Im Land des Roten Ahorns
gute Partie zu machen.«
Jaqueline errötete. Vor Scham wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Sie hatte Mühe, sich zu beherrschen. Die Frau ist betrunken, redete sie sich zu. Tu einfach so, als wäre sie Luft!
Sie wollte sich entfernen, aber Marion vertrat ihr den Weg. Ihre Augen wurden schmal. »Denk bloß nicht, dass Connor so dumm ist, auf dich reinzufallen!«, kreischte sie nun.
Die Gespräche in der Umgebung verstummten. Schon bildete sich ein Traube Neugieriger, die die Frauen sensationslüstern anstarrten.
Wahrscheinlich bin ich morgen das Stadtgespräch, dachte Jaqueline bitter. Und das, obwohl ich niemandem etwas getan habe. Sie stieß Marion beiseite und flüchtete in Richtung Tür.
Aber Marion folgte ihr und setzte ihre Hasstirade fort. »Du glaubst doch nicht etwa, dass so ein dahergelaufenes Flittchen wie du Eindruck auf ihn macht!«
Im Saal wurde es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Alle warteten gespannt darauf, was nun folgen würde.
»Ich bin ebenso wenig ein Flittchen wie Sie eine ehrenwerte Frau! Wenn man Sie so reden hört, könnte man meinen, eine aus der Gosse vor sich zu haben!«, erwiderte Jaqueline wütend und rannte davon.
Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern stürmte durch die Loggia und die Eingangstreppe hinunter.
»Mein Pferd!«, rief sie dem Stallknecht zu, der am Fuß der Treppe bereitstand. Tränen der Empörung und Scham trübten ihren Blick.
Sie wischte sie entschlossen fort und folgte dem Knecht in den Hof. Sie musste fort von hier! Während der Mann im Stall verschwand, lehnte sie sich erschöpft an einen Baum. Du meine Güte! Was für eine grauenhafte Szene! Wir haben uns wie dumme Gänse aufgeführt. Was für ein peinlicher Auftritt! Der arme Connor! Er wird es nicht gerade leicht haben heute Abend. Ob diese blöde Marion ihm jetzt die Hölle heiß macht? Erneut brach sie in Tränen aus.
»Es tut mir leid.«
Connor! Wo kam er plötzlich her? Seine Stimme verriet ehrliches Bedauern.
Jaqueline wischte sich hastig die Tränen ab. »Ist schon in Ordnung.«
Das Einzige, was sie ihm vorhalten konnte, war, dass er die feine Gesellschaft da drinnen falsch eingeschätzt hatte.
»Nein, das ist es ganz und gar nicht. Ich weiß nicht, was in Marion und in meinen Schwiegervater gefahren ist, so habe ich die beiden noch nie erlebt.«
Er hat eben Angst, dass ich seiner Tochter die gute Partie ausspanne, dachte Jaqueline, sprach es aber nicht aus. »Ein Grund mehr für mich, ihnen nicht mehr unter die Augen zu kommen«, antwortete sie stattdessen. »Ich werde mir ein Zimmer in der Stadt suchen. Ich möchte nicht, dass Sie meinetwegen noch mehr Schwierigkeiten kriegen.«
Connor schaute sie seltsam traurig an. Er erinnerte sie plötzlich an einen kleinen Jungen, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte.
Unwillkürlich lächelte Jaqueline. »Gehen Sie besser wieder rein, Connor! Ihre Verlobte wird sonst noch denken, Sie hätten es sich anders überlegt.«
In diesem Moment erschien der Stallbursche mit dem Pferd. Jaqueline nahm die Zügel. Sie musste fort von hier. Jeden Moment konnte Bonville auftauchen und sie mit Schimpf und Schande fortjagen.
Connor griff nach ihrem Arm. »Warten Sie! Wo wollen Sie denn jetzt hin um diese Zeit? Sie haben nicht mal einen Mantel an. Außerdem: Ein Zimmer in der Stadt, das würde bedeuten, dass Sie den Bonvilles häufig über den Weg laufen werden. Wollen Sie das?«
Jaqueline ließ den Kopf hängen. Er hatte ja Recht. Die ganze Ausweglosigkeit ihrer Lage wurde ihr schlagartig bewusst. Was sollte sie nur tun? Sie hatte keinen Cent.
Connor betrachtete sie nachdenklich.
»Hören Sie, Jaqueline, Sie können weiter in meiner Hütte wohnen. Wenn Sie meinen, dass Sie mir Miete zahlen müssen, dann können Sie das tun, sobald Sie eine Anstellung gefunden haben.«
Wenn ich nach diesem Auftritt heute Abend noch eine finde, dachte sie bitter. Aber Connors Angebot rührte sie. »Ich weiß nicht, ob ich das annehmen kann«, flüsterte sie. »Auch wenn Sie weiter im Schuppen nächtigen, so wird doch jedermann glauben, dass Sie und ich ...«
»Unsinn! In ein paar Tagen bin ich mit dem Holz unterwegs. Und danach kehre ich ohnehin in mein Kontor zurück. Sie werden die Hütte ganz für sich allein haben. Solange Sie nicht wieder auf Bärenjagd gehen, gibt's keinen Grund, warum Sie nicht dort bleiben sollten.« Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu.
Jaqueline lächelte unwillkürlich. »Na, wenn Ihre Verlobte
Weitere Kostenlose Bücher