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Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Titel: Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Für die paar Schafe und die wenigen dürren Weinstöcke brauchten sie wohl schwerlich einen Arbeiter, der ihnen einen kompletten Winter auf der Tasche und vor allem auf der Vorratskammer lag. Wollte David im Winter mit den Rodungsarbeiten weitermachen? Dann konnte er allerdings in der Tat Hilfe brauchen.
    Sie setzte Charlotte in den Sand und legte erneut die Hand über die Augen, um zur Isabella hinüberzusehen. Doch wieder konnte sie nur erkennen, dass ihr künftiger Arbeiter einen Kopf größer als David Wilcox war und sich auch auf dem fest verankerten Schiff nicht sehr sicher bewegte. Schnell brachte David die nächste Fuhre mit Schafen – und dann kam er schließlich zum dritten Mal mit den letzten beiden Schafen, einem großen Käfig, aus dem sie empörtes Hühnergegacker hörte – und der neuen Hilfe für die Arbeiten auf ihrer kleinen Farm.
    Während sich das Boot näherte, konnte sie im Gegenlicht nur Umrisse ihres neuen Mitbewohners ausmachen. Das Beiboot setzte mit dem vertrauten knirschenden Geräusch auf dem Sand auf. David sprang heraus. Sein Mitreisender kletterte ziemlich mühselig über die Bordwand und machte dann einen schwerfällig hinkenden Seitenschritt, um einen besseren Halt zu finden, während David ihm den Hühnerkäfig reichte. Mit dem hinkte er die letzten Meter zu Anne an den Strand und setzte ihn vorsichtig in den Sand. Dann richtete er sich auf. Anne konnte zum ersten Mal sein Gesicht erkennen.
    Braune Augen.
    Eine unglaubliche Menge kastanienbrauner Haare, die nur notdürftig von einem verschlissenen Band im Nacken zusammengehalten wurden.
    Ein von sich selbst und der Welt überzeugtes breites Lachen, das es auf dieser Erde ganz sicher kein zweites Mal gab.
    Gregory.
    Einen Augenblick lang blieb für Anne die Welt stehen. Sie fühlte sich zurückversetzt in eine Zeit, in der sie nichts als ein paar Sorgen um Pferde und die alberne Frage, wann sie endlich Madam Mallory werden würde, bewegt hatten. Eine Zeit, von der sie Abschied genommen hatte wie von einem Traum, der einfach endete, wenn man aufwachte und sich wieder der rauen Wirklichkeit stellen musste.
    Sie blinzelte, um zu sehen, ob sie sich nicht im Gegenlicht geirrt hatte. Aber er stand immer noch vor ihr und musterte sie ebenso genau, wie sie ihn anstarrte.
    Erst ein lautes Räuspern brachte sie wieder in die Wirklichkeit zurück. David sah sie mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an, während er auf den Besucher deutete. »Das ist Gregory Mallory, er wird uns mit den Schafen helfen – und auch mit allen anderen Dingen, die wir erledigen müssen.«
    Anne nickte, reichte ihm die Hand und bemühte sich um lange nicht mehr verwendete Höflichkeitsformeln. »Freut mich, dass Ihr uns in dieser abgelegenen Gegend der Welt helfen wollt. Hoffentlich gefällt es Euch bei uns.«
    Gregory umfasste ihre Hand, und die warme Berührung fühlte sich fast so an, als sprühten Funken auf ihre Haut. Anne zog ihre Hand schnell zurück.
    Zum Glück krabbelte in diesem Moment die kleine Charlotte auf Anne zu und versteckte sich hinter ihren Beinen. Beim Anblick von Gregory fing sie an zu weinen.
    »Darf ich Euch unsere Tochter Charlotte vorstellen«, sagte sie und bemühte sich um einen möglichst gelassenen Ton. »Sie sieht nur selten Fremde, Ihr dürft ihr diese Begrüßung nicht übelnehmen.«
    »So wie ich aussehe, kann man es ja auch mit der Angst zu tun kriegen …«, zeigte Gregory wieder sein einmaliges Lachen.
    Das Mähen der Schafe brachte Anne zurück auf den Boden der Tatsachen. »Wir sollten die Tiere zum Haus bringen! Da finden sie auch ausreichend Gras. Und für die Hühner haben wir schon einen Stall gezimmert.«
    Entschlossen griff sie nach einem Sack mit weiteren Einkäufen, den David an den Strand gelegt hatte, wandte sich um und ging vorsichtig auf die Schafe zu. Sie hoben den Kopf und sahen sie verständnislos an. Anne musste sich eingestehen, dass sie keine Ahnung von diesen Tieren hatte. Waren die sehr schreckhaft? Sie hob eine Hand und machte eine wedelnde Bewegung. »Los, bewegt euch!«
    Die Schafe sahen sie aus ihren ausdruckslosen Augen an, eines von ihnen mähte – und keines bewegte sich.
    Mit einem Seufzer drehte Anne sich zu Gregory um. »Mein Mann meinte, Ihr hättet Ahnung von diesen Tieren. Wie kann man die denn dazu bringen, sich zu bewegen? Am besten in die Richtung, die ich will?«
    Gregory nahm wortlos seinen schweren, dunklen Stock, auf den er sich stützte, und humpelte auf die kleine Herde zu. Der

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