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Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Titel: Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Schiffsjunge, den sie wenige Stunden zuvor in Jamesons Bar mit einer Pastete in der Hand gesehen hatte, sie ohne Scheu an. Im Gegenteil: Er lächelte ihr sogar zu. War das Dummheit oder Frechheit? Sie war sich nicht sicher und zwang den nächsten Matrosen dazu, seinen Blick zu senken.
    Doch dieser hochmütige Auftritt, der ihr den Ruf der »stolzen Anne« eingetragen hatte, änderte nichts daran, dass sie die schmalen Stiegen zur Kapitänskajüte hinunterklettern und in dieser kleinen Kammer ihrem Schicksal der nächsten Tage entgegensehen musste. Es dauerte einige Sekunden, bis sich ihre Augen an das schummrige Licht gewöhnt hatten. Jetzt wünschte sie sich, es wäre noch dunkler. So dunkel, dass sie nichts erkennen musste. Der Kapitän war mager und voller Haare. Ein struppiger Bart, fettige Strähnen, die bis auf die Schultern reichten, und dazu ein Pelz, der Brust und Rücken gleichmäßig bedeckte. Er trug nur eine Kniehose, und der Blick, den er ihr schenkte, verriet seine reine Lust. Die Kniehose würde er wohl nicht mehr lange tragen. Er hielt sich auch nicht lange mit Vorreden auf. Er deutete auf sein schmales Bett und wedelte unmissverständlich mit der Hand.
    »Zieh dich aus, leg dich hin.« Anne spürte, wie ihr ein säuerlicher Geschmack auf der Zunge lag. Doch sie erinnerte sich an so viele Situationen, in denen sie diesem Moment nicht entkommen konnte. Sich zu wehren sorgte nur dafür, dass alles noch schlimmer wurde. Während sie die Häkchen an ihrem bunten Rock öffnete, legte der affenartige Mann sich bereits auf seine Koje, nestelte an seiner Hose, um sie schließlich achtlos in die Ecke seines Zimmers zu werfen. Dann streckte er sich aus und sah Anne zu.
    Sie schenkte ihm und seinem Nacktsein keinen Blick, während sie ihre Bluse von den Schultern fallen ließ und sich langsam zu ihm drehte. Verzweifelt starrte sie ein Astloch in der Wand an und versuchte möglichst flach zu atmen. Es roch nach Schweiß, ranzigem Fett und nach Leinen, in dem ein Mann zu viel Schweiß vergossen hatte. Und wahrscheinlich noch ein paar andere Flüssigkeiten.
    »Komm.«
    Mit einer einzigen Bewegung riss er sie auf sich und drang in sie ein. Anne schloss die Augen und verließ in ihrem Geist ihren besudelten Körper. Den konnte dieses Tier haben. Aber sie selbst, die eigentliche Anne – die war in diesem Moment wieder gerade erst sechzehn geworden …

DORSET, 1828

    3.
    Sie ließ ihre zierliche Stute Shadow über eine blühende Wiese galoppieren. Erst vor wenigen Tagen hatte ihr Vater ihr dieses Tier anvertraut. »Vielleicht fasst die Kleine ja zu dir Vertrauen, und du kannst sie dazu bringen, uns ihre Schnelligkeit zu zeigen«, hatte er erklärt. Und tatsächlich: Shadow, die mit keinem Mann auf dem Rücken auch nur einen Schritt tat, ließ sich von ihr bändigen. Sie streckte sich und schien die Beengung durch Sattelgurt und Trense nicht mehr zu spüren. Stattdessen wurden ihre Sprünge immer länger, ihre Hufe schienen den Boden kaum noch zu berühren.
    Als Anne sie endlich durchparierte, erkannte sie ihren Vater, der hinter einem Zaun stand und ihr zulachte. »Ich habe geahnt, dass du gut mit ihr zurechtkommen wirst – du hast ein Händchen für diese Tiere. Aber jetzt wird es Zeit, dass du ins Haus kommst und dich ein wenig herrichtest. Wir haben heute Abend Besuch.«
    »Wer denn?« Neugierig schwang Anne sich von der dunkelgrauen Stute und drückte einem herbeigeeilten Stallknecht die Zügel in die Hand. »Sie ist sehr erhitzt, führe sie bitte noch ein Weilchen im Schritt, bevor du sie in den Stall bringst!«, erklärte sie ihm noch, bevor sie sich wieder ihrem Vater zuwandte. »Also, wer kommt?«
    »Die Mallorys. Wir wollen über ein paar Geschäfte reden. Vielleicht will er uns ein paar Pferde abkaufen, ich denke, er findet Shadow interessant. Wenn er sie gerade eben gesehen hätte, dann würde er sicher sofort zuschlagen …«
    Er kam nicht dazu weiterzureden. Seine Tochter schlang ihre Arme um ihn. »Kommt Gregory mit? Sag Ja, bitte, bitte, sag Ja!«
    Ihr Vater lachte und schob sie auf Armeslänge von sich weg. »Ich bin mir nicht sicher, ob es sich für eine junge Dame schickt, so aufgeregt nach einem Mann zu fragen. Aber da es dir so wichtig zu sein scheint: Ja, Gregory ist auch dabei. Ich soll dir sagen, dass er sich sehr auf ein Wiedersehen freut. Und jetzt geh endlich nach Hause – ich möchte nicht, dass dich irgendeiner von den Mallorys in diesem dreckigen Reitdress sieht.«
    Anne deutete

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