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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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Lage für eine Weile vergessen.
    Warum hat Warwick nicht so wie er sein können?, fragte sie sich. Warum hat mich das Schicksal zuerst zu einem Verrückten geführt? Und was wird noch auf mich zukommen?
    »Ein Rebhühnchen für Ihre Gedanken.«
    »Wie bitte?« Erst als Monahan schallend lachte, verstand Jaqueline, worauf er hinauswollte. Sie blickte auf die abgenagten Knochen auf ihrem Teller.
    »Eigentlich habe ich nur gedacht, dass ich Glück hatte, an Sie zu geraten. Abgesehen davon, dass offenbar nur wenige Leute in den Wald kommen, hätten mir wohl auch nicht alle geholfen.«
    »Das sagen Sie mal nicht. Die Kanadier sind hilfsbereite Menschen.«
    Warwick nicht, dachte Jaqueline, doch sie wollte sich diese unbeschwerten Stunden nicht verderben lassen. Also verdrängte sie die Erinnerung an ihn und nahm sich noch einen Hühnerschlegel.
    Als es Zeit wurde, sich zur Nacht zurückzuziehen, nahm Monahan das Bärenfell, um sich im Stall einzuquartieren.
    Er ist offenbar ein echter Gentleman, dachte Jaqueline dankbar. Aber kann ich zulassen, dass er meinetwegen im Schuppen friert?
    »Brauchen Sie nicht noch ein paar Decken?«, fragte sie mit schlechtem Gewissen.
    Monahan winkte ab. »Keine Bange, Miss, ich erfriere nicht! Sollten Sie noch etwas brauchen, machen Sie sich bemerkbar.«
    Jaqueline dankte ihm. Nie würde es ihr in den Sinn kommen, den Mann zu behelligen, während er schlief, aber das Angebot rührte sie sehr.
    »Gute Nacht, Mr Monahan.«
    »Gute Nacht, Miss Halstenbek.« Er hob die Hand zum Gruß und verließ die Hütte.
    Jaqueline schloss die Tür hinter ihm und schob den Riegel vor.
    Obwohl sie sehr müde war, konnte sie lange nicht einschlafen. Zahlreiche Gedanken geisterten durch ihren Kopf, während sie an die Decke sah und den Geräuschen der Wildnis lauschte.
    Wie weit mag es von hier bis in die Stadt sein? Ich sollte dort so schnell wie möglich nach einer Anstellung suchen. Immerhin kann ich Mr Monahan nicht länger auf der Tasche liegen. Ich brauche eine eigene Wohnung und muss Geld verdienen, um selbst für mich aufzukommen.
    Ein Geräusch vor der Tür lenkte sie ab.
    Ist das Monahan, dem da draußen doch zu kalt ist?
    Sie drehte sich um und blickte zum Fenster.
    Mondlicht brach durch das Blätterdach und malte unruhige Schatten auf die Scheibe. Draußen knisterte und knackte es, als schleiche jemand umher.
    Vielleicht ist es nur ein Tier, dachte sie. Ein Dachs vielleicht - oder ein Bär!
    Oder ist es Warwick? Verängstigt zog Jaqueline die Bettdecke bis zum Kinn hoch. Wie gebannt starrte sie hinaus in die Dunkelheit, bis die Lider schwer wurden und sie in einen tiefen Schlaf fiel.

4

    Als Jaqueline am nächsten Morgen erwachte, waren ihre Glieder bleischwer, ihre Füße eisig kalt und ihre Schläfen pochten schlimmer als nach dem Sturz. Ihr Hals schmerzte, als hätte sie Sandpapier gegessen, und ihre Brust fühlte sich eng an. Mühsam richtete sie sich auf.
    Ich sollte Frühstück machen. Ich kann mich ja nicht immer von Monahan bedienen lassen, dachte sie und schwang die Beine aus dem Bett.
    Als Jaqueline sich aufstellen wollte, erfasste sie ein Schwindel, der sie zurück auf ihr Lager zwang. Erschrocken klammerte sie sich an die Decke und schloss die Augen. Das Bett unter ihr schien sich zu drehen.
    Es wird vorübergehen, sagte sie sich. Nur noch einen Moment.
    Aber es dauerte eine Weile, bis der Schwindel verging. Vorsichtig öffnete sie die Augen wieder. Zitternd stand sie auf. Sie lechzte geradezu nach Wasser.
    Das ist das Fieber, dachte sie. Ein Anflug von Angst schnürte ihr die Kehle zu. Wer soll mich hier draußen versorgen, wenn ich krank bin? Monahan hat sicher Besseres zu tun. Sie nahm all ihre Kräfte zusammen und schleppte sich zum Wasserkessel. Dass die paar Schritte so anstrengend sein konnten! Ihre Beine gehorchten ihr kaum, und ihr Rücken schmerzte. Ein Hustenanfall schüttelte Jaqueline. Verzweifelt schnappte sie nach Luft. Ihre Brust brannte, und erneut erfasste ein Schwindel sie. Instinktiv suchte sie Halt an der Tischkante, doch sie verfehlte sie, denn es wurde dunkel ringsum.
    Connor Monahan warf einen zufriedenen Blick auf die Baumstämme, die seine Männer am Vortag geschlagen hatten. Aufgrund ihres großen Durchmessers mussten sie einzeln von Rückepferden bewegt werden. Auch jetzt mühten sich zwei der gutmütigen Kaltblüter den schlammigen Weg hinauf, im Schlepptau einen weiteren Riesen.
    Monahan überschlug im Kopf den Preis, den man ihm in Montreal dafür zahlen

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