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Im Leben gibt es keine Proben (German Edition)

Im Leben gibt es keine Proben (German Edition)

Titel: Im Leben gibt es keine Proben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Biermann
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vereinbaren, unsere Verpflichtungen koordinieren. Als mir eine Freundin einmal mitteilte, wir könnten uns in drei Wochen am Mittwoch Nachmittag treffen, wurde ich nachdenklich. Mir fielen die lustigen Zettel ein, die man sich früher an die Wohnungstüren klemmte: »War da, ihr nicht, komme nachher noch mal vorbei, hab Schweinefilet und Wein« oder so ähnlich. An etlichen Wohnungstüren hingen vorsorglich eine Rolle Papier und ein Bleistift für derartige Mitteilungen.
    Damals bedeutete ein Fest auch, heiße Diskussionen über politische Themen führen, sich austauschen, orientieren, provozieren und seine Meinung verteidigen. Das Essen und der Wein waren erfreuliche Zugaben. Heute löst erst gutes Essen die Zunge. Feiern sind seltener geworden, aber wichtig. Wenn dann alle im Wohnzimmer beisammen sitzen oder in der Küche herumstehen, wenn sie mit Genuss essen und die Kommunikation läuft, dann ist mir manchmal, als hinge ein Lächeln im Raum. Es macht mich sehr froh, die Freunde durch ein solches Zusammensein zufrieden zu sehen.
    Kurz vor Weihnachten veranstalten wir für Freunde ein Julklap. In der Nacht davor werden Plätzchen gebacken, von denen alle zum Abschied ein Tütchen bekommen. Jeder erzählt eine kleine Geschichte, die ihm im zurückliegenden Jahr passiert ist oder die ihn berührt hat, ein Hoch oder ein Tief, eine Begegnung, ein Erlebnis. Das ist schon ein Hauch frohe Weihnacht.
    Seit zwanzig Jahren schreibe ich, inzwischen mit meinen Kindern, zum neuen Jahr einen mit Fotos und Zeichnungen illustrierten Rundbrief an meine Freunde, damit sie auf diese Weise teilhaben an unserem Leben.
    Und ich feiere jeden Geburtstag wie eine Premiere im Theater. Ich liebe Premieren, denn auch das sind stimmungsvolle, spannende Feste.

Gastspiele im Westen
    Als wir 1989 auch für Reisefreiheit auf die Straße gingen, war ich schon seit fast zwanzig Jahren ein sogenannter Reisekader, eine Weltenbummlerin, eine Privilegierte. Das Privileg bestand darin, dass wir mit einem der besten Theater der Welt herumreisten, arbeiteten, komfortabel wohnten und sehr bescheiden aßen, um die Spesen zu sparen. Alles, was wir sahen, haben wir gierig aufgesogen. Wir wussten ja nicht, ob wir noch einmal reisen durften.
    Vor jedem Gastspiel beschaffte ich einen Reiseführer des jeweiligen Landes, ich führte kleine Heftchen, in denen ich notierte, was mich an Sehenswürdigkeiten beeindruckt hatte. Ich hatte vom Laufen immer Blasen an den Füßen, und am letzten Tag kauften die meisten von uns eine Spezialität: typisches Obst, Gewürze, Käse. Das nahmen wir als Handgepäck mit in die Kabine und irritierten damit nicht nur die Stewardessen. Denn wenn von neunzig Leuten vierzig Käse mit sich führen, ist der Geruch nicht zu ignorieren.
    Zu Hause lieferte ich dann eine Kurzreportage, ein exotisches Essen, ein Souvenir, brachte eine geschmuggelte Zeitung und aus dem Flugzeug die Servietten mit, die man gut als Tempotaschentücher gebrauchen konnte, denn die waren in der DDR bekanntlich Mangelware.
    Einige von uns besaßen Westgeld, woher auch immer, und ein paar Mal konnte ich 1:3, später dann 1:5 Geld tauschen. Eingepackt in Folie, versteckt in einer Niveaschachtel, ging es durch die Kontrollen.
    Mehrmals kehrte das Ensemble aus einem westlichen Land in Einheits-Jeansblau oder mit riesigen Waschpulver-Packungen zurück. Oft begleiteten wir unsere männlichen Kollegen beim Einkauf, probierten Kleider an, mit denen sie die Erwartungen ihrer Frauen erfüllten. Als das Theater mal einen Empfang gab, erschienen sechs Damen in gleicher Garderobe. Die fanden das gar nicht komisch.
    Meist flogen wir in einer Maschine, das Ensemble, die Techniker und mindestens eine, meistens zwei dieser dubiosen Gestalten, die niemand von uns kannte. Sie verteilten nach der Ankunft das Tagegeld in der von der Künstleragentur festgesetzten Höhe. Viel war es nie. Häufig lungerten sie während des Aufenthaltes in der Hotelhalle rum und fragten: »Na, was machen Sie denn heute Schönes?«
    »Weiß ich nicht, war ja noch nie zuvor hier«, lautete unsere Standard-Antwort.
    Wir sahen also die Welt mit all ihren Schönheiten und Rätseln. 1971 flog das Ensemble der Volksbühne nach Finnland. Ich erinnere mich, dass unser finnischer Dolmetscher auf der Fahrt ins Hotel erklärte, dass Finnen mit der Natur bauen, nicht gegen sie. Darunter konnte ich mir erst etwas vorstellen, als ich unser Hotel sah: Ein komfortabler Bau, der um Bäume herum errichtet worden war. Auch

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