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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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hoffe, wir sehen uns wieder.«
    »Ich rufe dir ein Taxi.« Veronica nahm ihre Hand und führte sie aus dem Zimmer.
    »Was für ein liebenswerter Mann.«
    »In der Tat. Dennoch habe ich stets den Eindruck, dass er etwas Trauriges in sich verbirgt«, bemerkte Veronica. »Du drehst deine Runde und verabschiedest dich von Boris, und ich rufe dir inzwischen ein Taxi.«
    Andrew Frazer war ins Gespräch mit Mick Duffy vertieft, als Susan zu ihnen trat, um ihnen eine gute Nacht zu wünschen. Andrew reichte ihr seine Karte. »Sie sind jederzeit in Yandoo willkommen und können bleiben, so lange Sie möchten. Ich werde noch eine Weile in der Stadt sein, vielleicht wollen Sie mit mir zu Mittag essen …?«
    »Danke, Veronica hat meine Nummer. Es tut mir leid, dass ich keine Karten mitgebracht habe.« Sie schüttelte dem Richter die Hand. »Es war mir eine Ehre, Sie kennenzulernen, Richter. Ich habe mich an der juristischen Fakultät mit Ihrer Arbeit befasst.«
    Mick Duffy fasste sich an den Kopf. Der linksgerichtete Sozialist, einer der unkonventionellsten Charaktere auf der Richterbank, wirkte verlegen und zugleich erfreut. »So, dann geht’s also in die Kimberley? Da wünsche ich Hals- und Beinbruch.«
    »Sie sind ebenfalls willkommen, Richter«, schaltete sich Andrew ein. »Bei uns in Yandoo schauen nicht oft Besucher vorbei. Es wäre uns sozusagen eine Ehre …« Sie lachten, und Andrew fragte sich, was sein konservativer Vater, ein Anhänger der Nationalen Partei, zu dem »roten Richter« sagen würde, der seinen Spitznamen sowohl seiner Politik als auch seinen Haaren zu verdanken hatte.
    »Ich breche ebenfalls auf. Wir sehen uns am Tor«, sagte der Richter und fasste Susan am Arm. Sie winkte Andrew kurz zu und umarmte Veronica, die an der Tür stand. »Dein Taxi ist unterwegs.«
    »Danke, Veronica.«
    »Ich vergewissere mich, dass sie einsteigt. Es gefällt mir nicht, wenn junge Damen spätabends auf der Straße stehen«, bot Mick Duffy an. Er bedankte sich bei Veronica, wünschte ihr eine gute Nacht und geleitete Susan hinaus.
    Der Richter war klein und untersetzt, und es hieß, er sei ein ziemlicher Chauvinist. Doch als er seine Hände hinter dem Rücken verschränkte und zu den matten Sternen hinaufblickte, die sich alle Mühe gaben, am trüben Stadthimmel zu strahlen, war sie froh, dass er da war.
    »Ich wette, draußen in der Kimberley haben Sie einen besseren Blick auf die Sterne«, sagte er.
    »Warum kehren Sie nicht nach Westaustralien zurück, Richter Duffy?«
    »Hmmm. Das könnte ich vermutlich machen, schließlich habe ich dieser Tage nicht mehr viele Verpflichtungen. Ein ziemlicher Unterschied zu der Zeit, in der ich im Amt und auf dem Weg nach oben war.«
    »Sie müssen sehr stolz auf das sein, was Sie erreicht haben.«
    »Ich weiß, dass meine Ansichten nicht jedem passen. Ich habe auch nicht den Takt und den Charme eines Alistair MacKenzie, aber ich habe um das gekämpft, was ich für richtig hielt. Das Merkwürdige ist nur, dass ich mich an diesem Punkt meines Lebens frage, warum ich mich überhaupt damit herumgeplagt habe.«
    »Das meinen Sie doch nicht ernst!«
    »Doch. Ich habe für die Arbeiter, die Gewerkschaften und eine politische Bewegung gekämpft, von der ich annahm, sie würde das Land zum Besseren verändern. Jetzt ist die Kluft zwischen den Klassen größer denn je zuvor. Ich habe geglaubt, dass dieses Land denen gehört und von denen genutzt wird, die darin leben und die es lieben, stattdessen wird es von politischen und wirtschaftlichen Strippenziehern für deren eigene Zwecke ausgebeutet. Es ist schwer, sich dem Ende seines Lebens zu nähern und sich dabei zu fragen, ob all die Träume und Hoffnungen überhaupt der Mühe wert waren. Es ist frustrierend, wenn einen das Gefühl der Sinnlosigkeit beschleicht.«
    Bewegt von den Worten des alten Mannes, sagte Susan: »Dann suchen Sie sich einen neuen Traum. Kommen Sie in die Kimberley!« Sie fühlte sich in ihrem Entschluss bestärkt, auf diese spontane Reise zu gehen, um nicht mit sechzig dazustehen und sich zu wünschen, sie hätte einen Traum verfolgt.
    Langsam bog das Taxi auf der Suche nach der Hausnummer in die Straße ein.
    Der Richter winkte es heran und öffnete für Susan die Hecktür. »Vielleicht tue ich das wirklich, Mädchen. Geben Sie nur acht!« Und damit schlug er die Tür zu und reckte die Daumen, bevor er zu seinem parkenden Wagen ging.

[home]
    Beth
    D unkle Türen, goldene Schriftzüge und Messingtürknäufe, dahinter die

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