Im Leben wird dir nichts geschenkt.
übrigen sieben Gesichter war mir auch nur im Entferntesten bekannt; schließlich war ich ziemlich lange in Europa gewesen und hatte den Anschluss an die neuesten Trends in den Staaten verloren. Da gab es einen extravaganten spanischen Unterhaltungskünstler namens Charo, den Stand-up-Comedian und Schauspieler Dave Coulier, Public-Enemy-Rapper Flavor Flav, Jordan Knight, den Sänger der New Kids on the Block, und Ryan Starr, die bildhübsche Sängerin aus American Idol. Unsere Aufgabe für die nächsten Wochen bestand eigentlich nur darin, uns gegenseitig kennenzulernen und miteinander herumzuhängen.
Flavor Flav ließ mich sofort seine Abneigung spüren. Er schaute mich ständig der Länge nach an, und jede seiner Gesten strafte mich mit Verachtung. Er war schwarz, klein und so unfreundlich, wie es nur ging. Ich beschloss, das nicht lange mit anzusehen, und sprach ihn bei der erstbesten Gelegenheit unverblümt an: »Wer zum Teufel bist du eigentlich?« Das machte ihn erst richtig wütend und zappelig. Vermutlich hatte er nicht damit gerechnet, dass ich so aggressiv dagegenhalten würde. Er wich zurück und verschwand aus dem Zimmer. Ich blieb ihm auf den Fersen, bis er mit dem Rücken zur Wand stand. Wir sahen uns an, er schaute zu mir hoch, ich aus meiner schwindelerregenden langbeinigen Stöckelschuh-Höhe auf ihn herab. Wenn Blicke töten könnten, wären wir beide auf der Stelle umgefallen. Er hatte seine Goldzähne und seinen Schmuck, ich meine kleine Handtasche, und als mir das ruppige Gehabe des kleinen Mannes zu viel wurde, verpasste ich ihm damit eine ins Gesicht.
Er geriet völlig außer sich. »Du klapperdürre Bohnenstange, du miese Schlampe !«, schrie er gellend. »Niemand fasst mich an, niemand schlägt mir ins Gesicht. Ist das klar, du Drecksau?« Er war völlig außer sich und lief wie ein Irrer herum. Später vertraute er mir an, dass er es aufgrund eines schlimmen Kindheitserlebnisses nicht ertragen konnte, wenn ihn jemand im Gesicht berührte oder ihm gar eine Ohrfeige verpasste.
»Nun gut«, reagierte ich auf seinen Ausbruch. »Ich werde dich nicht schlagen, allerdings erwarte ich, dass du mich respektierst und dich etwas cooler verhältst. Lass einfach die theatralischen Mätzchen, die sind schrecklich.«
»Okay, meinetwegen«, sagte er. Und in dem Moment konnten wir uns beide nicht vor Lachen halten, setzten uns zusammen und sprachen vernünftig miteinander. So war das, als ich William Jonathan Drayton Jr. alias Flavor Flav begegnete, einem Mann, mit dem ich mich so eng anfreunden sollte, wie das nur möglich war, ohne Mattia untreu zu werden.
Wo wir schon bei ungleichen Paaren sind … So mancher mag unterstellen, dass dieser Rapper zu sehr von seinem Public-Enemy-Image gefangen ist und zu viel Wut auf Weiße ventilieren muss, um jemandem wie mir freundlich zu begegnen. Die Rassenfrage war für Flavor Flav – Foofie Foofie, wie ich ihn schließlich seinem gespielten Protest zum Trotz nannte – das alles verzehrende Problem. Public Enemy ergingen sich in lyrischen Bildern über ihren Kampf gegen die Weißen. Foofie sah nun also zu, wie eine große blonde Weiße eintrat, die für all das stand, was dieser auf Rassismus fixierte Mann hasste. Die Chancen, dass wir beide eine Seelenverwandtschaft zwischen uns entdecken würden, waren eigentlich gleich null.
Im Laufe der Zeit wurde Foofie in seinem überspannten Rollenspiel moderater. »Überwinde das!«, riet ich ihm. »Ich bin weiß – na und? Du magst auf eine Menge Weiße wütend sein, aber in diesem Moment redest du mit mir. Wir sind nicht ganz so, wie du vielleicht denkst.«
Vermutlich begann er irgendwann, sich auf meine Ansichten einzulassen, und er liebte es, wenn ich ihn William nannte statt Flavor Flav. Sein Name erinnerte mich an eine italienische Reklame für Matratzen mit einem Elefanten namens Foofie Foofie, was einer Übersetzung seines Künstlernamens sehr nahe kam. Unsere Gespräche in dem Haus drehten sich unter anderem um seine Zeit im Gefängnis, die Beziehung zu seiner Ex-Frau und die vielen Kinder und Geliebten, die er hatte. Ich erzählte von meiner Ehe mit Raoul und meinem Leben insgesamt (so wie in diesem Buch beschrieben). Gegensätze ziehen sich an, hinzu kamen die durchaus vergleichbaren Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen mussten, und der Schmerz, den wir dabei empfanden. Wir kamen an einen Punkt, an dem die Produzenten uns daran erinnern mussten, dass da noch andere Leute im Haus waren. Hier läuft
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