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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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einige Zelte, ein Vorratsspeicher auf Stelzen und ein Gerüst mit zum Trocknen aufgehängten Lachsen. Zwei Frauen wuschen Wäsche im Fluss und unterhielten sich so angeregt, dass sie trotz des Hundegebells erst auf Hannah aufmerksam wurden, als sie ihr Boot ans Ufer steuerte. Zwei Männer, die gerade von einem Jagdausflug zurückkehrten und Schrotflinten und Lederschnüre mit erlegten Wildgänsen in den Händen hielten, traten näher ans Ufer heran. Bei den Kanus im Ufersand standen Kinder und starrten mit großen Augen auf den Ankömmling.
    Hannah ruderte zwischen die Kanus und wunderte sich über die plötzlich eingetretene Stille. Selbst die Huskys schwiegen jetzt. Sie beobachtete, wie der alte Indianer mit den langen weißen Zöpfen aus einem der Blockhäuser trat und etwas in seiner Sprache rief, das sie nicht verstand. Es hörte sich wie ein Befehl an. Sie stieg aus dem Boot und zog es an Land, verfolgte staunend, wie sich die Bewohner in ihre Häuser und Zelte zurückzogen, als wäre sie eine Aussätzige. Nur eines der kleinen Kinder näherte sich ihr lächelnd und blickte hoffnungsvoll zu ihr hoch, erwartete wohl ein Geschenk, und begann laut zu weinen, als seine Mutter herbeigerannt kam, es bei der Hand packte und mit ihm zu den Zelten lief.
    Chief Alex blieb stehen. »Was willst du hier?«, fragte er. »Habe ich dich nicht gebeten, unsere Jagdgründe zu verlassen? Willst du, dass die bösen Geister zu uns zurückkehren? Wir haben dich nicht gerufen, weiße Frau. Die Tanana sind ein gastfreundliches Volk, und normalerweise sind uns alle Besucher willkommen. Auch Weiße. Der Postmeister, der uns Briefe und Pakete bringt. Schwester Becky, die unsere Kranken heilt. Fallensteller und Jäger, die einsam durch die Berge streifen. Auch du wärst uns willkommen, wenn ich nicht wüsste, dass du die bösen Geister zurückholst, die vor vielen Jahren so großes Leid über unser Volk gebracht haben. Ich habe geträumt, dass du neues Unheil anlockst. Böse Männer …«
    »Wie kommst du darauf, Chief Alex? Ich habe keine böse Absichten, im Gegenteil, mir liegt sehr viel an eurer Freundschaft.« Sie holte den Leinensack aus ihrem Boot. »Ich habe euch Geschenke mitgebracht und bitte dich, sie anzunehmen!«
    »Ich kann sie nicht annehmen.« Die Antwort schien ihn zu schmerzen. »Der Traum, der mich heimgesucht hat, war zu stark. Ich weiß, die Weißen lachen über uns, wenn wir uns nach unseren Träumen richten, aber unsere Träume sagen die Wahrheit, und die Wahrheit ist, dass dir böse Geister folgen. Geh nach Hause, weiße Frau, und wenn du das nicht tust, bleib uns wenigstens fern. Geh jetzt!«
    Sie wollte sich nicht einschüchtern lassen. »Auch ich hatte einen Traum, Chief Alex.« Sie sprach jetzt so laut, dass alle es hören konnten. »In New York sah ich dieses Land in meinem Traum. Eine Stimme sagte mir, dass ich viele tausend Meilen quer durch den Kontinent reisen müsste, um hier ein neues Leben zu beginnen. Das habe ich getan. Ich bin gekommen, um mir eine Zukunft aufzubauen, und weiß, dass ich hier glücklich werden kann. Ich möchte in Frieden mit euch leben, ich möchte von euch lernen und euch besser verstehen. Ich bin eure Nachbarin. Warum sollte eine Frau mit bösen Geistern im Bunde sein, die Frauen wehtun?«
    Der Häuptling dachte eine Weile über ihre Worte nach. »Deine Worte sind klug, weiße Frau, aber ich muss auf meinen Traum hören. Dort erfahre ich, was für mein Volk am besten ist. Das ist alles, was ich zu sagen habe.«
    Sie beobachtete hilflos, wie er in seinem Blockhaus verschwand und die Tür hinter sich schloss. Betretene Stille legte sich über das Camp. Sie überlegte, was sie tun sollte, und ging ein paar Schritte auf das Blockhaus zu.
    »Seht her!«, rief sie und drehte sich langsam um die eigene Achse. »Ich komme in guter Absicht! Ich habe euch Geschenke gebracht! Süße Kekse für die Kinder und geräucherten Elchschinken. Ich lege beides auf den Boden.«
    Das leise Weinen eines Babys durchbrach die Stille. Aus einem der Häuser drang die aufgeregte Stimme einer jungen Frau, und ein Mann antwortete ihr. Hannah verstand sie nicht. Am Waldrand jaulten leise einige der Huskys. Hannah war ein wenig ängstlich zumute angesichts der tiefen Stille, die über den Hütten lag. Würde man auf sie schießen? Sie verjagen? Sie wartete einen Augenblick, sie würde die Indianer überzeugen, indem sie ihnen bewies, dass sie keine bösen Geister anlockte, beschloss sie dann und wandte sich ab.

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