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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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auf, stapfte durch den Schnee und bekam auch die zweite Hand an den Schlitten, schob ihn nach rechts, in die Richtung, in der sie den Trail vermutete, und hielt keuchend inne.
    Sie hatte die Orientierung verloren. Weit konnte der Trail nicht sein, und auch bis zur rettenden Hütte war es keine Viertelmeile, doch je weiter sie sich durch den Schnee kämpften, desto weiter schienen sie sich von allem zu entfernen. Der Wind wurde immer stärker, orgelte und tobte über dem Land und trieb den Schnee wütend vor sich her.
    »Kobuk!«, rief sie verzweifelt. »Kobuk! Jetzt kommt es auf dich an! Bring uns zu der Hütte! Dort sind wir in Sicherheit! Enttäusch mich nicht, verdammt!«
    Obwohl der Hund sie in dem tosenden Inferno wahrscheinlich weder hören noch sehen konnte, schien er sie zu verstehen. Am Spannen der Leinen erkannte Hannah, dass er seine Anstrengungen verdoppelte und sich der Schlitten wieder schneller bewegte, trotz der Schneemassen, in die sie geraten waren. Sie stieg mit einem Fuß auf die rechte Kufe, stieß sich mit dem anderen im Schnee ab, ohne allzu großen Widerstand zu fühlen, und klammerte sich so fest an die Haltegriffe, dass ihre Finger sich verkrampften. Falls sie losließ, war sie verloren, würde sie in dem eisigen Blizzard erfrieren. Doch plötzlich bekam sie wieder festen Boden unter die Füße, und auch die Hunde und der Schlitten landeten auf dem Trail. »So ist es gut, Kobuk!«, rief sie in den Sturm. »Weiter! Wir haben es beinahe geschafft!«
    Aus dem dichten Flockenwirbel tauchte die dunkle Gestalt eines Mannes auf. Bevor sie sichs versah, hatte er sie mit einer Hand gepackt, griff mit der anderen nach der Haltestange und lenkte den Schlitten scharf nach rechts. Nach nicht einmal fünfzig Schritten erreichten sie die Hütte. Der Mann parkte auf der windabgewandten Seite, rammte den Anker in den Schnee und überließ die Huskys sich selbst. Sie mochten diese Kälte und waren es gewohnt, sich während eines Sturms im Schnee einzurollen, bis es wieder ruhig war.
    Der Mann nahm Hannah, die kaum einen Fuß vor den anderen setzen konnte, so geschwächt war sie, beim Arm, führte sie in die Hütte und schloss die Tür. »Da haben Sie aber mächtig Glück gehabt, Miss! Wenn ich nicht zufällig aus dem Fenster gesehen hätte, als der Sturm losging, wären Sie nie an meinen Ofen gekommen.«
    Sie nahm ihre Mütze ab, rieb sich das Eis aus dem Gesicht und blickte den Fallensteller ungläubig an. »Amos! Was tun Sie denn hier? Ich dachte, Sie sind in die Berge gegangen.«
    »Das dachte ich auch«, erwiderte er, »bis ich Lizzy traf.«
    »Lizzy?«
    »Meine neue Braut!« Aus dem Halbdunkel trat eine junge Indianerin mit langen schwarzen Zöpfen, breiten Hüften, die auch das Männerhemd, das lose über ihre Hose hing, nicht schmaler wirken ließ, und einem ebenfalls breiten Gesicht, das von einer klobigen Nase beherrscht wurde. Schüchtern stand sie vor Hannah. »Elizabeth Whitebull, die Jüngere. Ich musste eines meiner Maultiere für sie hergeben, das andere steht drüben im Wald.«
    Hannah ließ sich atemlos auf einen Stuhl sinken. Dankbar nahm sie den von McGarrett gereichten Becher Tee und stellte sich ebenfalls vor. »Sie wollen wieder heiraten?«
    »Wir haben bereits geheiratet – nach indianischem Recht.« Er grinste. »Es würde mir doch niemals einfallen, eine wilde Ehe zu führen. Lizzy und ich sind nach Tanana unterwegs, da wohnt einer ihrer vielen Onkel. Er gibt uns Arbeit in seinem Eisenwarenladen. Ich werde zu alt für die Berge, wissen Sie? Und eine andere Frau als Lizzy will ich sowieso nicht mehr haben.«
    »Sie werden sesshaft? Das glaube ich Ihnen nicht.«
    »Nur ein bisschen.«
    Hannah zog sich mit klammen Fingern die Handschuhe, den Schal und die Winterjacke aus und hängte die Sachen über einen Stuhl neben dem Ofen. »Danke, dass Sie mir geholfen haben«, sagte sie zu McGarrett. »Das war knapp, nicht wahr? Der Sturm hatte uns in den Tiefschnee getrieben. Wir hatten die Orientierung verloren. Wenn Sie uns nicht gerettet hätten, wären wir an der Hütte vorbeigefahren.«
    Er stopfte seine Pfeife und setzte den Tabak mit einem glühenden Span aus dem Ofen in Brand. »Hier sind wir sicher. Wohin wollen Sie eigentlich?«
    »Fairbanks.« Sie erklärte ihm in wenigen Worten, was geschehen war. »Keine Ahnung, was das Mädchen für eine Krankheit hat. Mag sein, dass es gar nichts Ernstes ist. Aber sicher ist das nicht. Ihr Rachen ist ganz rot, und sie hustet. Das muss sich

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