Im Land des weiten Himmels
verpflichten müssen, halfen ihr nicht umsonst. Wenn alles klappte, wollte sie noch vor dem Hochsommer für ihre Gäste bereit sein.
Auf der Veranda waren plötzlich die Schritte von schweren Stiefeln zu hören. Sie kamen langsam näher und hielten vor der Tür inne, doch niemand klopfte, und auch der Husky schlug nicht an. Captain würde niemals ein guter Wachhund werden.
Sie stand möglichst lautlos auf, warf einen nervösen Blick auf das Gewehr neben der Tür. Sie ging zögernd zur Tür und öffnete.
Draußen stand der Häuptling. »Du hast mich zum Kaffee eingeladen.«
»Chief Alex!«, rief sie erstaunt. »Natürlich, gern. Komm herein!« Sie deutete auf den runden Tisch am Fenster, an dem sie gesessen hatte. »Setz dich!«
Sie holte frischen Kaffee und ein paar Kekse, die sie zurückbehalten hatte, aus der Küche und stellte ihm beides hin. Er nahm reichlich Milch und Zucker. Nachdem er längere Zeit geschwiegen hatte, aß er einen Keks und sagte: »So viel Sonne hatten wir lange nicht mehr. Hast du bemerkt, wie blau der Himmel heute ist? Und wie die schneebedeckten Gipfel der Berge leuchten?«
Die seltsame Bemerkung legte die Vermutung nahe, dass Indianer eine ernsthafte Unterhaltung gern mit belanglosen Themen begannen. Später würde sie erfahren, dass dies tatsächlich ihre Art von Höflichkeit war. »Das ist wahr«, erwiderte sie. »Als ob es keine Wolken gäbe. Schmeckt der Kaffee?«
»Mit Milch und Zucker immer.«
»Da geht es dir wie mir.«
Der Häuptling zog sein Rauchzeug aus der Hosentasche und stopfte Tabak in seine selbstgeschnitzte Pfeife. Immer noch schweigend setzte er sie in Brand. Er paffte ein paarmal und fächerte sich den Rauch mit der Hand ins Gesicht. »Tabak ist heilig«, sagte er schließlich. »Mit dem Rauch ziehen unsere Gedanken zum Schöpfer hinauf.« Er nahm die Pfeife aus dem Mund. »Die Missionare, die vor vielen Wintern in unsere Jagdgründe kamen, schalten uns dafür. Sie nannten es Aberglaube und wollten, dass wir ihrer Kirche beitreten. Sie versprachen uns ein ewiges Leben, doch alles, was sie uns brachten, waren Krankheiten wie die Pocken, an denen viele Tanana starben.«
»Das ist schrecklich, Chief Alex.«
»Wir kannten diese Krankheit nicht. Und wir wussten auch nichts vom Alkohol, der einige unserer Krieger süchtig machte und sie auf einen falschen Weg führte. Mein Herz blutet, wenn ich an diese schweren Zeiten denke.«
Es sah ganz so aus, als wollte er Hannah erklären, warum er ein solches Misstrauen gegen die Weißen hegte. »Auch in meiner Heimat geht es vielen Menschen schlecht. Meine Eltern waren Bauern … Farmer. Sie bauten Kartoffeln und Getreide an. Doch ihr Land gehörte einem anderen, einem reichen Mann, der es ihnen nur verpachtet hatte. Sie mussten einen Teil ihrer Ernte an ihn abführen und hatten kaum noch genug zum Überleben. Auch deshalb sind wir nach Amerika ausgewandert. Hier wollten wir ein neues Leben beginnen.«
Er ging nicht auf ihre Worte ein, nahm ein paar Züge aus seiner Pfeife und blickte dem Rauch nach, der langsam zur Decke stieg. »Viele Tanana beten zu eurem Gott«, sagte er, als hätte er Hannahs Worte nicht gehört. »Sie haben den Missionaren erlaubt, ihre Kirchen auf unserem Land zu bauen, und verstoßen gegen die Tabus unseres Volkes.« Er trank einen Schluck und fuhr nachdenklich fort: »Auch wir wissen, dass wir den Weißen ein Stück des Weges folgen müssen, wenn wir nicht untergehen wollen. Wir schätzen ihre Medizin, ihre Feuerwaffen, ihre Werkzeuge. Wir mögen einige ihrer Lieder und Geschichten. Ich mag ihren Kaffee, wenn er stark und süß ist, und ich mag Schokolade und Kekse wie diese. Doch wir bleiben Tanana. Unsere Dörfer sind weit genug von dem entfernt, was ihr Zivilisation nennt, und doch nahe genug, dass uns der Postreiter und Schwester Becky erreichen können. Wir wollen nicht, dass sich daran etwas ändert.«
»Wenn es um Gold geht, handeln viele Weiße, als hätten sie den Verstand verloren«, erklärte Hannah ihm. »Sie verlassen ihre Arbeitsplätze und ihre Familien, nur um auf den Goldfeldern eine Million oder mehr aus dem Boden zu graben. Manche Goldgräber verlieren tatsächlich den Verstand.«
Der Häuptling wiegte ernst den Kopf, erwiderte aber nichts darauf. Stattdessen rauchte er und trank Kaffee, als säße er allein am Tisch.
»Lass uns nach draußen gehen«, sagte er irgendwann. Ohne ihre Antwort abzuwarten, stand er auf und ging zur Tür. Er blieb auf der Veranda stehen und wartete,
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