Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)
kämpfen. Von diesem Kampfgeist möchte ich lieber nicht noch mehr sehen, vielen Dank!« Sie funkelte ihn jetzt wütend an.
Er hob die Hände. »Das war nicht meine Idee, sondern die meines Vaters. Ich wollte dir auch sofort hinterherreiten – aber als ich meinen Bediensteten die Anweisung gab, mir ein Pferd zu satteln, habe ich erfahren, dass mein Vater genau das verboten hat … Ich konnte dir nicht folgen!«
»Und auf die großartige Idee, dass man auch zu Fuß gehen kann, bist du wohl nicht gekommen?« Anne schnaubte verächtlich durch die Nase. »Vor allem jetzt, im Sommer – du wärst in ein paar Stunden hier gewesen.«
»Ich bin sofort losgelaufen. Noch am selben Tag, an dem dich unser Zimmermädchen weggeschickt hat. Aber mein Vater hat mich mit der Kutsche eingeholt und gleich am nächsten Morgen zu Tante Margery nach London geschickt. Ich habe gehorcht – aber ich habe immer gedacht, dass sich alles von selbst wieder regelt. Dass mein Vater irgendwann seinen Zorn verliert. Oder dass dein Vater seine Schulden zurückzahlt und alles wieder wie vorher wird.« Gregory wirkte ein wenig wie ein Schuljunge, der dabei ertappt worden ist, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. »Verzeih mir – uns wird etwas einfallen. Wir werden unser gemeinsames Leben eben ohne die Hilfe meines Vaters führen!«
»Dann sollte dir möglichst schnell eine Idee kommen«, erklärte Anne mit verächtlicher Miene. »Wir müssen in einer Woche hier weg sein. Meine Eltern ziehen als Verwalter eines Gestüts an die schottische Grenze. Und ich …« Sie brach ab. Sie hatte keine Ahnung, was aus ihr werden sollte.
Gregory machte zwei schnelle Schritte und nahm sie in den Arm. »Liebling, wir schaffen das«, murmelte er in ihr Haar.
Anne genoss für einen Augenblick die Berührung. Es wäre so leicht, ihm zu glauben und ihm die Führung zu überlassen. Aber das durfte sie nicht zulassen. Jetzt war keine Zeit für Schwäche – und Gregory hatte in den letzten Monaten zu deutlich gezeigt, aus welch weichem Holz er geschnitzt war. Entschlossen wand sie sich aus seinen Armen. »Nein. Gegen den Widerstand meiner und deiner Eltern – das schaffst du nicht. Das hast du in den letzten Monaten hinlänglich bewiesen. Das sagst du jetzt nur, weil es ein großes Abenteuer für dich ist. Aber wenn aus einem Abenteuer ein ganzes Leben wird, in dem du auf deinen Luxus verzichten musst – dann wird es nicht lange dauern, und du wirfst mir vor, dass du so ein Leben führen musst. Es ist besser, wir sehen uns nie wieder.« Sie nickte, um ihre Worte noch einmal zu bestätigen.
Gregory war blass geworden. »Du musst mir doch wenigstens eine Chance geben, um dir meine Liebe zu beweisen! Ich kann so wenig für die Pläne meines Vaters, wie du an dem Bankrott deines Vaters schuldig bist. Wir müssen uns davon frei machen.« Er schien so sehr überzeugt von dem, was er da sagte, dass Anne für einen wunderbaren Augenblick gewillt war, ihm zu glauben. Aber dann dachte sie wieder, wie herzlos Mallory ihren Vater behandelt hatte. Dieser Mann würde nicht einfach aufgeben, nur weil sein Sohn verliebt war. Und der angeblich so verliebte Sohn hatte sich ohne Widerspruch monatelang von ihr ferngehalten, bloß weil sein Vater es so wünschte. Wenn er sie wirklich lieben würde, dann hätte ihn keine Macht der Welt in London halten dürfen.
Sie schüttelte noch einmal den Kopf. »Dein Vater hat erfolgreich verhindert, dass wir uns in den letzten Monaten gesehen haben. Mir wurde bei euch die Tür gewiesen! Damals habe ich noch nicht verstanden, was passiert war. Heute ist mir klar, dass dein Vater keine Sekunde damit gerechnet hat, dass wir das Geld zurückzahlen können. Aber du … du hast einfach nichts davon geahnt und nichts dagegen getan. Und so wird uns dein Vater auch behandeln, wenn du dich gegen ihn auflehnst. Du merkst es nicht einmal, wie er sich darum kümmert, dass von deinen Plänen keiner funktioniert, nichts klappt. Wach auf, Gregory. Dein Vater ist zu mächtig, zu gefährlich und zu böse für uns.«
»Böse?« Gregory sah sie entgeistert an. »Mein Vater ist doch nicht bösartig. Ein guter Geschäftsmann, das mag sein. Aber du kannst ihm doch nicht vorwerfen, dass er eine Gelegenheit ergriffen hat, die sich ihm geboten hat. Immerhin ist dein Vater zu ihm gekommen, hast du das schon vergessen? Nein, so etwas darfst du nicht, meinen Vater einfach der Bosheit zu bezichtigen. Das verbiete ich dir.«
Anne spürte, wie ihr der Zorn in
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