbrannt aussah.
Wie lange mag das Gewitter schon toben?
Den nächsten Donnerschlag spürte Jaqueline hart in der Brust, doch seltsamerweise hatte sie keine Angst.
Wenn ich nur hier rauskönnte!, dachte sie. Ich würde mich im Gewitter nicht fürchten. Hätte ich nur etwas, womit ich die Scheiben einschlagen könnte!
Sie blickte sich erneut im Zimmer um - vergeblich. Nur eine alte Zeltplane lag in einer Ecke.
Da ertönte ein markerschütterndes Krachen, das deutlich anders klang als der Donner. Das Haus
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