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Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Titel: Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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hin summend, betrat sie ihr Zimmer und schmiss den Rest ihrer Kleidung auf einen Sessel am Fenster. Für den malerischen Blick über leicht geschwungene Wiesen, die nur langsam in Richtung Meer abfielen, hatte sie keine Zeit. Seit sie denken konnte, wohnte sie mit ihren Eltern in dem großen weiß gestrichenen Haus neben den Stallungen, in denen englische Vollblüter gezüchtet wurden und darauf warteten, in Ascot oder Folkestone den Ruhm der Courtenay-Zucht zu mehren. Noch bevor sie laufen konnte, hatte Anne auf einem Vollblut gesessen – damals allerdings noch in den Armen ihres Vaters. Sie liebte die beweglichen, temperamentvollen Tiere, mit denen die Familie ihres Vaters seit Generationen ihr Geld verdiente.
    Und nur wenige Meilen entfernt wohnten die Mallorys. Eine wirklich große Zucht für Vollblüter – mit sehr viel mehr Stuten und Hengsten als die Courtenays. Bei den Mallorys tauchte sogar der Stallmeister des Königs regelmäßig auf, um einzelne Pferde für den königlichen Rennstall zu kaufen. Davon konnte William Courtenay nur träumen, das wusste Anne. Die beiden Familien pflegten dennoch einen freundschaftlichen Umgang – und Gregory und Anne verbrachten bereits seit ihrer Kindheit viel Zeit miteinander. Während die Väter über den Zuchtbüchern brüteten und über neue Blutlinien diskutierten, rannten sie durch die Häuser, spielten Verstecken und bettelten in den Küchen um ein Plätzchen oder eine heiße Schokolade. Jetzt wurden sie allmählich erwachsen, und Anne spürte, wie ihr Herz schneller klopfte, wenn sie nur an Gregory dachte. Mit langen Bewegungen bürstete sie ihr Haar und bändigte es mit einer Handvoll Klammern, Spangen und Kämmen, bis sie zufrieden war. Endlich fielen nur noch wenige Locken neben ihren Wangen auf die Schultern, während an ihrem Hinterkopf eine Haarmasse auf den Rücken fiel. Sie musterte sich im Spiegel. War sie schön genug, um Gregory zu gefallen? Immerhin hatten andere Mädchen im heiratsfähigen Alter ihn längst im Blickfeld.
    Erst als sie den Hufschlag vor der Haustür hörte, der die Ankunft der Gäste verkündete, schreckte sie aus ihren Gedanken auf. Sie streckte ihrem Bild im Spiegel die Zunge heraus und stand auf. Wenn sie weiter nur eitel in den Spiegel starrte, dann hatte Gregory recht, wenn er sie verschmähte. Es wurde Zeit, sich ihm von ihrer besten Seite zu zeigen. Nach einem letzten prüfenden Blick auf ihre Frisur rannte sie die Treppe hinunter. Gerade rechtzeitig – Gregory und seine Eltern kamen durch die Tür. Anne knickste vor Master und Mistress Mallory und griff nach Gregorys Hand. »Schön, dass du da bist!«
    Gregory lachte. »Was hast du erwartet? Dass ich zu Hause bleibe, wenn meine Eltern euch besuchen? Das würde ich nie zulassen! Nachher kommt hier ein anderer gut aussehender Mann vorbei und schnappt dich einfach weg. Das würde ich nie zulassen!«
    Seine Eltern lachten ebenfalls. Erleichtert atmete Anne aus. Alles war in bester Ordnung. Sie und Gregory – das war eine beschlossene Sache, an der niemand etwas rütteln konnte. Ihre Sorgen waren einfach nur Auswüchse einer viel zu lebhaften Phantasie.
    Wenig später saßen alle zusammen an dem großen Esstisch der Courtenays. Während sie sich Elizabeths Lammbraten schmecken ließen, schüttelte Master Mallory den Kopf. »William, ich kann immer noch nicht verstehen, warum du auf diesem Sunrise so bestehst. Er ist nicht in das Zuchtbuch der Vollblüter eingetragen – und deswegen werden seine Nachkommen nicht bei einem Zuchtrennen hier in England teilnehmen dürfen. Wie kannst du nur so stur sein und das Blut deiner guten Stuten mit diesem Hengst vermischen?«
    »Weil die Nachkommen schnell sind! Die Idioten vom Zuchtverband haben das Zuchtbuch doch nur deswegen eingeführt, weil durch neues Blut keine Verbesserung mehr zu erzielen war. Aber mit Sunrise gibt es eine Verbesserung! Also muss für ihn eine Ausnahme gemacht werden. Noch dazu ist nicht einmal sicher, dass er keine Papiere hat. Allein die Abstammung seiner Mutter ist nicht lückenlos, der Zuchtverband müsste also nicht mal ein ganzes Auge zudrücken …«
    »Trotzdem, William. Du riskierst deinen Ruf für einen Hengst, der sich noch nicht einmal als Deckhengst bewiesen hat. Das verstehe ich nicht. Wenn dereinst unsere Kinder heiraten und die beiden Gestüte in einer Hand liegen, dann hoffe ich doch sehr, dass Gregory dafür sorgt, dass so etwas hier nicht mehr passiert.«
    William Courtenay war mit dieser

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