Im Licht der roten Erde
die Leute, die diese Werke kaufen, verstehen ihren Bedeutungsreichtum«, sagte Beth. »Das ist es, was den Ältesten so missfällt: nicht die Tatsache, dass ihre Kunst auf Geschirrtücher und T-Shirts gedruckt oder von kommerziellen Unternehmen der Weißen kopiert wird, sondern dass die Seele und der Geist ihrer Kultur unerfasst bleibt.«
»Damit haben sie sich schon vor Jahren abgefunden. Ihre Kunst war nie für Außenstehende gedacht. Kimberley-Kunst ist vielfältig und in ihrer Entwicklung unvorhersehbar. Sicher wissen Sie, dass die Malerei dort relativ neu ist und erst in den 1970 ern begonnen hat.«
Beth nahm den Katalog zur Hand und blickte auf die Preise. »Ich hätte noch vor ein paar Jahren nicht gedacht, dass Aborigine-Kunst einmal solch einen Wert erzielen würde.«
»So viele Künstler sind seit den Siebzigern über den Tisch gezogen worden. Ich nehme meine Provision, bezahle das Material und versorge sie mit allem, was sie brauchen – und das sind oft neue Brillen und Stiefel. Ich investiere ihr Geld und zeige ihnen ihre Sparbücher, aber meistens interessiert sie das gar nicht. Wenn sie eine größere Summe brauchen, schicke ich sie ihnen.«
»Das schmeckt immer noch nach weißem Paternalismus«, seufzte Beth. »Aber, he, ich weiß, was Sie sagen werden.« Sie hob eine Hand. »Gib ihnen Geld, und in null Komma nichts machen sich alle darüber her.«
»Ja, es ist gut, dass ich hier unten bin. Sie leben von ihrem Einkommen und den Regierungsgeldern, die an die Gemeinschaft fließen, doch wenn sie zusätzliches Geld brauchen, wenden sie sich an mich.«
Beth wandte sich wieder den Gemälden an den Wänden zu. »Offensichtlich haben Sie viel in Digger investiert, und zwar nicht nur Geld. Es zahlt sich aus, das hier ist ein Werk von beträchtlicher Bedeutung. Gratulation.«
Sie gingen in das unaufgeräumte Büro hinter dem Ausstellungsraum. »Eiswasser? Tee? Pulverkaffee? Mehr habe ich nicht anzubieten, es sei denn, Sie möchten mit mir auf einen Cappuccino zu Bertolucci ein Stück die Straße runter gehen.«
Beth sank in einen der beiden freien Sessel gegenüber dem niedrigen Tischchen, das übersät war mit Aborigine-Kunstbüchern, viele davon auf Deutsch. Die europäischen Sammler und Kuratoren kamen hierher, um Ankauf, Verkauf und Ausstellungen zu besprechen. »Nun würde ich gern etwas über dieses Baby erfahren. Was haben Sie über das Tuch herausgefunden?«
Alan antwortete nicht sofort. Er nahm den Stoff aus seiner Schreibtischschublade und legte ihn auf den Tisch.
»Dumbi die Eule«, sagte Beth leise.
»Wer könnte diese Felsmalerei der Barradja in der Kimberley kopiert haben?«, fragte Alan.
Beth runzelte die Stirn. »Wenn dieses Baby Barradja ist, gehört es zu seinen Leuten. Ich spreche lieber mit der Frau, die Sie bei der Fürsorgestelle getroffen haben. Ich bin unterwegs in die Kimberley, um mich mit Ardjani zu treffen. Vielleicht kann er helfen, die Familie der Kleinen ausfindig zu machen.«
Plötzlich lehnte sie sich über den niedrigen Tisch. »Alan, wenn Sie schon in die Kimberley reisen, warum stoßen Sie nicht in einigen Wochen in Marrenyikka zu uns, wo Ardjanis Leute während der Trockenperiode ihr Lager haben? Ich arbeite gerade an einem Plan, den Ardjani sich ausdacht hat: eine Gruppe von Leuten –
gadia,
Weiße – in die Kimberley zu bringen, damit sie etwas über die Aborigine-Kultur erfahren.«
»Dann greifen sie also auf die Hilfe der Weißen zurück. Ich dachte, diesen Weg hätten sie schon einmal eingeschlagen, und es hätte nicht funktioniert. Wie kommt’s, dass sich das jetzt geändert hat?« Alan blickte skeptisch drein.
»Ich habe mich vor einem Monat mit den Ältesten getroffen. Ich stelle eine gemischte Truppe von Leuten zusammen. Die alten Männer sagen, ich sei eine
murranburra,
deshalb vertrauen sie mir, dass ich die richtigen Menschen finde, die ihnen helfen. Ich denke, Sie sollten einer davon sein.«
»Wo und wie finden Sie diese Leute? Und was bedeutet
murranburra?
«
Sie grinste. »
Law woman,
eine Frau, die ihre Gesetze kennt und somit eine Art ranghohe Richterin ist. Das bin ich. Sie haben mir das Wissen vermittelt. Sie behaupten, mir zu trauen, weil meine Magie mir dabei helfen wird, diese Menschen zu versammeln. Als ich damit begonnen habe, hatte ich niemand Besonderen im Sinn, ich wartete einfach, dass sie zu mir kämen. Und das sind sie, das ist die
wunggud-
Vorgehensweise.«
»Ihr Glaube an
wunggud
hat Sie also nie im Stich gelassen«,
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