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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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und frustriert. »Was wir hier haben, ist von weltweiter Bedeutung und verändert die gesamte Geschichtsschreibung. Sie reden davon, das Äquivalent zu den Qumran-Rollen zu zerstören, die Originaltafeln Mose. Das hier könnte der Schlüssel zur menschlichen Evolution sein.«
    »Vielleicht denken nicht alle Leute so. Was ist mit denjenigen, die daran glauben, dass Gott die Welt erschaffen hat?«, wandte Shareen ein.
    Ardjani blieb ungerührt. »Jede Kultur hat eine ähnliche Schöpfungsgeschichte. Unser Land, unsere Gesetze sind die Bibel der Barradja, wir glauben an die Gesetze der Natur, die Zeremonien, an die Traumzeitschöpfung. Wir wissen, wer wir sind und wie wir unser Leben zu führen haben. Auf diese Weise haben wir seit Anbeginn der Schöpfung überlebt. Das wissen wir tief in unserem Inneren. Unsere Kinder werden es eines Tages ebenfalls erfahren, indem sie uns zuhören, zuschauen und unsere Zeremonien verfolgen – singen, tanzen, malen.« Er beugte sich vor zu Shareen. »Wie leben Ihre Jungs? Was fangen sie mit ihrem Leben an?«
    Shareen schwieg. Insgeheim verzweifelte sie über ihre beiden Söhne, von denen einer rebellisch war und gefährlich nah mit dem Gesetz in Berührung kam. Der andere war ein Zauderer, faul und stets auf den bequemsten Weg aus, anstatt sich selbst anzustrengen.
    »Sind es gute Jungs? Sind Sie stolz auf die beiden?«, hakte Ardjani nach.
    »Sie haben ihre Probleme wie alle Kinder«, murmelte Shareen.
    »Wo ist ihr Vater? Wo sind ihre Onkel?«
    »Ich bin geschieden.«
    »Alle Jungen brauchen Männer – erfahrene Männer, die sie lenken.«
    »Nun, ich habe keinen Mann um mich, der das tun könnte«, sagte Shareen kurz angebunden, aber Ardjani vernahm ein Beben in ihrer Stimme, das ihre Einsamkeit und Bestürzung über die Entfremdung zwischen ihr und ihren Kindern ausdrückte.
    »Würden Ihre Söhne gern hierherkommen? Mit uns lernen?«
    Shareen war schockiert über diesen Vorschlag. Sie versuchte, sich die beiden vorzustellen – den älteren: Hip-Hop-Fan, König der Videospiele, Markenprotz, und den jüngeren: pingelig beim Essen, ein Stubenhocker, der gern spät aufstand und sich immer unwohl fühlte, wenn Arbeit rief –, wie sie hier bei den Barradja zelteten.
    Ein leichtes Lächeln kräuselte Ardjanis volle Lippen. »Hätten Sie gedacht, dass Sie jemals hier sein,
sugarbag
sammeln, Yamswurzeln ausgraben und Frauenangelegenheiten nachgehen würden, hm? Und sich dabei wohl fühlen würden? Sie fühlen sich doch wohl bei uns Barradja, oder?«
    Die Frage hatte einen tieferen Sinn, das wusste sie. Ursprünglich war sie gekommen, weil sie nicht das Gesicht verlieren wollte, um ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen und ihren Argumenten, die Aborigines betreffend, mehr Gewicht zu verleihen – schließlich konnte sie dann sagen, sie habe bei ihnen gelebt. Jetzt erschien es ihr unmöglich, Ardjani zu belügen. Sein Blick war stets so durchdringend, als schaute er direkt in ihre Seele. Sie begegnete seinen Augen, die in ihren dunklen Höhlen glühten und seinem Lächeln Sanftheit verliehen.
    »Ja, ich fühle mich … ich fühle mich wohl. Ich bin überrascht.« Weitere Zugeständnisse machte sie nicht, aber das war auch nicht nötig.
    Zufrieden ging Ardjani von dannen und spähte den mit Seilen abgetrennten Schacht hinunter.
     
    Susan sah Barwon ein Stück von den anderen entfernt sitzen und gesellte sich zu ihm. »Alles in Ordnung mit dir? Ich weiß, es muss schwer für dich sein.«
    »Es ist nicht … es ist nicht nur das Baby … Lisa … es ist einfach alles. Ich habe das Gefühl, mein Leben total versaut zu haben. Und ich brauche keine Menschen wie Jackson, die mich daran erinnern.«
    »Viele Leute stehen dir bei, Barwon. Beth hat mit der Fürsorgestelle gesprochen und der Frau dort mitgeteilt, dass wir den Vater des Babys ausfindig gemacht haben, und Ardjani tut sein Bestes, um die Angehörigen deiner Mutter zu finden … wir helfen dir, so gut wir nur können.«
    »Danke, Susan. Aber ich muss mein Leben auch selbst in Ordnung bringen.«
    Sie sah, wie Andrew auf sie zugeschlendert kam. »Wie geht’s, Kumpel?«
    Barwon zuckte die Achseln. »Geht so.«
    »Susan, ich würde mir gern mal diese Mine ansehen, die Lage peilen. Esme sagt, ich kann mir den Wagen leihen. Würdest du uns vielleicht hinbringen, Barwon, wenn du sie von hier aus finden kannst?«
    »Sicher. Ich werde dort nicht gerade willkommen sein, aber ich kann mich ja im Hintergrund halten. Warum nicht?«

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