Im Licht der roten Erde
Tränen nicht zurückhalten, als sie die anderen umarmte, die in Billys OKA stiegen.
Sie verabschiedeten sich von Hunter, der nach Kununurra zurückkehrte und plante, Yandoo so bald wie möglich einen Besuch abzustatten. »Sag meiner Mutter, dass ich komme«, bat er Andrew, als sie sich die Hand reichten.
Veronica umarmte Susan als Letzte. »Ich seh dich in Sydney. Es war eine unglaubliche Zeit, Susan, die womöglich mein Leben verändert. Ich hoffe, Boris versteht, was mit mir passiert ist.«
»Oh, ich denke schon.«
»Und du?«
»Wer weiß?«, erwiderte Susan mit dem für sie typischen Achselzucken und grinste, dann kletterte sie, die Schultern gestrafft, das Kinn hoch erhoben, neben Andrew in den Wagen.
Sie fuhren kurz nach Hunter ab, und Susan lehnte sich aus dem Fenster und winkte dem OKA , der nun ebenfalls das Lager verließ.
Nach zwei Tagen in Yandoo mit heißen Duschen, frischen Laken und entspannenden Gläsern Wein beim Abendessen, konnte Susan noch immer nicht die Empfindungen und Erinnerungen an ihre Zeit in Marrenyikka abschütteln. Immer wieder blitzten die Bilder vor ihrem inneren Auge auf … der Nebel, der über dem frühmorgendlichen gläsernen Fluss voller tiefrosa Wasserlilien aufstieg … die imposanten roten Felsen … die leuchtenden Augen und das ansteckende Gelächter der im Lager spielenden Kinder … das breite Lächeln von Lilian, Rusty und Digger … das Morgenkonzert der Vögel. Und ihre Freunde … Jennifers sanfte, weise Stimme … die ausgelassene Fröhlichkeit unter den Frauen … Micks köstliches
damper,
sein trockener Humor … Billy und sein geliebter OKA … die Kinder, die mit einem Waran vor Shareen herumfuchtelten … der beißende Geruch der Lagerfeuer … blühende Bäume. Und die magischen Momente … als sie
sugarbag
probiert hatte … bei der
corroboree …
die prächtigen
wandjina-
und die
gwion gwion-
Felsmalereien … das Gefühl von Spiritualität …
Die Frazers freuten sich, dass Susan mit Andrew zurückkehrte. Sie waren neugierig zu erfahren, welche Wende ihre Beziehung genommen hatte, doch ihre guten Manieren hielten sie davon ab, entsprechende Bemerkungen zu machen.
Ian hörte interessiert zu, als Andrew ihm berichtete, der Wert ihres Besitzes würde durch die Kulturstätten der Aborigines möglicherweise noch gesteigert, doch er wies eine solche Vorstellung von sich. »Wir sind Pastoralisten, mein Sohn, schlicht und einfach. Wir züchten hier Vieh, wie schon meine Großeltern es getan haben. Und wir werden hierbleiben, egal, was da kommen mag, selbst wenn es sich um einen
native title
handelt.«
Susan nahm erstaunt wahr, wie ruhig sie blieb, dass ihre anfängliche Schroffheit Andrews Vater gegenüber nun einer neuen Toleranz gewichen war. »Alles, was die Barradja verlangen, Ian, ist die Anerkennung ihres kulturellen Anspruchs auf das Land, womit nicht notwendigerweise einhergeht, dass sie es in Besitz nehmen und die Pastoralisten vertreiben wollen.« Sie rief sich Ardjanis Worte ins Gedächtnis und versuchte zuzuhören, anstatt sich mit dem alten Pächter zu streiten. Überrascht stellte sie fest, wie seine Einwände schwächer wurden und er ebenfalls zuhörte. Wenngleich er nicht von seinem Standpunkt abwich, konnte sie sehen, dass er über ihre Sicht der Dinge zumindest nachdenken würde.
Das Wiedersehen mit Hunter war ebenfalls ein bedeutender Punkt: Die Frazers mussten wohl oder übel zur Kenntnis nehmen, welcher Schmerz den Kindern gemischtrassiger Eltern dadurch zugefügt worden war, dass man sie ihren Familien weggenommen und in weit entfernte Missionen oder zu weißen Leuten gegeben hatte. »Als uns der alte Vater Monaghan damals sagte, es sei das Beste für Hunter, da er offenbar sehr intelligent sei, dachten wir, wir würden das Richtige tun.«
Ellen, die schweigend dagesessen hatte, als Andrew die Geschichte seines Kindheitsfreundes erzählte, gab sich keine Mühe, ihre Tränen zu verbergen. »Wir haben getan, was wir für das Beste für die Leute hier hielten. Bei euren Worten wird mir klar, dass wir vielleicht nicht so viel wussten, wie nötig gewesen wäre, aber wer hätte uns das sagen können? Ich bin mir außerdem nicht sicher, ob die Aborigines, die damals auf Yandoo lebten, zu jener Zeit selbst so viel über ihre traditionelle Kultur wussten.«
»Wir hoffen, die Buschuniversität trägt dazu bei, all das zu ändern«, sagte Susan freundlich.
»Es klingt zumindest nach einer guten Idee. Doch was
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