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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Idee im Kopf, zurück nach Westen zu gehen und zu versuchen, die Familie seiner Mutter ausfindig zu machen. Dass man ihn seiner Mutter entrissen hat, hat eine enorme Lücke in seinem Leben hinterlassen, etwas, über das er nie hinwegkommen wird. Er muss wissen, wo seine Familie ist, woher er kommt, sein
dreaming
finden, wie sie es nennen, sein Totem. Gerade als er nach Westen aufbrechen wollte, bot man ihm eine Rolle in einer TV -Serie in Melbourne an. Er entschied sich für die Karriere, doch als die Serie abgedreht war, kehrte er nach Sydney zurück, um seine Sachen zu holen, und dann ereignete sich dieser Vorfall. Ich habe ihm gesagt, wenn das geklärt ist, wäre es vernünftig, für eine gewisse Zeit mit mir in die Kimberley zu reisen. Falls er nicht ins Gefängnis muss. Also … was denken Sie?«
    »Ich werde die Angelegenheit mit einem der Seniorpartner besprechen, doch Sie können davon ausgehen, dass ich mit an Bord bin.« Susan streckte die Hand aus. »Wo finde ich meinen neuen Klienten?«
    »Er wohnt mit Freunden zusammen in Redfern. In der Nacht des mutmaßlichen Einbruchs ist er unter Anklage gestellt worden und hat nächsten Mittwoch vor dem Amtsrichter in Waverley zu erscheinen.«
    »Sie haben nicht vor, die Stadt zu verlassen, oder?«
    »Ich werde nicht in den Westen zurückkehren, zumindest so lange nicht, bis das hier vorbei ist. Da die Anhörung erst nächste Woche stattfindet, werde ich beruflich in Melbourne sein – man hat mich gebeten, bei der Identifizierung des Aborigine-Musters auf dem Tuch behilflich zu sein, in welches das Findelkind aus der Victorian Art Gallery gewickelt war.«
    Susan schüttelte den Kopf, erstaunt über das außergewöhnliche Leben, das diese Frau führen musste.
     
    Der Wind fegte schneidend über die Flinders Lane. Beth Van Horton zog ihre Jacke eng um sich. Weil sie inzwischen die meiste Zeit in der Kimberley und im Norden verbrachte, war sie Kälte gegenüber empfindlich geworden. Und da sprachen die Melbourner Zeitungen von einem Altweibersommer! Sie betrat die Galerie für Aborigine-Kunst des Kunsthändlers Alan Carmichael.
    Er sprach mit einem teuer gekleideten Pärchen und entschuldigte sich, um sie herzlich zu begrüßen. »Lange nicht mehr gesehen, Beth. Wie geht es Ihnen?«
    »Ich schlage mich so durch. Oh, Ihre Leute waren produktiv.« Sie schaute auf den Stapel von Leinwänden, die gegen eine Wand lehnten, dann betrachtete sie die brillanten zeitgenössischen Ausstellungsstücke im Erdgeschoss. »Wessen Werke sind das? Beeindruckend.«
    »In der Tat. Das sind die neuen Stücke von Digger Manjarrie. Er ist groß im Kommen. Seine Arbeit wird mit zunehmendem Alter immer ausdrucksstärker. Momentan legt er eine Schaffenspause ein, danach hat er vor, mit neuen Geschichten und Farben zu experimentieren. Ich besorge ihm die Materialien und lasse ihn einfach machen.« Alan blickte zu dem Paar hinüber, das die Leinwände an der Wand betrachtete, und Beth tippte sich mit dem Finger an die Nase. »Ich werde mal ein wenig stöbern.«
    Er wandte sich wieder dem designergewandeten Pärchen aus Toorak, einem Vorort von Melbourne, zu, das nach dem neuesten Statussymbol suchte – Aborigine-Kunst.
    Beth schlenderte davon, doch sie hörte zu, wie Alan versuchte, Leuten, die im Grunde nur daran interessiert waren, ihr Geld gewinnbringend anzulegen, den spirituellen Sinn und die künstlerische Bedeutung der Kunstwerke zu erläutern.
    Sie empfand großen Respekt für Alan, der ihrer Ansicht nach der Kultur der Aborigines sehr feinfühlig begegnete und auch bereit war, viel Zeit mit den Künstlern draußen in der Kimberley zu verbringen. Er war eine Rarität in der Kunstwelt – ein kompetenter Händler, der der Arbeit dieser Maler Respekt zollte, sie behutsam ermutigte und unaufdringlich anregte, sich auf neues Gebiet zu wagen, ohne ihnen Vorschriften zu machen. Beth wusste, dass manche der Maler eine Menge »Schundbilder« anfertigten – das Ergebnis davon, dass sogenannte Experten in ihre Gemeinschaften kamen, ihnen Geld in den Rachen warfen und dann vorgaben, was sie zu malen hatten.
    Alan deutete auf die Gemälde an den Wänden ringsum. Auf einer großen Leinwand leuchteten Schichten ineinander übergehender Pinselstriche und kompliziert angebrachter Kleckse und Wirbel, welche die spirituelle Erweckung einer Frau und die Feier ihres Traumzeittotems symbolisierten, wie Alan dem Pärchen aus Toorak zu vermitteln versuchte.
    »Ich schätze, die westliche Kunstwelt

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