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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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bei der ABC beigebracht hatte. Bis er zum Ende kam.
    »Ich konnte nicht glauben, dass sie die Polizei gerufen hatte«, sagte er. Jetzt loderte Zorn in seiner Stimme auf.
    »Das ist ein interessantes Szenario«, stellte Susan fest. »Sie könnten Anklage gegen sie erheben.«
    »O nein. Das möchte ich nicht. Ich will die ganze Sache nur vergessen. Und wissen Sie was? Ich wette, sie möchte das inzwischen ebenfalls. Ich denke, sie hat einfach überreagiert. Doch jetzt, da die Polizei nun mal eingeschaltet ist, muss wohl alles den Rechtsweg nehmen.«
    »Unterschätzen Sie niemals eine zurückgewiesene Frau, Nigel. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich denke, wir kriegen das hin.« Susan stellte den Rekorder ab.
    Seine Miene hellte sich auf, und er lächelte sie an. »Nennen Sie mich bitte Barwon. Nigel ist nicht mein richtiger Name. Die Nonnen haben ihn mir gegeben. Ich ziehe Barwon vor.« Wieder war Susan beeindruckt von seinen aparten Zügen. Weit davon entfernt, ein Frauenheld zu sein, wirkte Barwon verwirrt und verletzlich. Sie konnte verstehen, dass Shirley Bisson vernarrt in ihn gewesen war. »Und wie lautet Ihr eigentlicher Vorname?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung, ich kann mich nicht erinnern«, antwortete er beinahe flüsternd, senkte den Blick und klemmte seine Hände zwischen die Knie. Es war die Geste eines verunsicherten kleinen Jungen, und einen Augenblick lang spürte Susan die unermessliche Traurigkeit, die hinter der Fassade dieses Mannes lag. Nach einer Weile hatte er sich erholt, und ihre Blicke begegneten sich. Sie sah, dass seine Augen feucht waren. Er war den Tränen nahe. »Ich hätte gern einen richtigen Namen, einen, der wirklich mir gehört.«
    »Ja, das ist allerdings ein verständlicher Wunsch«, bekräftigte Susan.
    Er holte tief Luft. »Deswegen muss ich in die Kimberley zurückkehren. Dort werde ich einen Namen bekommen.«
    Susan sagte nichts, saß ganz still, lauschte nur seinem Atem, der beinahe wie Schluchzen klang. Dann begann sie schweigend, ihre Notizen und den Kassettenrekorder einzupacken.
    »Ja«, sagte er abwesend, als wäre sie nicht da. »Das ist es, was ich tun muss. Nach Hause zurückkehren.«

[home]
    Vor Gericht
    S usan beschloss, sich besser zu organisieren, Ordner zu stapeln, Notizen und Nachrichten zusammenzuklammern. Sie legte ein Notizheft bereit, damit ihr keine wichtigen Gedanken und Vermerke auf Papierschnitzeln verlorengingen, und stellte zu beiden Seiten Nachschlagewerke in Griffweite auf. Doch binnen einer Woche trieben es die starr geordneten Stapel kunterbunt miteinander, wild durcheinander lagen sie da unter verstreuten Decken aus Faxpapier. Susan ignorierte die Rebellion auf ihrem Schreibtisch und arbeitete unverdrossen weiter, umgeben von organisiertem Chaos.
    Sie ging den Polizeibericht durch, der den genauen Ablauf der Ereignisse schilderte, nachdem Shirley Bissons emotionaler Anruf bei der Polizei eingegangen war.
    Barwon war ins St.-Vincent-Krankenhaus gebracht und seine Wunde unter polizeilicher Bewachung gesäubert und verbunden worden. Auf der Polizeistation des Stadtteils Rose Bay waren ihm vorübergehend Brieftasche und Jacke abgenommen worden, dann hatte man ihn offiziell über seine Rechte belehrt und eine Vernehmung, dokumentiert mit Bild- und Tonträgern, durchgeführt. Seine Version der nächtlichen Vorfälle befand sich auf drei Kassetten und einem Videoband. Man hatte ihm Kopien der Kassetten ausgehändigt, und Susan hatte sich das Video später im Präsidium angesehen. Barwon hatte auf den anderen, versiegelten Kassetten unterschrieben, sie wurden auf der Polizeistation verwahrt, um später vor Gericht verwendet zu werden. Barwon wurde zur Last gelegt, sich unbefugt Einlass in Shirley Bissons Apartment verschafft zu haben in der Absicht, eine strafbare Handlung zu begehen. Man hatte ihm eine Kopie des Anklageprotokolls und des Polizeiberichts ausgedruckt, dann waren seine Fingerabdrücke genommen worden, und er hatte sich anschließend die dunkle Tinte mit Solvol-Seife von den Fingern gewaschen.
    Danach hatte der Sergeant zugestimmt, ihn unter bestimmten Bedingungen unter Kaution zu stellen. Die Bedingungen lauteten, dass er in zwei Wochen vor dem Amtsgericht von Waverley erscheinen musste und dass er sich Mrs. Bisson nicht nähern, nicht mit ihr in Kontakt treten, sie belästigen oder ihr sonst wie zu nahe treten durfte. Außerdem hatte er eine Entfernung von zweihundert Metern zu ihrem Haus einzuhalten.
    Barwon hatte seine persönlichen

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