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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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Wahrscheinlich konnte er ihm nicht verzeihen, dass er es vorgezogen hatte, jemandem zu helfen, als einen Abend mit oberflächlichen Gesprächen zu verbringen.
    Lieber wäre ich da draußen mit Wölfen und Bären, dachte er, während der Butler ihn ins Esszimmer führte.
    George Bonville und Marion saßen bereits am Tisch, der wie immer wunderschön gedeckt war.
    »Bitte verzeiht die Verspätung!«, entschuldigte Connor sich, während er sich an seinen Platz begab. »Der Holzeinschlag ist derzeit in vollem Gange. Und zu allem Überfluss hat es Probleme mit den Pferden gegeben.«
    »Für solche Dinge hast du doch eigentlich Angestellte«, bemerkte George Bonville spitz, während er nach seinem Weinglas griff.
    »Schon, aber es gibt Entscheidungen, die können nur von mir getroffen werden. Eines der Tiere hat sich zwei Knöchel verstaucht. Ich musste die Entscheidung treffen, ob es geschient oder erschossen werden soll. Wie du vielleicht weißt, sind gute Rückepferde sehr teuer, also habe ich entschieden, das Tier zu schonen und es mit Schienen zu versuchen.«
    Bonville gab ein unwilliges Brummen zurück.
    Geld spielt bei dir ja auch keine Rolle, durchfuhr es Connor.
    »Du solltest dich vielleicht mehr um deine Verlobte kümmern, als im Wald herumzulaufen«, fuhr Marions Vater fort. »In letzter Zeit scheinst du ja gar nicht mehr aus dem Wald rauszuwollen.«
    Connor spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Der Appetit auf den köstlichen Kalbsbraten war ihm auf einmal vergangen. Er ahnte, worauf sein Schwiegervater hinauswollte. Seit einiger Zeit machten Gerüchte in der Stadt die Runde. Gerüchte, die besagten, dass er eine heimliche Geliebte habe, die er im Wald verstecke.
    »Wie du weißt, ist der Wald meine Lebensgrundlage. Ich verdanke ihm alles: meinen Beruf, mein Ansehen und mein Einkommen.«
    »Trotzdem könntest du mehr delegieren.«
    »Nur möchte ich das nicht!«, gab Connor scharf zurück. »Ich bin noch immer so dumm, vieles selbst machen zu wollen. Und ich habe auch leider noch keinen Gefallen daran gefunden, meine Zeit mit politischen Ränkespielen zu verschwenden.«
    Die beiden Männer funkelten einander zornig an.
    Marion beobachtete das eine Weile stumm, bevor sie einwarf: »Die Rosen, die du mir geschickt hast, sind wunderschön, Connor.«
    Aber das löste die Spannung nicht. Die Feindseligkeit der Männer war beinahe mit Händen zu greifen.
    Schließlich sagte Bonville: »Ich gedenke, am Freitag einen Empfang zu geben, einen großen Empfang. Zahlreiche Persönlichkeiten aus der Umgebung werden erwartet. Kann ich diesmal mit dir rechnen, oder ziehst du es wieder vor, im Wald zu bleiben?«
    Am liebsten wäre ich auch jetzt im Wald, dachte Connor zornig. Aber weil er keinen Streit wollte, lenkte er ein: »Natürlich werde ich kommen. Und sicher wird sich in dieser Woche noch mehrfach die Gelegenheit ergeben, dass ich mich um Marion kümmere.«
    Sichtlich beruhigt, lehnte Bonville sich zurück. Mit einem Handzeichen bedeutete er dem Butler, dass er seinem Schwiegersohn in spe auflegen solle.
    Vielleicht hätte ich kein Essen bekommen, wenn ich nicht zugestimmt hätte, spöttelte Connor insgeheim, während er sich die Serviette in den Kragen schob.

8

    Obwohl er eigentlich vorgehabt hatte, am Morgen des Empfangs in die Stadt zu reiten, lenkte Monahan sein Pferd noch einmal zum Holzfällerlager, wo seine Leute die geschlagenen Stämme stapelten. Die Vögel zwitscherten über ihm, und in der Ferne hämmerte ein Specht. Connor genoss das Alleinsein im Wald und sog den Duft des frischen Grüns ein. Die hellgraue Rinde der Butternut Trees schimmerte verheißungsvoll. Ihre gelben Blüten und die ersten Blätter leuchteten gleichzeitig. Bei diesem Anblick verblasste der Ärger der vergangenen Tage. Ich muss Jaqueline diese Bäume unbedingt zeigen, dachte Connor, die gibt es in ihrer Heimat nicht. Jaqueline ... Sie ging ihm einfach nicht aus dem Kopf.
    Seit beinahe zwei Wochen war sie nun bei ihm, und mittlerweile hatte sie sich sehr gut erholt. Sie hatten gemeinsam kleinere Spaziergänge unternommen, und er hatte ihr dabei die Flora erklärt. Jaqueline schien den Forscherdrang ihres Vaters geerbt zu haben. Connor bedauerte beinahe, dass er den Kartografen nicht kennenlernen konnte.
    Doch nicht nur ihre unermessliche Neugier auf die Umgebung faszinierte ihn. Jaqueline strahlte eine Stärke aus, die andere Frauen vermissen ließen. Sie hatte das Zeug dazu, ihr Leben allein in die Hand zu nehmen. Er spürte,

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