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Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Titel: Im Leben wird dir nichts geschenkt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Nielsen
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Einkommen aus den bar bezahlten Engagements aufbewahrten. Raoul wollte nicht, dass ich für Alkohol an Geld herankomme, und so änderte er die Kombination. Mit Tränen in den Augen stand ich vor dem Safe und drehte vergeblich an dem Rad, bis ich den neuen Code tatsächlich herausbekam, und mein erster Gedanke war, das reicht! Ich nehme das Geld und gehe zurück nach Dänemark, um bei meinen Eltern zu leben . Ich öffnete die Tür und betrachtete den Stapel Geld, ohne mich zu rühren. Wen legte ich da eigentlich herein? Das hier war mein Geld, das hier war mein Haus: Ich bestahl nicht ihn, sondern mich. Und ich erkannte, dass meine Trunksucht mir alles nahm – meinen Lebenshunger, meinen Sinn für Humor, meine Intelligenz, meine Gradlinigkeit. Ich war dabei, alles zu verlieren. Ich würde mir nehmen, was ohnehin mir gehörte, und nach Hause fahren, während die Kinder bei ihrem Kindermädchen blieben.
    Die typischen Schuldgefühle und die Scham des Alkoholikers erdrückten mich fast. Ich musste heimlich an meinen Safe, um Geld herauszuholen und zu meiner Mum zu fliegen. Wie tief konnte man sinken? Ich war am Boden zerstört. Natürlich kehrte ich nicht nach Dänemark zurück. Mit dem Trinken wurde es nur noch schlimmer, und meine Angst vor der Welt nahm zu. Ich konnte am Telefon nicht mehr sprechen, und ich brauchte etwas zu trinken, bevor ich irgendjemandem unter die Augen treten konnte. Meine Selbstachtung schien auf dem Nullpunkt und ich war ständig den Tränen nah. Die einfachsten Dinge machten mir Angst – selbst wenn ich auf der Straße einen Freund begrüßte, fürchtete ich, mich irgendwie lächerlich zu machen.
    Am schlimmsten waren die Gelegenheiten – zum Glück nicht viele –, wenn ich meine Mum anrief und hörte, wie sie meine Erzählungen geduldig unterbrach und sagte: »Liebling … Gitte … das ist heute dein vierter Anruf, und du erzählst mir genau dieselbe Geschichte.«
    Am meisten beschämte es mich, dass ich nicht mehr zu den Elternabenden in der Schule ging. Ich kam nicht zu den Schulaufführungen, zu den Jugendspielen und zu keinem einzigen geselligen Anlass. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ebenso gut könnte ich mich hinlegen und sterben – ich hatte die Verbindung zu anderen Menschen verloren. Ich hatte das Leben aufgegeben, mich selbst und alles andere aufgegeben, dabei war ich einmal ein so offener, kontaktfreudiger Mensch gewesen.
    Ich arbeitete weiter, doch als man bei Raoulino einen Gehirntumor diagnostizierte, war ich nicht für ihn da. Ich hing an der Flasche und verriet ihn. Aus heutiger Sicht erscheint mir diese Zeit wie ein großes, schwarzes Loch. In jenen Monaten, in denen die Ärzte im Krankenhaus verzweifelt versuchten, ihn zu retten, war ich nicht da. Dabei liebte ich ihn mehr als irgendetwas sonst, so paradox das klingt. Ich hatte meine Persönlichkeit und meinen Selbsterhaltungstrieb ertränkt.
    Nachdem ich jahrelang zahllose Therapien über mich ergehen hatte lassen und die unterschiedlichsten Methoden ausprobiert hatte, um diese Scham- und Schuldgefühle zu überwinden, musste ich mich der Tatsache stellen, dass ich in jenen drei Monaten als Mutter nicht da war. Mich damit zu konfrontieren, war unglaublich schwierig, doch ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Genesung. Ich musste dies alles hinter mich bringen, um mir die Liebe und den Respekt von Raoulino zurückzuerobern, und irgendwann kam der Tag, als er mir sagen konnte: »Mum, komm schon! So viel hast du auch wieder nicht getrunken.«
    »Doch, das habe ich«, sagte ich.
    »Weißt du was? Vielleicht hast du das«, sagte er, »aber du warst trotzdem immer für mich da.«
    Es brauchte seine Zeit, bis er an diesen Punkt kam und mir vergeben konnte, doch von da an war unsere Beziehung stärker als je zuvor.
    Mit den Dingen zu leben, die man nicht mehr ändern kann, gehört zu den schwierigsten Lektionen eines trockenen Alkoholikers. Es gab so vieles in diesen Jahren, was ich bereute. Vor allem hätte ich Raoul verlassen sollen, doch ich kam schließlich an einen Punkt, an dem mir das Leben selbst nicht mehr wichtig war.

KAPITEL NEUNZEHN
»THE SHOW MUST GO ON«
    1 998 wurde ich für einige große Varieté-Fernsehshows in Spanien engagiert, wo ich als Sängerin bekannter war denn als Schauspielerin. Ich habe das Land immer als sehr zwanglos empfunden und so manche schöne Zeit dort verbracht. Mit Begeisterung nahm ich die Gelegenheit wahr, dorthin zurückzukehren, und freute mich besonders auf die drei Tage in

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