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Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Titel: Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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misstrauische Frau, zu der sie in den letzten Jahren geworden war. Kannte er sie wirklich?
    Nachdenklich sah Anne auf das Meer. Ihr Leben war wieder gut, sie durfte und konnte sich nicht beschweren. Sicher, alles war anders gekommen, als sie es sich als junges Mädchen ausgemalt hatte. Aber war es wirklich so viel schlechter? Sie schreckte aus ihren Gedanken auf, als David aufstand und sich den Dreck von der Hose klopfte.
    »So gerne ich mit meiner Familie hier sitze und mein Picknick genieße: Ich muss weiter an unserem Haus bauen, wenn es rechtzeitig fertig werden soll. Und im Augenblick kannst du mir noch nicht helfen – das wird erst dann sein, wenn wir die Bretter und Balken zusammenfügen. Also genieße deinen Nachmittag.«
    Damit griff er wieder nach seiner Axt und wandte sich dem nächsten Baum zu, den er schon vor Wochen mit den beiden Maorikriegern gefällt hatte.
    Anne hörte die wuchtigen Schläge, während sie langsam mit Charlotte auf dem Arm den Hang hinunterging. Gedankenverloren kappte sie auf dem Pfad einzelne Ranken mit ihrem Messer – nur so entstand allmählich ein ordentlicher Weg zwischen dem Zelt am Strand und dem Haus auf der Anhöhe. Sie war glücklich und zufrieden. Aber hin und wieder musste sie sich selbst daran erinnern. Ein wenig zu oft für ihren Geschmack.

MARLBOROUGH, 1833

    31.
    Mit aller Energie, die sie hatte, krabbelte Charlotte über die blanken Holzplanken der Veranda. Eine Bö zerrte an ihrem leuchtend roten Kleid, ihre Löckchen flogen im Wind. Anne sah ihr mit gerunzelter Stirn zu. David war jetzt schon seit mehr als drei Wochen weg. Neben den Schafen und einigen anderen Dingen hatte sie ihm aufgetragen, auch nach einem dicken Jackenstoff zu suchen. Nicht mehr lange, und es war für Charlotte einfach zu kalt, um draußen herumzukrabbeln. Immerhin war schon Mai, die ersten Herbststürme waren bereits über das kleine Holzhäuschen auf der Anhöhe hinweggepeitscht und hatten das Dach aus Holz, Lehm und trockenen Gräsern auf eine harte Probe gestellt. Die es bestanden hatte. Anne war stolz auf David und auf sich selbst: Sie hatten im April angefangen, die Bretter ineinanderzufügen und dann mit vereinten Kräften das Dach auf ihr neues Heim gesetzt – und tatsächlich hatten sie vor vier Wochen ihr Zelt verlassen und waren in dieses Haus gezogen. Sicher – statt eines Herds hatte sie nur den Kessel, in dem sie ein Feuer brennen ließ, und eine Pfanne, in der sie alles zubereitete, was sie finden und jagen konnte. Die wackelige Konstruktion stand unter einem Kamin, den sie und David gemeinsam aus gefundenen Steinen und lehmiger Erde hochgezogen hatten. Anne hatte Zweifel, ob dieser Kamin und dieser Herd sehr lange halten würden. Aber das Bauwerk musste in diesem Winter Heizung und Herd gleichermaßen sein. Wenn David auch noch zwei weitere Kessel mitbrachte, dann würden sie mit glühender Holzkohle den Rest der Hütte heizen können.
    Aber dafür musste er erst einmal wiederkommen. Er war direkt, nachdem das Dach fertig war, aufgebrochen. Er wollte den Wettstreit mit dem Winter unbedingt gewinnen. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag hob Anne ihren Blick und sah hinunter auf die »Bucht der vielen Strände«. Aber es wollte sich keine Isabella im Eingang der Bucht zeigen.
    Sie seufzte und wandte sich wieder ihrer lebhaften kleinen Tochter zu. »Was meinst du, Charly? Wollen wir heute wieder hinunter an den Strand und ein paar Muscheln suchen? Vielleicht finden wir auch Krebse.«
    Leider waren die Jungvögel der Tiki inzwischen alle flügge und ließen sich nicht mehr so leicht fangen. Und so kurz vor dem Winter waren auch die Nester mit den Eiern leer. Sie musste sich also wieder darauf verlassen, dass sie im Meer fündig wurde – und das erwies sich neben den Wurzeln und Pflanzen auch als zuverlässige Nahrungsquelle.
    Charlotte kam zurückgekrabbelt und reckte ihr die Arme entgegen. Anne setzt sich das kleine Mädchen auf die Schultern, hielt ihre Hände fest und ging leichtfüßig den Weg nach unten zum Strand. Die Einsamkeit der letzten Wochen störte sie nicht, sie konnte jeden Tag die Welt mit neuen Augen sehen, weil ihre kleine Tochter sich über Käfer, Glühwürmchen, flatternde Vögel und schön geformte Blätter begeistert glucksend freuen konnte. Auch jetzt wurde Charly der Platz auf den Schultern ihrer Mutter schon nach wenigen Metern zu langweilig. Sie quengelte, wollte wieder auf den Boden – und sorgte dann dafür, dass Anne für den kurzen Weg

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