Im Leben wird dir nichts geschenkt.
ich war nicht umzustimmen.
Ich verließ Morcote mit Koffern, Kleidern, meinem Schmuck und einem Auto. Inzwischen war das zu einem Muster in meinem Leben geworden. Mit Ausnahme meiner Kinder sollte mich nichts an die letzten Jahre erinnern. Es war komplett vorbei. So war ich schon immer gewesen – wenn es vorbei ist, dann ist es vorbei, und ich war bereit, weiterzuziehen. Wieso sollte ich meine Zeit vergeuden? Ich hatte auch so schon mehr als genug um die Ohren. Es gab so viel in meinem Leben, was ich ändern wollte. Auch wenn ich entsetzlich traurig war, sah ich mich gezwungen, hart an mir zu arbeiten. Es war wie damals in der Schule, als ich trotz der Pöbeleien fleißig arbeitete, um gute Noten zu bekommen. Manchmal ließen mich die anderen Kinder dann in Ruhe. Doch jetzt hatte ich zum ersten Mal seit Jahren das Gefühl, dass ich es tatsächlich schaffen würde. Es war, als träfe ich zum ersten Mal seit einer Ewigkeit eine gute alte Freundin wieder.
Ich verließ Mexiko am 2. April und kam am 3. in Mailand an. Einen Tag später verließ ich Morcote, und am 12. April begegnete ich Mattia – dem Mann, den ich heiraten würde.
Ich war in ein Hotel gezogen, und jedes Mal, wenn ich im Bett lag, starrte ich an die Decke und dachte an die letzten vierzehn Jahre meines Lebens. Wie konnte alles nur so schiefgelaufen sein? Ich hatte Menschen so sehr im Stich gelassen, und ich war meilenweit von meinen Zielen entfernt. Ich sprach ausführlich mit meinen Freundinnen über meine Fehler. Es fiel mir sehr schwer, doch es war ein wichtiger Reinigungsprozess für mich.
Eine von ihnen sagte: »Gitte, du musst nach vorne sehen. Es wird Zeit, dass du nach vorne blickst, statt um die Vergangenheit zu kreisen. Hör auf, dich damit zu quälen.« Sie hatte recht. Jetzt konzentrierte ich mich auf die Zukunft. Ich hatte mein Leben lang so viel Energie darauf verwandt, Besitz anzuhäufen, der mich nicht glücklich machte und von keinem Nutzen war. Ich besaß immer mehr und mehr, doch wozu? Vermutlich erwarteten das die Leute von mir. Wenn man Brigitte Nielsen sein wollte, musste man sich auch so benehmen, und wahrscheinlich verfing ich mich in diesem Teufelskreis. Folglich musste ich lernen, mich von der Meinung anderer Menschen unabhängig zu machen. Endlich konnte ich der Mensch sein, der ich war – und es fühlte sich fantastisch an.
Sobald ich beschlossen hatte, realistisch zu sein und positiv zu denken, fühlte ich mich unbeschwerter, fast, als hätte ich physisch abgespeckt. Wir alle haben eine Neigung, unser Leben komplizierter als nötig zu machen. Wir vergeuden viel zu viel Zeit und Energie auf die unwesentlichen Dinge und schleppen sie viel zu lange mit uns herum. Wir sollten unsere Entscheidungen besser danach richten, wie wir uns fühlen, statt immer in den alten Wunden zu rühren. Es war für mich eine ungeheure Erleichterung, all dieses Gepäck auf die Müllhalde der Geschichte zu werfen. Bereits acht Tage, nachdem ich Morcote verlassen hatte, freute ich mich auf die Zukunft, auch wenn ich eine Weile brauchte, um zu begreifen, was mit mir vor sich ging.
Ich ging mit den Kindern in Morcote in ein Restaurant zum Mittagessen. Ich kannte den Besitzer Mario und war schon oft dort zu Gast gewesen. Wenn es um Restaurantbesuche geht, bin ich ein Gewohnheitstier und genieße es, in ein vertrautes, behagliches Lokal zu gehen. Außerdem waren Kinder dort willkommen und meine Kinder waren dort genauso gerne wie ich. In der romanischen Kultur gibt es eine Tradition, Essen zu gehen, die mir sehr entgegen kommt – alle lächeln freundlich, plaudern viel und sind neugierig auf andere Menschen.
An diesem Tag bestand Mario darauf, dass ich einen Freund von ihm kennenlerne, den ich ganz bestimmt mögen würde. Er glaubte, dass ich mich in der Gesellschaft dieses Mannes wohlfühlen und er mich zum Lachen bringen würde. Ich wollte nichts davon hören. »Mario, ich lasse mich gerade scheiden und mache eine schreckliche Zeit durch. Ich muss meine ganze Energie zusammenkratzen, um irgendwie mein Leben zu ordnen. Ich bin nicht in der Stimmung für ein Date oder auch nur, um einen Freund von dir kennenzulernen.«
»Es wird dir guttun!«
»Nein, Mario, ich habe die Männer satt.«
Ich wusste, dass es mir guttun würde, einige Zeit mit meinen Kindern und meinen Hunden zu verbringen – im Moment interessierte ich mich nur für sie.
»Wie du willst«, sagte Mario, »aber du lernst ihn sowieso kennen. Er ist heute hier.« Damit deutete er
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