Im Land des Roten Ahorns
war sie bereits in Gefangenschaft, drei Tage, die sie in einem kahlen, ungeheizten Raum ausgeharrt hatte.
Warwick will mich mürbe machen, dachte sie, während sie fröstelnd die Knie umschlang. Aber ich werde ihn niemals heiraten!
Die ganze Zeit hatte sie versucht, ihn davon zu überzeugen, dass sie außer dem Inhalt der Tasche nichts weiter besaß. Doch Warwick glaubte ihr nicht. Erst gestern früh, als er ihr das Essen gebracht hatte, hatte er ihr vorgehalten, wie viel Geld sie bei sich gehabt hatte. Geld, das er längst durchgebracht hatte, wie er inzwischen eingestanden hatte.
Auf Jaquelines Empörung hatte er nur mit einem »Wenn du erst meine Frau bist, ist dein Geld ohnehin mein Geld« reagiert und war wieder verschwunden.
Als die Tür nun erneut aufflog, schreckte sie zusammen. Entgegen ihrer Erwartung hatte Warwick an diesem Morgen doch nicht das Haus verlassen.
Er trug ein Tablett herein und musterte sie mit glasigen Augen.
Brot, getrocknetes Fleisch, Hartkekse und ein Apfel. Dazu ein kleiner Krug Wasser - die Tagesration für die Gefangene, dachte Jaqueline bitter.
Alkoholdünste gingen von Warwick aus. Ob er getrunken hatte?
Seine hochroten Wangen und sein unsteter Blick sprachen für diese Vermutung.
»Und, hast du es dir überlegt?«, lallte er und setzte das Tablett neben Jaqueline ab.
Als er sich wieder aufrichtete, geriet er ins Schwanken.
Er hat tatsächlich getrunken, dachte Jaqueline und wusste plötzlich:
Dies ist meine Chance!
Statt zu antworten, sprang sie blitzschnell auf und stürmte aus dem Zimmer.
»Dreckiges Miststück! Bleib stehen!«
Jaqueline schnürte es vor Angst die Kehle zu, als sie seine schweren Schritte hinter sich vernahm, doch ihre Beine gehorchten ihr. Sie rannte so schnell sie nur konnte zur Haustür. Bitte, lieber Gott, bitte mach, dass sie nicht abgeschlossen ist!, flehte sie innerlich.
Als sie nach der Klinke griff, ertönte hinter ihr ein hämisches Gelächter.
Die Tür war verschlossen.
Nachdem Jaqueline den Schock überwunden hatte, wirbelte sie herum. Warwick stürmte wie ein rasender Stier auf sie zu.
Die Küche!, durchfuhr es sie. Vielleicht ist der Dienstboteneingang offen.
Warwick geschickt ausweichend, rannte sie in den hinteren Teil des Hauses. Obwohl sie Seitenstiche bekam, blieb sie nicht stehen.
Du musst hier raus! Du musst hier raus!, hämmerte sie sich ein und riss die Küchentür auf. Whiskeydunst strömte ihr entgegen. Auf Tisch und Boden lagen zahlreiche Flaschen. Jaqueline sprang über die Hindernisse hinweg wie ein gehetztes Reh.
Aber plötzlich legte sich eine schwere Hand um ihren Hals. Der Griff schnürte ihr die Luft ab, und sie rang um Atem. Sterne flammten vor ihren Augen auf, als Warwick sie auf den Boden zwang und sein Gesicht über ihr auftauchte.
Angesichts seiner Schnapsfahne überkam sie Übelkeit.
»Hast wohl vergessen, dass ich die Tür abgeschlossen hab, mein Schatz«, sagte er spöttisch. »Ich sag doch, du kommst hier nicht raus. Und wenn du mich nicht willst, werd ich eben andere Seiten aufziehen.«
Sein rot glühendes Gesicht verschwamm hinter ihrem Tränenschleier, dafür spürte sie seine Hand umso deutlicher. Sie schob sich grob unter ihren Rock und tastete sich zwischen ihren Schenkeln aufwärts.
»Du wirst mir noch dankbar sein, dass du keine alte Jungfer wirst«, raunte er und drückte seine feuchten Lippen an ihr Ohr.
Angewidert presste Jaqueline die Beine zusammen. Sie schlug um sich und wehrte sich mit allen Mitteln. Diesmal gab es keinen Christoph, der das drohende Unheil abwenden könnte.
»Wenn ich dich erst mal hatte, wirst du mich schon nehmen, du Miststück«, lallte er und zerrte an ihrer Unterhose.
Unter Warwicks Gewicht, der sich auf sie geschoben hatte, schnappte Jaqueline panisch nach Luft. Was sollte sie bloß tun? Angewidert wandte sie den Kopf zur Seite. Eine Flasche! Neben ihr lag eine volle Whiskeyflasche. Das könnte die Rettung bedeuten!
Als Warwick sein Gesicht an ihrem Hals vergrub, versuchte Jaqueline, gegen das Schluchzen und Zittern anzugehen. Eine andere Chance wirst du nicht kriegen, also reiß dich zusammen!, befahl sie sich und streckte die rechte Hand nach der Flasche aus. Schließlich erreichten ihre Fingerspitzen das Glas. Wie ein Stromschlag fuhr die Kälte durch ihre Hand.
Kaum hatte sie den Flaschenhals umfasst, richtete Warwick sich auf. Ihre nachlassende Gegenwehr schien er für Einverständnis zu halten.
»Na, dir gefällt es auch, was?«, keuchte er,
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