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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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bebte. Ängstlich wich Jaqueline vom Fenster zurück.
    Was war das?
    Sie blickte nach draußen, konnte allerdings nichts erkennen. Vermutlich ist der Blitz irgendwo eingeschlagen. Aber wo?
    Ein Geruch nach Rauch drang in ihre Nase.
    Mein Gott, das Haus ist getroffen worden! Blankes Entsetzen erfasste Jaqueline. Wenn hier alles in Flammen aufgeht, wird Warwick eher seine Habseligkeiten retten als mich!, dachte sie. Wie soll ich hier rauskommen?
    Es gab nur einen einzigen Weg. Jaqueline ballte die Fäuste und rammte sie gegen die Fensterscheiben.
    Die Schläge schmerzten, aber das war ihr egal. Lieber geschundene Hände, als bei lebendigem Leib zu verbrennen. Immer fester schlug sie zu, doch die Scheiben hielten stand.
    Der Rauchgeruch wurde stärker. Panik erfasste Jaqueline.
    Sie rannte kopflos im Zimmer auf und ab, bis sie über die Zeltplane stolperte.
    Im Schein der Blitze funkelten die Ringe der Plane auf, die dazu dienten, sie auf dem Planwagen zu befestigen.
    Einer Eingebung folgend, zerrte Jaqueline die Plane ans Fenster, umklammerte einen der Ringe und donnerte das Metall verzweifelt gegen das Fenster. Bald zeigte das Glas erste Risse.
    Endlich!, dachte Jaqueline. Ich werde es schaffen.
    Doch in dem Moment wurde hinter ihr die Tür aufgerissen.
    »Was soll das?«, fauchte Warwick.
    Mehr denn je wünschte sich Jaqueline wenigstens einen Knüppel oder eine Flasche, um sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Da sie beides nicht hatte, blickte sie ihn trotzig an.
    »Wir müssen hier raus, das Haus brennt!«, rief er, und ehe sie es sich versah, packte er sie am Handgelenk und zerrte sie mit sich.
    Der Rauch breitete sich immer weiter aus. Der Korridor war bereits vernebelt. Hustend versuchte sie, sich vor dem Rauch zu schützen.
    »Das Dach brennt. Wir müssen es löschen.«
    »Ich soll Ihnen helfen, das Dach zu löschen?«, fragte Jaqueline entgeistert.
    »Es ist jetzt auch dein Zuhause«, entgegnete Warwick trunken. »Du willst es doch nicht verlieren, oder?«
    Jaqueline erschauderte. In ihrem Magen rumorte es, und ihre Knie wurden weich. Noch immer gingen die Blitze nieder, noch immer grollte der Donner.
    Was, wenn einer davon uns trifft?
    Warwick schien ihre Furcht zu spüren.
    »Reiß dich zusammen, verdammt!«, fuhr er sie an. »Sonst stecke ich dich in den Keller!«
    Als er sie auf den Hof schleppte, erkannte Jaqueline, dass die Hälfte des Dachstuhls bereits in Flammen stand. Der Qualm trieb ihr Tränen in die Augen, und sie spürte Hustenreiz.
    Jetzt verbrennt auch noch das Letzte, was ich besitze, dachte sie wehmütig.
    Doch dann besann sie sich. Sei nicht albern!, ermahnte sie sich. Sieh lieber zu, dass du von hier wegkommst! Alles andere ist unwichtig.
    Als Warwick den Griff um ihren Arm lockerte, nahm sie alle Kraft zusammen und riss sich los.
    »Verdammtes Miststück!«, heulte er auf. »Ich werde dir ...«
    Plötzlich ertönte ein lautes Geräusch.
    Aus aufgerissenen Augen beobachtete Jaqueline, dass auf dem Dach eine Reihe Ziegel ins Rutschen geraten war. Sie duckte sich und rannte fort vom Haus, denn sie wollte sich nicht den Schädel einschlagen lassen.
    Warwick hatte keine Chance. Ehe er in seinem betrunkenen Zustand überhaupt reagieren konnte, donnerten die Schindeln herab und warfen ihn zu Boden.
    Jaqueline überlegte nicht lange und rannte in den Stall. Noch nie zuvor hatte sie auf einem Pferd gesessen, aber es war die einzige Möglichkeit, von hier wegzukommen. Da die Tiere nicht in Boxen standen, sondern alle an Pfosten gebunden waren, nahm sie das erste, das sie erreichen konnte. Zeit, es zu satteln, hatte sie nicht. Dass es aufgezäumt war, musste reichen. Sie führte den Braunen nach draußen und hangelte sich auf seinen Rücken, ohne sich nach dem brennenden Haus umzudrehen.
    Da sie Mühe hatte, sich auf dem Tier zu halten, schmiegte sie sich an den starken Hals und klammerte sich an die Mähne. Dann drückte sie die Hacken in die Flanken des Braunen. Er wieherte und ging auf die Hinterhand, doch Jaqueline gelang es, oben zu bleiben. Als das Tier lospreschte, wusste sie, dass sie es nicht unter Kontrolle bekommen würde. Aber wohin es auch liefe, es würde sie forttragen von Warwick und seinem verfluchten Haus.
    Der Regen prasselte so stark, dass Jaqueline binnen Kürze bis auf die Haut durchnässt war. Aber sie spürte es nicht, so sehr konzentrierte sie sich darauf, das Gleichgewicht zu halten. Sie wagte es nicht, sich umzuschauen. Wenn sie Glück hatte, war Warwick noch immer

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