Im Land des Roten Ahorns
würde. Die Stadt wuchs beständig, und damit stieg auch der Bedarf an Baumaterial. Sein Holz war das beste der Gegend. Natürlich war die Konkurrenz weiter nördlich groß, aber er hatte sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht. Deshalb war er sicher, dass er mit dem Gewinn aus dem Verkauf dieser Stämme die Lebenshaltungskosten eines halben Jahres decken könnte. Und es war nicht die einzige Lieferung, die er zu flößen gedachte.
Mit einem dumpfen Dröhnen fiel der Stamm zu Boden, als er von der Kette am Pferdegespann losgemacht wurde. Sogleich begannen ein paar Männer, ihn zu entasten.
Monahan sah die Stämme bereits vor sich: Wie ein Teppich würden sie, dicht an dicht, auf dem Wasser schwimmen, über Stromschnellen hinwegtanzen und alles mit sich reißen, was sich ihnen entgegenstellte.
»Bradley, weisen Sie die Männer an, die Stämme unter der Rinde auf Borkenkäfer zu untersuchen! Nicht, dass die Viecher uns das Floß unterm Hintern wegkauen.«
»Wird gemacht, Boss!«
»Und schicken Sie noch ein paar Leute in den Black Ground. Dort stehen auch noch ein paar geeignete Bäume. Die Auswahl überlasse ich Ihnen.«
»Wollen Sie schon wieder los, Boss?«, fragte McGillion verwundert, denn eigentlich ließ es sich Monahan nicht nehmen, die zu schlagenden Bäume selbst auszuwählen.
»Ich muss noch was in der Stadt erledigen. Ich komme morgen früh vorbei, um die Stämme zu begutachten.«
»Okay.« McGillion grinste vielsagend.
Wahrscheinlich vermutet er, dass ich zu meiner Verlobten will, dachte Connor, während er aufsaß und dem Pferd die Sporen gab. Auch gut! Er muss ja nicht alles wissen.
Der Damenausstatter in St. Thomas verzog skeptisch das Gesicht. »Wollen Sie mir die Dame nicht herschicken, damit ich persönlich Maß nehmen kann?«
Connor kratzte sich verlegen am Kopf.
»Das dürfte schwierig werden. Sie sollen kein Kleid für sie anfertigen, sondern mir eins verkaufen, das Sie bereits dahaben und das ungefähr passen könnte.«
»Aber die Maße der Damen sind sehr unterschiedlich«, hielt der Schneider dagegen, der es augenscheinlich für eine dumme Idee hielt, einfach ein Kleid zu verkaufen, ohne die Trägerin gesehen zu haben.
»Die Dame, um die es geht, ist mittelgroß und zierlich. Ich glaube nicht, dass Sie ein sonderliches Risiko eingehen würden, wenn Sie mir ein Kleid mitgäben. Sollte es nicht passen, kann die Dame immer noch zum Ändern vorbeikommen. Erst einmal soll es eine Überraschung sein.«
»Nun gut, wie Sie meinen. Folgen Sie mir, ich zeige Ihnen die fertigen Modelle.«
Im Hinterzimmer waren etliche Kleider auf Schneiderpuppen dekoriert. Ein lindgrünes, das ein wenig abseits der anderen stand, fiel Connor Monahan sofort ins Auge.
Das würde Jaqueline mit ihrem feuerroten Haar hervorragend stehen!, dachte er.
»Geben Sie mir das da!«, sagte er kurzerhand und erntete einen erstaunten Blick.
»Sind Sie sicher? Dieses Kleid können wirklich nur ganz wenige Damen tragen.«
»Es ist wie gemacht für die Lady, für die es gedacht ist«, versicherte Connor selbstsicher. Da das Modell weder übermäßig verziert war, noch einen gewagten Schnitt aufwies, würde es Jaqueline bestimmt gefallen. »Könnten Sie es bitte einpacken, damit ich es gleich mitnehmen kann?«
Der Schneider schnaufte zwar, nahm das Kleid aber von der Puppe und verstaute es in einer Segeltuchtasche.
5
Auf seinem Ritt von der Stadt zur Waldhütte wunderte Connor sich über sich selbst. Es war das erste Mal, dass er einen Damenschneider aufgesucht hatte. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, seine Verlobte auf dieselbe Weise zu überraschen, wie er es nun vorhatte. Ob es daran lag, dass Marion beinahe übertrieben auf ihr Äußeres achtete und in Kleiderfragen ganz genaue Vorstellungen hatte? Er seufzte. Was Jaqueline wohl zu dem Kleid sagen wird?, fragte er sich. Ob ihr Farbe und Schnitt zusagen werden? Je näher er seinem Ziel kam, desto größer wurden die Zweifel. Könnte sie das Geschenk vielleicht missverstehen und glauben, dass ich mich an sie heranmachen will?
Einen Atemzug später fragte er sich, warum ihm das so wichtig war.
Er versuchte sich einzureden, dass es nur die Bereitschaft war, dieser in Not geratenen Frau zu helfen, doch er musste zugeben, dass sie ihm gefiel und ihn anrührte. Ihre natürliche Art war erfrischend. Es war ihm nicht entgangen, dass es Jaqueline Überwindung gekostet hatte, das Ausnehmen der Rebhühner zu beobachten, und er rechnete ihr hoch an, dass sie sich
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