Im Licht der roten Erde
würde diese Gemälde mit dem Impressionismus vergleichen. Dieses zeitgenössische Werk lässt sich mit traditioneller Ikonographie kaum erfassen.«
»Und ist die Künstlerin eine Eingeborene, eine Busch-Künstlerin?«, fragte die Frau und spähte durch ihre Paloma-Picasso-Brille.
»Ja, Daisy Moorroo wurde nach dem Stammesgesetz erzogen, und sie hat drei Traumzeittotems geerbt: das Feuer, den Fluss und Wilden Hibiskus.« Alan trat näher an die riesige Leinwand heran. »Wie in der westlichen abstrakten Kunst muss man in das Bild ›hineingehen‹. Es ist wie bei diesen
magic-eye
-Bildern, Holusion Art: Man betrachtet sie, und plötzlich sieht man das eigentliche Bild darin. Manchmal muss man die dazugehörige Geschichte erzählt bekommen, und dann versteht man die tiefe spirituelle Bedeutung, die sich unter der Oberfläche verbirgt.«
Der Mann blickte auf seine Armbanduhr. »Wie sieht’s mit dem Anlagewert aus? Kurzfristig?«
Der höfliche Ausdruck verschwand von Alans Gesicht. »Nicht gut. Auf lange Sicht machen Sie vermutlich einen Profit. Wenn Sie aber eher nach einer Anlage von finanziellem als von ästhetischem Wert suchen, schlage ich vor, dass Sie in die Collins Street gehen und sich in der Hockney-Ausstellung umsehen. Außerdem findet in Kürze eine Norman-Lindsay-Auktion im Sofitel Hotel statt.«
Das Paar blickte sich an. Diese Namen klangen vertrauter. »Vielleicht sollten wir das in Erwägung ziehen«, überlegte der Mann.
Alan fasste die beiden bei den Schultern, drehte sie herum und öffnete die Glastür. »Tun Sie das. Meine Kunst ist mehr … spekulativ, könnte man sagen. Danke, dass Sie vorbeigeschaut haben.«
Beth lachte laut heraus, als die Exkunden vor der Galerie in einen großen BMW stiegen. »Nun, es ist Ihnen ja wirklich schnell gelungen, sich um eine große Summe Geld zu bringen.«
»Eigentlich verkaufe ich nicht an solche Leute. Ich habe genügend Kunden und Museen, die die Qualität meiner Kunstwerke zu schätzen wissen. Es gibt einfach nicht genug Kenner – manche Galerien kaufen die Sachen bloß, weil sie von Aborigines stammen, ohne zu verstehen, wie und warum sie diese Werke schaffen. In manchen Gemeinschaften führt das zu großer Zwietracht. Man findet eine Person, deren Arbeit hochwertigem Museumsstandard entspricht, doch weil Malen und Gestalten Teil ihrer Kultur ist und sie es alle tun, verstehen die anderen nicht, warum sie nicht ebenfalls ein Bild aus dem Ärmel schütteln und das Geld für einen neuen Wagen einstecken können. Ich sage Ihnen, Beth, es drängen sich so einige skrupellose Unternehmer in dieses Geschäft, und es sind die Aborigine-Künstler, die über den Tisch gezogen werden, ausgebeutet und irregeführt. Ganz zu schweigen von den privaten Kunstkäufern.«
»Dann sichern Sie Ihr Künstlergrüppchen also lieber gut ab, damit es nicht von protzigen Händlern verführt wird, die mit Dollarnoten wedeln. Doch ich kann mir nicht vorstellen, wie Ihnen das gelingt, wenn Sie nur so selten vor Ort sind.«
Auf seine ruhige, unaufdringliche Art erwiderte Alan gelassen: »Es hat keinen Sinn, sie irgendwelche Papiere unterschreiben zu lassen oder die schmierigen Händler schlechtzumachen. Sobald man den Künstlern Bares bietet und sie von der Familie und dem Rest ihrer Gemeinschaft um ein paar Scheine bedrängt werden, ringen sie sich schlechte Bilder ab und nehmen das Geld. Es ist ein langwieriger Prozess, meinen Künstlern beizubringen, anders an ihre Werke heranzugehen. Doch Sie haben recht: Ich kann sie aus dieser Distanz heraus nicht ständig im Auge behalten. Ich muss regelmäßig dorthin, deswegen reise ich nächsten Monat in die Kimberley und treffe mich mit den Künstlern in Bungarra.«
»Werden Sie lange bleiben?«
»Wer weiß? Zumindest ein paar Wochen. Sie wissen ja, wie das ist. Sie können sie nicht drängen. Man muss oft am Lagerfeuer sitzen und viel reden, anschließend versammeln sie sich untereinander, sitzen schweigend da, und dann beratschlagt man weiter.«
Beth grinste den Kunsthändler an. »Und Sie lieben es. Sie haben die Geduld, die Dinge auf ihre Art und Weise zu handhaben – deshalb vertrauen sie Ihnen, und Sie erzielen Erfolge. Erzählen Sie mir mehr über dieses Werk.« Sie deutete auf eine Reihe von Bildern.
Alan wies auf das Gemälde, das ihnen am nächsten hing. »Sie können sehen, wie uns der Künstler auf jedem einzelnen Bild durch sein Land führt und jede Ebene dessen würdigt, was es für ihn bedeutet.«
»Ich hoffe,
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