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Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Titel: Im Leben wird dir nichts geschenkt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Nielsen
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Ihr habt euch über mich lustig gemacht, und wer trägt jetzt die schicken Kleider? Wer von uns lacht zuletzt?« Ich war von alledem wie in einem Rausch. Sie hatten mich erbarmungslos gehänselt, und jetzt verdiente ich mehr als ihre Eltern. Rache genießt man am besten, wenn sie mit einem Designer-Label daherkommt.
    Ich stolzierte mit gestrafften Schultern, wenn ich mit meiner Mutter im Zentrum von Rødovre ausging, wo ich es gewohnt war, bespöttelt zu werden. Ich benahm mich, um ehrlich zu sein, wohl absolut schrecklich und unmöglich. Ich hatte es geschafft und gab damit jetzt überall an. Im Nachhinein sehe ich mir das allerdings nach. Da machten sich Gefühle Luft, die sich lange aufgestaut hatten und gerechtfertigt waren, so leid mir all diejenigen tun, die mich damals ertragen mussten.
    Meine neue Welt bildete einen vollkommenen Gegensatz zu allem, was davor gewesen war. Es war fast schon komisch. Auf einmal konnte ich nicht groß genug sein – die Magazine steckten mich sogar in hochhackige Schuhe, damit ich noch ein bisschen wuchs. Meine spindeldürre Figur gab keinerlei Anlass zu Spötteleien, sondern wirkte bewunderungswürdig und begehrenswert. Wäre ich nicht so dünn gewesen, erklärte mir die Agentur, hätten sie mich nicht unter Vertrag genommen. Ich hatte es nie und nimmer als einen Vorzug angesehen und ebenso wenig darauf geachtet, dünn zu bleiben, sondern im Gegenteil versucht, etwas zuzunehmen, weil ich mir so peinlich unterentwickelt vorkam. In meiner letzten Schule trug ich drei Hosen übereinander, um möglichst wie die gleichaltrigen Mädchen auszusehen. Das Ankleiden war immer zeitraubend und unbequem, aber ich bemühte mich verzweifelt darum, den Mangel an Kurven auszugleichen, der mir nun plötzlich als meine beste Eigenschaft attestiert wurde.
    Andere Mädchen mussten entsetzliche Diäten über sich ergehen lassen, um ihr Gewicht zu halten, und litten an Essstörungen. Was ich von Natur aus hatte und seit so langer Zeit hasste, war für sie ein Ideal, dem sie um jeden Preis nacheiferten. Ich hatte wohl im Verlauf meiner Karriere aufgrund meiner Veranlagung gelegentlich Symptome der Magersucht, doch einige meiner Freundinnen unter den Models haben ihre gesundheitlichen Probleme nie gemeistert und einige wenige sind sogar an der Magersucht gestorben. Wir alle waren am Rande der Unterernährung, wie sie die World Health Organization (WHO) definiert. Danach gilt jeder mit einem BMI (Body Mass Index) von weniger als 18,5 in der entwickelten Welt oder von weniger als 15 in Afrika als unterernährt. Ein Model, das 1,75 m groß ist und 56 Kilo wiegt, hätte einen BMI von 18,2. In der Welt der Mode war das normal und galt als durchaus vernünftig. Die meisten Models aus meiner Zeit hatten eher einen BMI nahe 15 – ein Grenzwert, mit dem man sein Leben riskiert. Aber ich dachte damals nie darüber nach und hielt mein Gewicht ohne die endlosen elenden Diäten und die aufgezwängte Lebensweise der anderen Mädchen. Ich fühlte mich gut, ich sah gut aus, und die Agentur eröffnete mir, sie hätte Großes mit mir vor.
    Marianne Diers hatte mich am Gråbrødretorv an Copenhagen Models vermittelt, doch die waren global vernetzt. Sie arbeiteten eng mit Elite Models in New York zusammen, einer Agentur im Besitz von John Casablanca. »Wir haben ein fantastisches neues Mädchen in Dänemark«, erzählte ihm Marianne. »Sie heißt Gitte und hat das Zeug dazu, es ganz an die Spitze zu schaffen.« Sie schickte Bilder von mir nach New York, und John gab seine Zustimmung.
    Sie wollten mir ein Gespür dafür vermitteln, wie die Arbeit als Model auf der internationalen Bühne läuft, indem sie mir halfen, mir während eines mehrmonatigen Aufenthalts in Hamburg einen Namen zu machen. Eine neue Gruppe von Fotografen und deren Kunden sollten mich auf die Modewoche in Paris vorbereiten, die mir – wie alle glaubten – das große Debut auf der Weltbühne des Modeling ermöglichen würde. Die Agentur vertraute darauf, dass ein Star aus mir werden würde – es könne gar nicht anders sein.
    Mum gab mir einen Abschiedskuss, und ich bestieg an einem bitterkalten Winterabend im Jahre 1980 den Nachtzug nach Deutschland. Die Agentur kam für die Fahrkosten auf, und abgesehen von der Adresse einer Wohnung in Hamburg, die ich mit anderen Mädchen teilen sollte, hatte ich sehr wenig in meinem Portemonnaie. Aber das machte nichts: Ich würde ganz groß herauskommen und zwar – davon war ich überzeugt – genau so, wie es

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